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Bundestagswahl: Briefwahl-Boom: Entscheidet sich die Bundestagswahl 2021 vor dem Wahltag?

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Briefwahl-Boom: Entscheidet sich die Bundestagswahl 2021 vor dem Wahltag?

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    Entscheidet sich die Bundestagswahl schon deutlich vor dem 26. September? Welchen Effekt die hohe Zahl der Briefwähler haben könnte.
    Entscheidet sich die Bundestagswahl schon deutlich vor dem 26. September? Welchen Effekt die hohe Zahl der Briefwähler haben könnte. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Wenn am 26. September die Wahllokale öffnen, haben Millionen Deutsche längst ihre Stimme abgegeben. Immer mehr Menschen nutzen die Briefwahl, die ursprünglich nur als Notlösung für Bürgerinnen und Bürger gedacht war, die nicht selbst vor Ort wählen können. Die Abstimmung per Post läuft schon seit Wochen – und mit ihr eine Debatte darüber, ob das ein Problem ist, wenn über einen so langen Zeitraum gewählt werden kann.

    Bundestagswahl 2021: Diese Folgen hat der Anstieg der Briefwähler

    Jörg Siegmund ist Wahlforscher an der Akademie der politischen Bildung in Tutzing. Er findet nicht, dass der Briefwahl-Boom – in diesem Jahr könnte sogar die Mehrheit der Deutschen schon vorab wählen – das Ergebnis der Bundestagswahl verfälscht. „Ich denke nicht, dass die Legitimation des Bundestages darunter leidet“, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion. Kritiker bemängeln, dass die Entscheidungsgrundlage sich in den Wochen vor dem Wahltag immer wieder verändern kann. Macht ein Kandidat einen gravierenden Fehler, verändert ein unvorhersehbares Ereignis oder ein Skandal die Prioritäten, würde mancher womöglich doch anders abstimmen als auf dem längst ausgefüllten Briefwahlbogen.

    Wahlforscher Jörg Siegmund findet nicht, dass der Briefwahl-Boom das Ergebnis der Bundestagswahl verfälscht.
    Wahlforscher Jörg Siegmund findet nicht, dass der Briefwahl-Boom das Ergebnis der Bundestagswahl verfälscht. Foto: Akademie für Politische Bildung Tutzing

    Ein Beispiel: Bei der baden-württembergischen Landtagswahl 2011 waren die Grünen auch deshalb so stark, weil es kurz zuvor zur Reaktorkatastrophe in Fukushima gekommen war und die Ökopartei für den Ausstieg aus der Atomkraft steht. Hätte ein großer Teil der Wähler schon vorher per Briefwahl abgestimmt, wäre das Ergebnis womöglich anders ausgefallen.

    Für Wahlforscher Siegmund ist das trotzdem kein Grund, das Instrument der Briefwahl infrage zu stellen. Schließlich gebe es auch objektive Gründe wie Abwesenheit oder Krankheit, die jemanden daran hindern, ins Wahllokal zu gehen. Der Politikwissenschaftler kann sich allerdings vorstellen, das angestaubte Brief-Konzept durch eine digitale Lösung zu ersetzen. In Estland beispielsweise sei das bereits gang und gäbe. „Dann könnte man seine Wahl am Tag der Entscheidung auch noch einmal modifizieren, falls etwas Gravierendes passiert“, erklärt Siegmund.

    Bei der Bundestagswahl dürfte taktisches Wählen dieses Mal schwierig werden

    Er glaubt nicht, dass der lange Zeitraum, in dem die Stimmen für die Bundestagswahl abgegeben werden können, für Olaf Scholz, Armin Laschet oder Annalena Baerbock zum Vor- oder Nachteil werden könnte. „Es bringt nichts zu taktieren. Der Gedanke, dass sich ein Kandidat oder eine Kandidatin mehr erlauben kann, wenn schon ein gewisser Teil der Stimmen eingegangen ist, ist reine Spekulation“, sagt Siegmund.

    Ohnehin dürfte es angesichts des knappen Rennens und der zahlreichen möglichen Bündnisse schwierig werden, taktisch zu wählen. So etwas funktioniert vor allem dann, wenn es einen klaren Favoriten gibt und es darum geht, einem möglichen Koalitionspartner in die Regierung zu verhelfen. Ende August gab fast jeder Zweite in einer Allensbach-Umfrage an, sich noch nicht für eine Partei entschieden zu haben. Die Unentschlossenheit sei damit so groß wie seit 20 Jahren nicht, erklärten die Meinungsforscher. Ausgezählt werden die Briefwahlzettel übrigens erst gemeinsam mit allen anderen Stimmen nach Schließung der Wahllokale um 18 Uhr.

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