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CD-Kritik: "Musica, cur siles?" - die Stille der Renaissance

Alte Musik

CD-Kritik: "Musica, cur siles?" - Renaissancemusik mit dem Mut zur Stille

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    "Musica, cur siles? Of Music and Silence", so heißt die CD, die beim Label "Perfect Noise" erschienen ist.
    "Musica, cur siles? Of Music and Silence", so heißt die CD, die beim Label "Perfect Noise" erschienen ist. Foto: Perfect Noise

    Manchmal keimt Musik auch in der Stille. Im Schweigen. In der Generalpause. Und so ein Moment bricht auf der neuen CD "Musica, cur siles? Of Music and Silence" (Label: Perfect Noise) gleich in den ersten Titel. Es singt eine Männerstimme in Altus-Höhe, Blockflöte, Harfe und Gambe ummanteln den Gesang in andächtiger Eleganz. Dann aber: Stille. Dieses Lied "Quis dabit oculis" ist eine Trauermusik, als Kaiser Maximilian I. im Jahr 1519 starb, da dichtete der Schweizer Ludwig Senfl ein bekanntes Lied auf ihn um, auf den bisherigen Herrscher des Heiligen Römischen Reiches. In diesem Lied stecken schon alle Facetten der CD: Hier klingen auskomponierte Gefühle. Lieder, Chansons, Motette aus einer Zeit, in der Musik an den Höfen neue Blüten trieb - unter Mäzenen wie Maximilian I. Um diese Geschichte mit Leben zu füllen, haben fünf Könner und Könnerinnen - auch Augsburger - ihr Gespür für Alte Musik in einem Album gebündelt.

    Iris Lichtinger und Stefan Steinemann wirkten an "Musica, cur siles?" mit

    In der Kirche St. Martin in Gablingen hat das Quintett die Lieder aufgenommen, auf der Suche nach dem Originalklang: Stefan Steinemann, der die Augsburger Domsingknaben leitet, beweist hier, wie rund und sanft seine eigene Altus-Stimme klingt und sich mit Saiten- und Bläserklang mischt. Iris Lichtinger veredelt den Klang an der Renaissanceblockflöte, mit langem Atem, getragenen Phrasen. Zu den beiden Augsburgern gesellen sich Tabea Schwartz an der Renaissancegambe und Vincent Kibildis, Experte für Harfen von Mittelalter bis Barock. Schillerndes Klangelement: Das Klavicitherium, das schnurrt und gezupft klingt, das auch gezupft wird, aber auf Tastendruck - die Saiten ragen vertikal, steil über der Klaviatur. Diesen Verwandten des Klaviers spielt Michael Eberth. Das alles ergibt in Summe ein Album der feinsten sanften Töne. Eine Traum- und Zeitreise. Vielstimmig, polyphon und doch aus einem Guss. 

    Eine CD mit Renaissance-Musik aus der Zeit von Kaiser Maximilian I.

    Kaiser Maximilian I. zählte zu jenen, die sich gerne mit Klangkünstlern umgaben und umspielen ließen, das war dekorativ, das schmückte jedes Fest. Musik seiner Schützlinge füllt die CD: "Fortuna desparata", eine instrumentale Meditation von Heinrich Isaac. "Ade mit Leid", eine Wehklage zum Abschied der Geliebten, aus dem Werk des Hoforganisten Paul Hofmaier. Immer wieder machten Maximilian und sein Tross auch in Augsburg Halt, um die - Geldsegen verheißende - Freundschaft mit den Fuggern aufzufrischen. Ein Lied hat Hofmaier wohl Sybilla, Gattin des Jakob Fugger, gewidmet: "Herzallerliebstes Bild". Die Kunst des Lieds ging auf Reisen, schlug Brücken: In Frankreich entwickelte sich eine neue Art Chanson. In England komponierte Henry VIII. - ja, jener mit den fünf Frauen - sogar selbst, ein Lied von ihm ist auf dem Album zu hören. Künstler kopierten sich und verneigten sich voreinander, über alle Landstriche des Reiches. Manchmal auch in schöner Stille.

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