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Foto: Silvio Wyszengrad
Foto: Silvio Wyszengrad

Die ehemalige Flüchtlingsunterkunft in der Calmbergstraße, in der Wohnungen entstehen könnten.

Augsburg
09.02.2021

In Augsburg entstehen Wohnungen in früherer Flüchtlingsunterkunft

Von Stefan Krog

Plus Die Planungen des Freistaats für das alte Kasernengebäude in der Augsburger Calmbergstraße werden konkreter. Die Grünen sind allerdings enttäuscht.

Vier Jahre, nachdem die letzten Flüchtlinge aus der Unterkunft in der Augsburger Calmbergstraße ausgezogen sind, ist absehbar, dass in dem Gebäude künftig Wohnungen entstehen werden: Laut der Immobilienverwaltung des Freistaats soll das Gebäude, in dem zeitweise knapp 150 Männer in Vierbett-Zimmern lebten, im Erbbaurecht vergeben werden.

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Foto: Silvio Wyszengrad (Archivbild)
Foto: Silvio Wyszengrad (Archivbild)

Ein Blick in einen leer stehenden Flur der ehemaligen Flüchtlingsunterkunft Calmbergstraße in Augsburg. Hier sollen neue Wohnungen entstehen.

Der Freistaat bleibt in dieser Konstellation Eigentümer, der Erbbaurechts-Nehmer kann die Immobilie gegen eine jährliche Zahlung für mehrere Jahrzehnte frei nutzen. "Aufgrund der Lage des Grundstücks und dem Ambiente des Gebäudes ist mit einer Wohnnutzung – gegebenenfalls gemischt mit einer gewerblichen Nutzung im Erdgeschoss – zu rechnen", so Katrin Hruschka, stellvertretende Geschäftsführerin der Immobilien Bayern.

Wohnungen in ehemaliger Flüchtlingsunterkunft werden wohl nicht günstig

Laut Freistaat soll die Ausschreibung in den kommenden Monaten veröffentlicht werden. Man werde sich, um die Immobilie mit Interessenten begehen zu können, beim Zeitpunkt der Ausschreibung am Verlauf des Corona-Infektionsgeschehens orientieren. In jedem Fall rechne man mit einem "erheblichen Bieterinteresse", so Hruschka. Den Zuschlag wird bei der Ausschreibung – wie es die Regel ist – der höchst bietende Interessent bekommen. Aufgrund der Lage im begehrten Antonsviertel und der historischen, denkmalgeschützten Bausubstanz dürften die aufgerufenen Preise nicht ganz niedrig ausfallen. Machen lässt sich aus dem Gebäude durchaus etwas: Die Gebäude der in der Nähe liegenden Prinz-Karl-Kaserne wurden in den vergangenen Jahren von einem Immobilienentwickler hergerichtet und beherbergen heute Büros und Wohnungen.

Das Backsteingebäude in der Calmbergstraße ist ein Flügel der 1869 erbauten Hindenburgkaserne. Es diente nach dem Zweiten Weltkrieg über Jahrzehnte als Unterkunft für Flüchtlinge, zog zuletzt angesichts der räumlichen und sanitären Verhältnisse aber immer mehr Kritik auf sich und galt als eines der schlechtesten Heime in Bayern. 2010 forderte der Augsburger Stadtrat die Schließung, angesichts des Flüchtlingszustroms ab 2015 hielt die Regierung von Schwaben die Einrichtung aber noch bis 2017 offen.

Grüne im Landtag wollten keine neuen "Luxuswohnungen" in Augsburg

Seitens der Landtagsgrünen gibt es Kritik am Vorgehen. Sie hätten sich für das Gebäude eine sogenannte Konzeptvergabe gewünscht. Bei dieser Form der Vergabe wäre der Preis nicht das alleinige Vergabekriterium, sondern der Eigentümer könnte auch Vorgaben zur Nutzung machen. Denkbar wäre ein nachbarschaftliches Wohnprojekt oder eine Nutzung durch eine Genossenschaft. "Bei einer Vergabe zum Höchstgebot stehen Renditeinteressen des Investors im Vordergrund, die nur zu gut vermarktbaren hochpreisigen Luxuswohnungen führen werden", bemängelt die Augsburger Grünen-Landtagsabgeordnete Stephanie Schuhknecht. "Aus unserer Sicht muss an diesem Ort, an dem jahrelang Flüchtlinge in erbärmlichen Zuständen leben mussten, etwas entstehen, dass diese Geschichte versöhnt und eine positive Ausstrahlung auf das Antonsviertel hat." Im Landtag scheiterten die Grünen allerdings mit ihrem Vorstoß.

Eine sogenannte Konzeptvergabe bereitet die Stadt gerade auf dem Sheridan-Areal in Pfersee vor. Dort wird auch eine Rolle spielen, was die Bewerber inhaltlich bei einem Wohnprojekt planen. Das können etwa nachbarschaftliche, generationenübergreifende oder besondere architektonische Konzepte sein. Dadurch, dass der Preis nicht das alleinige Kriterium sein wird, hoffen auch Genossenschaften oder Baugemeinschaften darauf, den Zuschlag zu bekommen. Sie bieten Wohnraum zu relativ erschwinglichen Preisen. Demnächst soll die Ausschreibung veröffentlicht werden.

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Beim Gefängnis in der Karmelitengasse laufen die Vorbereitungen noch

Neben der Calmbergstraße gibt es ein zweites historisches Gebäude mit gewissem Bekanntheitsgrad, das die Immobilienverwaltung des Freistaats neu nutzen möchte. Dabei geht es um das ehemalige Gefängnis in der Karmelitengasse, das 2016 mit der Inbetriebnahme der Justizvollzugsanstalt in Gablingen aufgegeben wurde. Auch hier sollen Wohnungen entstehen. Wie berichtet plant die Bayernheim als Bauträger des Freistaats dort in Absprache mit der Stadt Augsburg einen Ideenwettbewerb, bei dem Architekten Entwürfe einreichen können. Absehbar ist, dass der Erweiterungsbau des ehemaligen Gefängnisses aus den 1960er-Jahren abgerissen wird. Der historische Trakt im ehemaligen Kornhaus dürfte sich für eine Wohnnutzung als nicht ganz einfach herausstellen. Die Stadt lehnte einen angebotenen Kauf ab, weil sie wegen der kleinen Zellengrundrisse und der dicken Mauern einen Umbau für nicht einfach hält. Derzeit, so Hruschka, laufen die Wettbewerbsvorbereitungen, in deren Zuge auch geklärt werden muss, ob archäologische Funde im Boden zu erwarten sind.

Lesen Sie dazu den Kommentar: Die Sanierung dieses Augsburger Gebäudes wird eine Herausforderung

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