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Migration: Leichter zum deutschen Pass: CSU stellt sich gegen Regierungs-Pläne

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Leichter zum deutschen Pass: CSU stellt sich gegen Regierungs-Pläne

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    Die SPD treibt die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts voran.
    Die SPD treibt die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts voran. Foto: Fabian Sommer, dpa

    Es ist eines der größten Vorhaben der Koalition – und eines der umstrittensten: SPD-Innenministerin Nancy Faeser will das Einbürgerungsrecht in Deutschland massiv reformieren. Gemeinsam mit Bundeskanzler Olaf Scholz präsentierte sie ihre Pläne. Doch obwohl diese bereits im Koalitionsvertrag festgehalten sind, stoßen sie nun, da er in die heiße Phase treten sollen, auf heftige Gegenwehr – sowohl bei der Union als auch beim eigenen Koalitionspartner FDP. Die Linien zwischen Befürwortern und Gegnern verlaufen ähnlich wie beim anderen großen SPD-Thema, dem Bürgergeld. Entsprechend gereizt reagieren die Sozialdemokraten auf die Kritik. Man wolle "den konservativen Muff von diesem Land abschütteln", sagte SPD-Chefin Saskia Esken, deshalb sei es nur logisch, dass der größte Widerstand vonseiten der Union komme. 

    Das Modell, für das sich Faeser einsetzt, fußt auf mehreren Säulen. Zum einen soll es künftig einfacher werden, mehrere Staatsbürgerschaften zu besitzen. "Der bisherige Grundsatz im deutschen Staatsangehörigkeitsrecht, Mehrstaatigkeit zu vermeiden, verhindert die Einbürgerung von vielen Menschen, die seit Jahrzehnten in Deutschland leben und hier zuhause sind", schreibt die Ministerin in einem Beitrag, der am Wochenende im Tagesspiegel veröffentlicht wurde. Aktuell ist die doppelte Staatsbürgerschaft nur in Ausnahmefällen erlaubt. Unter anderem können Kinder, die einen deutschen und einen ausländischen Elternteil haben, die doppelte Staatsbürgerschaft beantragen – ob sie dann auch gewährt wird, wird streng geprüft.

    Das sind die Details von Faesers Einbürgerungsreform

    Eine zweite Säule des neuen Einbürgerungsrechts ist, dass Ausländer, die bereits fünf Jahre in Deutschland leben, die Staatsbürgerschaft erhalten können. Bisher gilt eine Frist von acht Jahren. Bei "besonderen Integrationsleistungen" soll dies sogar schon nach drei Jahren möglich werden – etwa, wenn Einwanderer besondere schulische oder berufliche Leistungen oder ehrenamtliches Engagement gezeigt haben oder über besonders gute Sprachkenntnisse verfügen. Auch die Generation der ehemaligen Gastarbeiter, die bereits seit Jahrzehnten in Deutschland lebt, soll einfacher an einen deutschen Pass kommen können. Bei allen ab 67 Jahren will Faser auf einen schriftlichen Sprachnachweis und auf den Einbürgerungstest verzichten. "Denn sie haben für unser Land Herausragendes geleistet und damit die Anerkennung der gesamten Gesellschaft verdient", sagt die Ministerin. Eine weitere Säule des Plans ist, dass alle in Deutschland geborenen Kinder ausländischer Eltern künftig vorbehaltlos die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten sollen, wenn mindestens ein Elternteil seit mehr als fünf Jahren rechtmäßig in Deutschland lebt und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt.

    Voraussetzung für die Einbürgerung ist jeweils ein qualifizierter Aufenthaltstitel, das heißt, Asylbewerber oder geduldete Ausländer fallen nicht in den Kreis der Berechtigten. Schwerwiegende Gründe, die gegen eine Einbürgerung sprechen, sollen auch künftig gelten: Straftaten oder frühere verfassungsfeindliche Überzeugungen zählen unter anderem dazu. Ausländer müssen ihren Lebensunterhalt finanzieren können, ausreichend Sprachkenntnisse haben und Grundlagen der Rechts- und Gesellschaftsordnung sowie Lebensverhältnisse in Deutschland kennen. Letzteres wird durch einen Einbürgerungstest geprüft. 

    FDP hat Bedenken wegen schnellerer Einbürgerung

    Trotzdem will die FDP die Themen Einbürgerung und illegale Migration miteinander verknüpfen. Zwar sei richtig, dass diejenigen, die in Deutschland lange leben und arbeiten, schneller integriert werden sollten, sagte die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann in der Sendung „Frühstart“ von RTL/ntv. "Aber bevor Frau Faeser das zur Chefinnen-Sache macht, sollte sie erst mal dafür Sorge tragen, dass die, die hier illegal sind, die, die möglicherweise auch gesetzlich aufgefallen sind, dass die erst mal ordentlich zurückgeführt werden." Ähnlich hatte sich FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai in der Rheinischen Post: "Jetzt ist nicht der Zeitpunkt für eine Vereinfachung des Staatsbürgerschaftsrechts. Es gibt bisher keinerlei Fortschritte bei der Rückführung und Bekämpfung der illegalen Migration." 

    Mit der Reform will die SPD der Erkenntnis Rechnung tragen, dass sich Deutschland zu einem Einwanderungsland entwickelt hat. Die Staatsbürgerschaft sei ein Bekenntnis zu den Werten und Regeln Deutschlands, so das Argument. Unter anderem Frankreich agiert heute schon nach ähnlichen Vorgaben. Ein Antrag auf Einbürgerung kann nach fünf Jahren gestellt werden, die Mehrstaatigkeit wird akzeptiert. In den USA können sich Greencard-Besitzer, also Menschen mit Aufenthaltsrecht, nach fünf Jahren auf die amerikanische Staatsbürgerschaft bewerben. 

    Bayern will Staatsbürgerschaftsrecht nicht ändern

    Besonders heftig ist die Kritik, die aus der Union kommt. Die stellt sich klar gegen das Vorhaben des Bundesinnenministeriums. "Die Pläne des Bundesinnenministeriums, Einbürgerungen in Deutschland zu erleichtern und Doppelstaatsbürgerschaften zur Regel zu machen sind völlig inakzeptabel", sagt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) unserer Redaktion. "Ich sehe derzeit keinen Grund, beim aktuell geltenden Staatsbürgerschaftsrecht etwas zu ändern." Die geltenden Regelungen hätten sich bewährt, wie auch die Einbürgerungszahlen in Bayern zeigen würden. 

    Diese sind auch im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr wieder deutlich gestiegen, nämlich um 14,7 Prozent auf 23.158 Fälle. Deutschlandweit wurden im Jahr 2021 rund 131.600 Ausländerinnen und Ausländer eingebürgert. Jede vierte Person hatte vorher die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates. Ein starker Anstieg bei den Einbürgerungen war bei den Syrerinnen und Syrern zu verzeichnen, 19.100 von ihnen wurden im Jahr 2021 eingebürgert, gefolgt von türkischen (12.200), rumänischen (6900), polnischen (5500) und italienischen (5000) Staatsangehörigen. "Alle neuen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger haben Kenntnisse der deutschen Sprache erworben, sich lange in Deutschland eingelebt und wirtschaftlich integriert", sagt Herrmann. Dies zeige, dass Integration in Deutschland funktioniere, weil die neuen Staatsbürger am Integrationsprozess mitgewirkt hätten. "Die nach den Plänen der Ampelregierung deutlich gelockerten Einbürgerungsregelungen wären in höchstem Maße integrationsfeindlich", kritisiert der Minister.

    Union kann Faesers Pläne im Bundesrat blockieren

    Mit der Regierung geht der CSU-Mann hart ins Gericht. "Wöchentlich senden vor allem SPD und Grüne Signale einer grenzenlosen Aufnahmebereitschaft in die ganze Welt – und das in einer Zeit, in der die Zugangszahlen dramatisch steigen und unsere Landkreise und Städte zunehmend ans Limit bringen: Chancenaufenthalt, Bürgergeld, umfangreiche zusätzliche Aufnahmeprogramme, schnellere Einbürgerungen", kritisiert Herrmann. "Praktisch überhaupt nichts hören wir hingegen von der Ampel, was sie denn eigentlich für die Rückführung abgelehnter Asylbewerber und für die Bekämpfung der illegalen Migration unternimmt." Bei den im Koalitionsvertrag versprochenen Abkommen mit den Herkunftsländern abgelehnter Asylbewerber sei der Bund keinen Schritt weitergekommen, die Ampel habe es noch nicht mal geschafft, den dafür versprochenen Sonderbeauftragten einzusetzen.

    Wie schon bei der Reform von Hartz IV kann die Union die Pläne von Faeser blockieren und Änderungen erzwingen. Im Bundesrat haben die Regierungsparteien keine Mehrheit, doch den müssen Gesetze passieren, ehe sie in Kraft treten. 

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