Im Vordergrund dreht sich Kunst oft um das große Motiv: ein Edelmann in Porträt-Pose. Grüne Weiten einer Landschaft. Äpfel, Trauben und ein Weinglas im Stillleben. Im Hintergrund allerdings, da haben die Maler kleine Schätze verborgen. Details, die verblüffen. Lustiges, Feines, Irritierendes, das man erst entdeckt, wenn man dem Pinselstrich ganz nahe kommt. Welche Schätze finden sich in solchen Werken – zum Beispiel in den Bildern der Augsburger Kunstsammlungen und Museen? Eine österliche Suche im Schaezlerpalais nach Verstecken in der Kunst.
So ließ sich Johann Lorenz Freiherr von Schaezler porträtieren
Dame im Fenster Da sitzt er und lächelt, schlägt den weißen Hemdkragen hoch und die Beine übereinander: der Großbürger Johann Lorenz Freiherr von Schaezler. So ließ sich der Augsburger 1816 verewigen, so malte ihn der Porträtist Peter Ferdinand Deurer. Rings um ihn im Bild: Attribute seines Standes. Ein Bücherstapel mit Schillers Werken als Beleg für Belesenheit. Im Hintergrund das üppige Gartenhaus der Schaezlers, dicht am Rathaus. Und aus der Gartenhausfassade spitzelt heimlich eine Gestalt – mehr zu erahnen als zu erkennen, aber: "Da steht eine Dame im Fenster", verrät Christof Trepesch, Direktor der Kunstsammlungen und Museen. Erster Stock, zweites Fenster: eine Frau im Rahmen. Wahrscheinlich handelt es sich um Schaezlers Gattin Marianne Barbara. Vielleicht winkt die Ehefrau in Miniatur sogar dem Gatten? Sie kommt jedenfalls nicht zu kurz, ein eigenes Porträt der Gattin hängt auch im Raum – im Großformat.
Seifenblasen im Flug Als wollten sie einen Scherz aushecken: Zwei kleine Kinder, mit rosigen Pausbacken und wachen Augen, nehmen den Betrachter in den Blick. Auf diesen ersten Blick scheinen beide ins Spiel vertieft. Auf den zweiten sieht man, wie das Kind in Rot eine Seifenblase bläst, die Blase spiegelt sich kunstvoll, aber halb unsichtbar in den Ölfarben auf Eichenholz. Und erst auf den dritten Blick sieht man, dass da eine zweite Blase fliegt, dort noch eine dritte schwebt. Versteckt im angegrauten Himmel. Der launige Schein täuscht: Hier zeigt der Maler Carl Ovens, der das barocke Bild um 1660 schuf, das Vergängliche. Dunkler Wald, verblühender Blütenkranz. Und Seifenblasen, die platzen werden.
Kleine Details in den Kunstsammlungen und Museen Augsburg
Colosseum im Wolkenmeer Bildungsreise in Ruinen: Eine Gruppe von Wissbegierigen erforscht die alten Steine in Rom. Ein Entdecker mit Hut wagt sich mit brennender Fackel in eine Ruinen-Höhle, andere skizzieren auf Papier die bröckelnden Säulen. Das Alte war in Mode, die Antike beflügelte die Kunst im 17. Jahrhundert. Johann Heinrich Schönfeld, aus Biberach an der Riß, hat diesen Geist im Jahr 1634 eingefangen, im Gemälde "Zeichner in römischen Ruinen". Der Schwabe war gereist, er kannte Rom und Venedig. Die Kulisse des Gemäldes? Ist zwar pure Fantasie, erdachtes Rom. Doch hinter jenem Mann mit Federhut, der den Fremden einen Weg zu weisen scheint, lugt eine prominente Wegmarke hervor: Runde Mauern, hohe Bögen – das Colosseum. Fast verschwimmen seine zarten Konturen im Weißblaugrau des Himmels. Ein Monument, das sich dezent versteckt.
Mahlzeit mit Muskatnuss Als Gewalt, Pest und Hunger grassierten, im Elend des 30-jährigen Krieges, da malte Georg Flegel dieses Gemälde. Ein Bild der Vergänglichkeit, mit christlichen Motiven: Ein Fisch mit hohlen Augenhöhlen und offenem Maul, drapiert auf ein Holzbrett. Scharfes Messer nebst Brotlaib. Deftig-grobe Mahlzeit? Nein – im Detail, im ockerbraunen Ton, zeigt sich Reichtum: Da hat Flegel eine Muskatnuss auf den Tisch gelegt, geriffelt und unscheinbar, und dazu noch eine Ingwerwurzel. Das Stillleben entstand wohl in den 1630er-Jahren. Doch bei einer Röntgen-Untersuchung haben Forscher unter der Ölfarbe ein zweites Gemälde entdeckt, einen älteren, verborgenen Entwurf – mit anderem Menü: Weinglas, Apfel, Nüsse, Süßes. All das bleibt dem Betrachter heute verborgen.
Im Rokokosaal des Schazlerpalais hängt eine Gießkanne
Gießkanne in Gold Der Weg durch das Palais endet im prächtigen Rokoko-Saal. Gold und Glanz und ... Gießkanne? Tatsächlich, eine Kanne für den Gartenbedarf hat sich im edlen Dekor, in den Verzierungen des Saals versteckt. Wo genau, sei hier nicht verraten. Nur: Ganz nah an den hohen Spiegeln, in denen das Gold widerscheint, da baumelt das Gerät. Wer neugierig ist, macht sich auf die Suche.