04.05.2010

"Lasst den Abbiegewahnsinn!"

Von Ronald Hinzpeter

Illertissen Viele Wege führen nach Rom, aber welcher führt zu einer optimalen Verkehrsführung in Illertissen? Wie sehr die Auffassungen in dieser Frage auseinandergehen, zeigte eine Veranstaltung des CSU-Ortsverbandes. Die Partei hatte Bürgerinnen und Bürger zur Diskussion über das Verkehrsentwicklungskonzept gebeten, das im Februar vorgestellt worden war. Es enthält verschiedene Vorschläge der Ingenieursgesellschaft Dr. Brenner, um Illertissen fit für die mobile Zukunft zu machen.

Einer davon war ein Umbau der Hirschkreuzung. Dort soll nach Ansicht des Planers Günter Bendias die Menge der Spuren reduziert werden. Er schlägt unter anderem vor, den separaten Abbiegestreifen von der östlichen Hauptstraße in Richtung Ulm zurückzubauen, sowie dem Verkehr aus dem Süden das Abbiegen nach links in Richtung zu verbieten. Autos und Laster müssten über die Dietenheimer Straße zum Bahnhof fahren.

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Doch gerade diese Idee rief entschiedenen Protest hervor. Otto Hohbach sprach sich energisch dagegen aus, denn so werde die westliche Hauptstraße "lahmgelegt". Er empfand diese Maßnahme als "Verkehrsknebelung", denn Bendias hatte darüber hinaus vorgeschlagen, dass Autofahrer aus der Auer Straße nicht mehr in die Bahnhofstraße einbiegen dürften. Nur noch Busse und Fahrräder will er zulassen. Diese Maßnahme führt zusammen mit dem Linksabbiegeverbot an der Hirschkreuzung in Hohbachs Augen zu einer fatalen Beruhigung der westlichen Hauptstraße: "Ohne Begründung legt man die jetzt lahm! Die Leute sind doch mit der Situation an der Hirschkreuzung durchaus zufrieden, warum macht man dann so einen Hokuspokus?"

Diese Kritik traf den Nerv von Joachim Schwegler, Anlieger an der westlichen Hauptstraße. Er appellierte so eindringlich wie heftig: "Lasst den Abbiege-Wahnsinn, lasst diese Kreuzung in Ruhe!" Seiner Meinung nach ist es völlig unannehmbar, wenn die westliche Hauptstraße einfach "abgekappt" werde. Ohnehin wurde dieser Bereich von der Stadtentwicklung vernachlässigt, meint er. Seit zehn bis 15 Jahren sei dort nichts unternommen worden, während "aus politischen Gründen" anderswo in der City viel Geld ausgegeben wurde. Schwegler: "Die Bahnhofstraße und die westliche Hauptstraße sind die Leidtragenden!"

Bürger stellt Nutzen des Konzepts generell in Frage

In der Debatte zerpflückte Otto Hohbach das Verkehrskonzept und stellte dessen Nutzen grundsätzlich infrage. Seiner Ansicht nach werde viel zu viel Geld ausgegeben, wenn die Bevölkerung in Illertissen bis zum Jahr 2025 doch nur um 3,38 Prozent wachse (siehe "Zahlen zur Zukunft"): "Ist es überhaupt notwendig, diesen irrsinnigen Aufwand zu betreiben?"

Mit dieser Frage hat sich auch der Gewerbeverband Illertissen beschäftigt. Marc Henle vom Vorstand glaubt nicht an die Prognosen der Planer. Er halte sie für "fast unsinnig" und findet die Umgestaltung der Hirschkreuzung "wenig effizient". Benjamin Kohler, Sprecher des Verbandes, warnt davor, im Zuge des Konzepts den Verkehr aus der Stadt herauszuführen, denn die Geschäftsleute lebten doch davon, dass in die Stadt hinein gefahren werde. Auch dazu hatte Otto Hohbach einen entsprechenden Satz parat: "Jedes Auto, das falsch fährt, kann ein Sargnagel sein", sagte er mit Blick auf die Geschäftsleute der Innenstadt.

Bei einem anderen seit Wochen diskutierten Planervorschlag zeichnet sich nun offenbar eine Lösung ab. Bendias wollte bisher zwei Kreisverkehre: an der Nordtangente und an der Ecke südlicher Saumweg/Ulmer Straße. Bürgermeisterin Marita Kaiser wartete bei der Versammlung mit einem dritten Kreisel auf. Der könnte am nördlichen Saumweg entstehen.

Damit wäre die vor allem von Anliegern vielfach gescholtene Idee, an dieser Stelle nur noch das Rechtsabbiegen zuzulassen, vom Tisch. "Das ist erst seit einer Woche klar", sagte Kaiser, "das wissen die Stadträte noch gar nicht." Ein solcher Kreisel sei ohne Probleme machbar. Damit wäre auch die Frage gelöst, wie die Kunden des V-Marktes und des künftigen Baumarktes am besten in Richtung Norden abgeleitet werden können.

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