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Treffen in Brüssel: Deutsche Ministerpräsidenten setzen Ampel von Brüssel aus unter Druck

Treffen in Brüssel

Deutsche Ministerpräsidenten setzen Ampel von Brüssel aus unter Druck

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    Parteiübergreifender Auftritt in Brüssel: der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD, links) mit dem nordrhein-westfälischen Amtskollegen Hendrik Wüst (CDU) beim Treffen der deutschen Ministerpräsidenten in Brüssel.
    Parteiübergreifender Auftritt in Brüssel: der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD, links) mit dem nordrhein-westfälischen Amtskollegen Hendrik Wüst (CDU) beim Treffen der deutschen Ministerpräsidenten in Brüssel. Foto: Bruno Maes, dpa

    Sie reisten nach Brüssel, um Berlin zu erreichen – und den Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu erhöhen. Dafür präsentierten sich Deutschlands Ministerpräsidenten in ungewohnter Einigkeit. Sie forderten zum Abschluss ihrer zweitägigen Konferenz in der EU-Hauptstadt einstimmig eine Subventionierung der Strompreise für Unternehmen wie jene in der Stahlbranche, der Chemie oder in der Kupfer-, Aluminium-, Glas- oder Zementindustrie. Konkret heißt es in dem siebenseitigen Papier unter dem Titel „Brüsseler Erklärung der Länder“, dass es den Mitgliedstaaten „für einen Übergangszeitraum“ möglich sein müsse, „einen wettbewerbsfähigen Brückenstrompreis vor allem für energieintensive und im internationalen Wettbewerb stehende Unternehmen zu etablieren, bis bezahlbare erneuerbare Energien in hinreichendem Umfang zur Verfügung stehen“.

    Dem niedersächsischen Landeschef Stephan Weil, der aktuell der Ministerpräsidenten-Konferenz vorsteht, und seinen Amtskollegen geht es vor allem um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie. Die infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine gestiegenen Energiekosten stellten „ein akutes Hemmnis für die Erholung der Konjunktur und die Rückkehr der Industrieproduktion auf Vorkrisenniveau dar“, heißt es in dem Beschluss. „Wir machen uns große Sorgen“, sagte Weil. Es drohe „sehr, sehr großer Schaden“. 

    Kontrast zur Uneinigkeit in der Ampelkoalition

    Der geschlossene Auftritt der Ministerpräsidenten stand im Kontrast zur Uneinigkeit in der Ampelkoalition bei dieser zentralen Frage. Scholz windet sich noch und lässt bislang eine klare Position missen. Die Bundestagsfraktion seiner eigenen sozialdemokratischen Partei drängt derweil auf einen staatlich subventionierten Industriestrompreis. Auch Grünen-Wirtschaftsminister Robert Habeck ist dafür, Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat sich dagegen ausgesprochen. 

    Nun verlangen die Länder eine Entscheidung. Und umwarben gleichwohl die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei einem Treffen am Mittwochabend, trotz hochsommerlicher Temperaturen in Brüssel als „Kamin-Abendessen“ deklariert. Die Brüsseler Behörde müsste einen Brückenstrompreis genehmigen, wie auch immer dieser aussehen mag. Um den Wettbewerb innerhalb der Gemeinschaft nicht zu verzerren, erlaubt die EU Subventionen nur unter strengen Auflagen. Die vermittelte Botschaft der Länderchefs bei ihrem Treffen dürfte klar gewesen sein. „Niemand in Europa wird stärker, wenn Deutschland schwächer wird“, wie der SPD-Mann Weil es nannte. 

    Ein wichtiger Punkt auf der Tagesordnung: Migration

    Aber es sollte an diesen Tagen nicht nur um die Wirtschaft – oder um das Wolfmanagement – gehen, sondern auch um die weiter steigende Zahl von Menschen, die nach Europa kommen, um Schutz zu suchen oder sich hier ein besseres Leben versprechen. Die Bundesrepublik laufe Gefahr, von der Migration überfordert zu werden, hieß es. „Wir haben hier deutlich gemacht, dass viele Kommunen am Limit sind“, sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) bei der Pressekonferenz am Donnerstagnachmittag. 

    Die im Juni erreichte Einigung der 27 Mitgliedstaaten auf eine deutliche Verschärfung des EU-Asylrechts, die für Unmut in der Ampelkoalition gesorgt hatte, bezeichnete Wüst als „Anfang“. Auch in der Erklärung ist die Rede davon, dass der Migrationspakt „nur einen ersten wichtigen Schritt in Richtung einer solidarischen Migrationspolitik darstellen“ könne. Aber: „Besser als nichts“, so Wüst. Unterm Strich geht es den Länderchefs darum, jene Staaten, die bisher wenige Migranten und Flüchtlinge aufgenommen haben, in die Verantwortung zu nehmen, um Deutschland zu entlasten. 

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