Gibt es im Fall Ursula Herrmann neue Beweise?
Am Donnerstag geht es im Fall Ursula Herrmann um Schmerzensgeld. Doch wenn die Klage von Michael Herrmann erfolgreich wäre, hätte sie noch ganz andere Auswirkungen auf den Fall.
Am Donnerstag wird in Augsburg wieder verhandelt. Der Fall Ursula Herrmann beschäftigt die Richter erneut, wenn auch in anderer Form. Der grausame Tod der zehnjährigen Ursula aus Eching ist immer noch im Gedächtnis, obwohl er bereits 35 Jahre zurückliegt. Ursula Herrmanns Bruder forderte Schmerzensgeld und in einem erneuten Termin hat ein Gutachter nun das Wort.
Fall Ursula Herrmann: Hat die Klage Aussicht auf Erfolg?
Beim Landgericht Augsburg hatte man allerdings bereits Zweifel an den Erfolgsaussichten der Klage geäußert. Die Kammer wies darauf hin, dass es doch fraglich sei „ob die Ursache der Tinnitus-Erkrankung“ dem verurteilten Mann zuzurechnen sei. Michael Herrmann hat seit dem Prozess gegen den Täter einen Tinnitus, der ihn in seiner Arbeit als Musiker und Lehrer störe. Er hatte 2015 von dem zu lebenslanger Haft verurteilten Kidnapper Werner Mazurek 20.000 Euro Schmerzensgeld verlangt.
Der Landsberger Fachanwalt für Strafrecht Joachim Feller vertritt Herrmann vor Gericht. Seiner Meinung nach ist die Stellungnahme des Gerichts zum Gutachten nicht durch das Gutachten gedeckt. „Eher das Gegenteil ist der Fall.“ Der Gutachter hatte laut Feller betont, dass die Ereignisse um den Tod der Schwester und die Tat „in direktem, zeitlichem und kausalem Zusammenhang mit den psychischen Störungen stehen“. Der Sachverständige führte laut Feller aus, dass die Ereignisse im Strafprozess zu einer „Re-Aktualisierung und Re-Traumatisierung“ führten. Das Strafverfahren sei selbstverständlich eine Folge der Tat und aus diesem Grund auch direkt dem Beklagten zuzurechnen, so Feller. „Es drängt sich der Eindruck auf, dass das Gericht das Strafurteil halten will und versucht, eine neue Beweisaufnahme zu verhindern.“ Dem Gericht sei bekannt, dass Mazurek und sein Anwalt wohl neue Beweise haben.
Ist der richtige Täter verurteilt worden?
Ein kurzer Rückblick: Beim langen Prozess um den Tod von Ursula Herrmann hatte es auch viele Unstimmigkeiten gegeben. Eine Tonbandaufnahme führte schließlich mit zur Verurteilung. Werner Mazurek wurde kurz vor dem Ende der 30-jährigen Verjährungsfrist für räuberische Erpressung mit Todesfolge verurteilt. Der Fall Ursula Herrmann ist eines der Verbrechen in der Geschichte der Bundesrepublik, das die Menschen lange beschäftigt hat, zumal der Fall lange als ungelöst galt. Damals hatte ein Erpresser einen Millionenbetrag als Lösegeld von Ursulas Eltern verlangt. Der Entführer war erst im Jahr 2008 in Kappeln an der Schlei in Schleswig-Holstein verhaftet worden, zwei Jahre später wurde er in Augsburg nach einem aufwendigen Indizienprozess verurteilt. Er bestreitet allerdings bis heute, dass er das Kind entführt habe.
Die Beweise damals – eine Tonbandaufnahme, DNA-Spuren, all dies könnte bei einem neuen Prozess nochmals überprüft werden. Ursula Herrmanns Bruder hatte mehrfach Zweifel daran geäußert, ob der richtige Täter verurteilt worden sei. Diese Zweifel hatte Herrmann auch in einem Bericht in der Fernsehsendung 37 Grad ausgesprochen. „Allerdings“, so Feller, „hat Herrmann dies gesagt, nachdem er die Akten studiert hat. Seine Auffassung wurde in keinerlei Zusammenhang mit seinem Krankheitsbild geäußert.“