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Foto: Bernhard Weizenegger (Archivbild)
Foto: Bernhard Weizenegger (Archivbild)

Johannes Böse hat mit 23 Jahren das Amt des Landensberger Bürgermeisters am 1. Mai 2020 übernommen. Er war einer der jüngsten Rathauschefs in Bayern. Jetzt ist er tot.

Landensberg
17.02.2023

Der Tod von Bürgermeister Johannes Böse schockiert Landensberg

Von Till Hofmann

Mit 23 Jahren hat Johannes Böse das Amt des Rathauschefs übernommen. Knapp drei Jahre später verliert das Dorf den jungen Bürgermeister. Die Anteilnahme ist groß.

Schockiert, erschüttert, tief betroffen. Das sind die Reaktionen von Menschen, die Johannes Böse gekannt haben. Der Bürgermeister von Landensberg ist tot. Der 26-Jährige hat sich nach Informationen unserer Redaktion in der Nacht von Samstag auf Sonntag das Leben genommen. 

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Niemand im Ort scheint geahnt zu haben, wie es um den Rathauschef gestanden ist. Als "stets fröhlichen Menschen" beschreibt Jettingen-Scheppachs Bürgermeister Christoph Böhm seinen jungen Kollegen aus der Nachbargemeinde, der, wie er, im Mai 2020 ins Amt kam. Böse, der den Posten des Bürgermeisters ehrenamtlich ausübte, war im Hauptberuf Leiter des Raiba-Lagerhauses in Jettingen. "Da bin auch ich Kunde", sagt Böhm und skizziert mit Worten das Bild eines lachenden jungen Mannes, "der in der Blüte seines Lebens stand". Böhm setzt noch hinzu: "Das ist ganz, ganz tragisch."

Die Faschingsfreunde von Johannes Böse können seinen Tod nicht fassen

Ähnlich dürften die Gefühle vieler Bürgerinnen und Bürger in der 700-Einwohner-Gemeinde – eine der kleinsten im Landkreis Günzburg – sein. Martin Pfob hat die schlimme Nachricht von einem Freund erfahren. Er ist als Vorsitzender des "Holzwinkler Fasnachtshaufas" Johannes Böses Nachfolger in dieser Funktion. 2020 gab Johannes Böse nach der erfolgreichen Bürgermeisterwahl sein Amt im Fasnachtshaufa ab, dem er nach wie vor verbunden blieb. Bei all dem Ernst des Lebens und den vielen Verpflichtungen sollte das Feiern nicht ganz vergessen werden. Das war das Motto des zweitjüngsten Bürgermeisters in Bayern, der mit 23 Jahren an der Spitze der Gemeindeverwaltung und des neunköpfigen Gemeinderates stand. Seine Faschingsfreunde sind tief getroffen vom Tod ihres Kameraden, als den sie ihn nach wie vor empfunden haben. Ob der "Holzwinkler Faschingshaufa" die fünfte Jahreszeit überhaupt noch zu Ende bringen will, wird demnächst im Vorstand entschieden. 

Vor gut drei Jahren hat Johannes Böse seine Motivation dargelegt, Bürgermeister werden zu wollen: Er sprach vom frischen Wind, klaren Zielen und festen Grundsätzen, die Kommune sicher in die Zukunft zu begleiten. "Ich möchte mich aktiv als Bürgermeister der Anliegen unserer Bürgerinnen und Bürger annehmen und mit einer gerechten, lösungsorientierten und bürgernahen Politik mit meinen Gemeinderäten das Dorf lebenswert gestalten." Den bevorstehenden Herausforderungen wolle er mit vollem Engagement und voller Hingabe entgegentreten. 

Bürgermeister Johannes Böse schwärmte regelrecht von Landensberg

Und zu einem Lieblingsplatz am Ort befragt, wollte ihm so gar keiner einfallen. "Das tolle und einzigartige an unserer Kommune ist, dass von Jung bis Alt alle zusammenhalten und sich gut verstehen, egal ob bei einem regen Austausch am Stammtisch oder bei lockerer Atmosphäre auf einem Vereinsfest." Der Zusammenhalt in der Holzwinkel-Gemeinde sei großartig, fügte er an, "und sucht seinesgleichen. Deshalb bin ich gerne und überall bei uns unterwegs, um mich mit meinen Mitmenschen auszutauschen."

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Der frühere Rathauschef des Dorfes, Sven Tull, war nach eigenen Worten "geschockt, als ich davon gehört habe". Zwölf Jahre lang stand er an der Spitze Landensbergs. "Da musst du dir ein breites Kreuz zulegen" an einem Ort, in dem jeder jeden kenne. Mit direkter Kritik sei er häufig genug konfrontiert gewesen. "In einem Dorf, in dem du lebst, kannst du dich auch schlecht zurückziehen", sagt er. Die Doppelbelastung mit einem nervenaufreibenden Hauptberuf und der ehrenamtlichen Tätigkeit als Bürgermeister sei schon enorm, findet Tull, der sich daran erinnert, "dass ich öfter verärgert von Gemeinderatssitzungen nach Hause gekommen bin. Diesen Ärger konnte ich vor allem abbauen, weil meine Frau als Gesprächspartnerin da war." 

Böse war einer der jüngsten Bürgermeister Bayerns

"Es können 550 Vermutungen verbreitet werden. Und dann trifft die 551. Vermutung zu", sagt der Altbürgermeister von Jettingen-Scheppach, Hans Reichhart senior. Der Verstorbene war der Enkel seiner Cousine. Reichhart weist auf den Schmerz der Angehörigen hin. "Es ist schlimm."

Röfingens Pfarrer Ibekwe Polykarp, der auch für Landensberg zuständig ist, wusste am Montagnachmittag noch nichts von den schrecklichen Ereignissen. Niemand könne in den Kopf und das Herz eines Menschen sehen, meint er. Das änderte nichts an seiner Fassungslosigkeit. "Dieser junge Mann?", wiederholt er ungläubig mehrmals am Telefon. Und: "Oh mein Gott."

Das ist inzwischen geschehen

Knapp drei Monate nach dem Tod von Johannes Böse war die Gemeinde Landensberg mit Ortsteil Glöttweng ohne Ersten Bürgermeister. Die Amtsgeschäfte führte während dieser Zeit Zweiter Bürgermeister Fritz Grasberger. Die Freie Wählervereinigung Landensberg benannte mit Tobias Geiger und der Freie Wählerblock Glöttweng mit Leonhard Steinle jeweils einen Kandidaten für die Bürgermeisterwahl. Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger sprach sich bei der Wahl am 7. Mai für Leonhard Steinle als Ersten Bürgermeister der Gemeinde Landensberg aus. 

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