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Kommentar: Bayern first: Söder sucht sein Heil in der Opposition zum Bund

Kommentar

Bayern first: Söder sucht sein Heil in der Opposition zum Bund

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    Markus Söder greift die Bundesregierung an. Dabei spricht er lieber nicht über die Versäumnisse der CSU in der Landespolitik.
    Markus Söder greift die Bundesregierung an. Dabei spricht er lieber nicht über die Versäumnisse der CSU in der Landespolitik. Foto: Nicolas Armer, dpa

    Die neue CSU ist Geschichte, die alte CSU ist wieder da. Die Weichen dafür sind bei der Klausur der Landtagsfraktion im oberfränkischen Kloster Banz gestellt worden. In einem symbolischen Akt haben sich die Abgeordneten einstimmig hinter Ministerpräsident und Parteichef Markus Söder versammelt. Er allein bestimmt den strategischen Kurs. Und der lässt sich, ein Jahr vor der Landtagswahl, auf eine einfache Formel bringen: Bayern first.

    Eigentlich weiß auch die CSU, dass der Klimawandel die Menschheit länger herausfordert als der Ukraine-Krieg

    Die Energiekrise, die in weiten Teilen der Bevölkerung und der Wirtschaft für existenzielle Ängste sorgt, verdrängt die Klimakrise aus dem öffentlichen Bewusstsein. Zwar wissen sie auch in der CSU, dass der Klimawandel die Menschheit stärker und länger herausfordern wird als jeder Krieg. Im Moment aber haben sich die Prioritäten verschoben. Söders Forderung nach einem Weiterbetrieb der letzten drei Atomkraft- und einer Reaktivierung stillgelegter Kohlekraftwerke findet breite Unterstützung.

    Zwar beginnen gleichzeitig auch entschiedene Windkraftgegner in der CSU einzusehen, dass in Bayern in der Vergangenheit viel zu wenig für den Ausbau der erneuerbaren Energien getan wurde. Es hatte einiger Anstrengung bedurft, eine Lockerung der umstrittenen 10H-Abstandsregel in der CSU-Fraktion durchzusetzen. Nun aber herrscht dort, seit Söder einer möglichen Koalition mit den Grünen eine eindeutige Absage erteilt hat, weitgehend Konsens.

    Damit hat der CSU-Chef den Rücken frei für eine Politik, welche die Ampel-Regierung in Berlin als Quelle allen Übels brandmarkt. Die Elemente seiner Strategie sind offenkundig. Er feiert Bayern als wirtschaftlich starkes „Glücksland“. Er fordert im Streit ums Bürgergeld, dass Leistung sich lohnen müsse. Und wie schon sein Vorgänger Horst Seehofer droht Söder mit einer Klage gegen den Länderfinanzausgleich, der den Freistaat überproportional belaste. Seine Botschaft im beginnenden Landtagswahlkampf lautet: Wenn mehr von dem Geld in Bayern bliebe, das in Bayern erwirtschaftet wird, dann ginge es den Bürgerinnen und Bürgern hier noch viel besser.

    Über CSU-Versäumnisse in der Landespolitik soll nicht geredet werden

    Die Frage, ob die schwarz-orange Staatsregierung auf ihrem eigentlichen Feld, der Landespolitik, in den vergangenen vier Jahren ihre Möglichkeiten ausreichend genutzt hat, soll ganz offensichtlich in den Hintergrund treten. Über die Versäumnisse im sozialen Wohnungsbau, bei der Kinderbetreuung oder in der Verkehrspolitik soll möglichst nicht geredet werden. In der Schulpolitik soll der größte Ärger, die offensichtlich unzureichende Entlohnung der Mittel- und Grundschullehrer, durch ein Versprechen abgeräumt werden, das erst in der nächsten Legislaturperiode schrittweise in Erfüllung gehen soll.

    Aktuell spricht vieles dafür, dass Söders Strategie erfolgreich sein wird. Im Streit um die Finanzierung des Entlastungspakets hat er nicht nur Ministerpräsidenten der Union auf seiner Seite. Quer durch alle Parteien klagen Landespolitiker über die Arroganz der Bundespolitik, die sich – ohne vorher auch nur darüber zu reden – über die Interessen der Länder hinwegsetzt. Ihre Forderung, dass man sich in der Krise im Rahmen einer Ministerpräsidentenkonferenz gemeinsam um Lösungen bemühen solle, wurde nur zögerlich erhört. Das Treffen findet nächste Woche statt. Der Ausgang ist ungewiss.

    Fest steht aber, dass der CSU-Chef sein Heil in der Opposition zum Bund suchen wird – nächste Woche und bis zur Wahl im Herbst kommenden Jahres.

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