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Foto: Klaus Rainer Krieger
Foto: Klaus Rainer Krieger

Florian Niederlechner im offiziellen Interview mit unserem Redakteur Marco Scheinhof. Den Inhalt des Gesprächs gab der FCA-Stürmer später allerdings nicht mehr zur Veröffentlichung frei.

FC Augsburg
09.01.2023

Ein Interview mit Florian Niederlechner, das geführt wurde, aber nie erscheinen wird

Von Marco Scheinhof

Plus Florian Niederlechner stellt sich in Algorfa einem Gespräch, zieht die Aussagen aber allesamt 26 Stunden später wieder zurück. Was steckt hinter diesem Entschluss des Stürmers?

Florian Niederlechner schließt sich der kleinen Gruppe an. Augen zu, Ball in die Höhe und mit geschlossenen Augen fangen. Niklas Dorsch, Daniel Caligiuri und Co-Trainer Jonas Scheuermann haben sich die spaßige Übung ausgedacht. Es wird viel gelacht – vor allem, als Niederlechner der Ball bei seinem Versuch auf den Kopf fällt. Die Stimmung ist auffällig gelöst, auch bei Niederlechner – obwohl der sich doch in einer so schwierigen Situation befindet.

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Florian Niederlechner verlässt den FC Augsburg nach vier Jahren

Der Stürmer hat kurz vor dem Abflug nach Spanien mitgeteilt, dass er den FC Augsburg spätestens im Sommer verlässt. Ab dem 1. Juli hat der 32-Jährige einen Vertrag bei Hertha BSC, die letzten Formalitäten waren am 2. Januar geklärt worden. Nach vier Jahren beim FCA wird für Niederlechner Schluss sein. Er wirkt in den Tagen von Spanien nach außen hin locker. Wie eigentlich immer. Am Donnerstag ist er bereit für ein Gespräch. Kurz vor dem Mittagessen sitzt er in der Lobby des Teamhotels. Er trägt kurze Hose und Team-Shirt. Es wird ein langes Interview, fast 30 Minuten. Eines allerdings, das nie erscheinen wird.

Niederlechner spricht über seine Beweggründe für den Wechsel nach Berlin und darüber, dass er sich derzeit in einer Zwickmühle befindet. Es sind klare Worte, auch gegenüber dem FCA, die er findet. Als das Interview vorbei ist, verabschiedet er sich mit Handschlag. Er muss zum Mittagessen, die Laune ist noch immer gut. Es besteht kein Zweifel, dass der Inhalt den Weg in die Öffentlichkeit finden wird. Auch später noch ist er davon überzeugt. Es dauert, bis alle Zitate abgetippt sind. Am Ende sind es mehr als zwei DIN-A4-Seiten. Niederlechner hatte ausführlich auf alle Fragen geantwortet.

Nach Interview: Autorisierung der Zitate ist im Profisport üblich

Verein und Spieler wollen noch einmal über die Zitate lesen, das ist im Profisport so üblich. Die Freigabe aber verzögert sich. Immer wieder wird sie auf Niederlechners Wunsch verschoben, bis in den nächsten Tag hinein. Kurz vor der ersten Einheit am Freitagvormittag scheint noch immer alles gut. 

Aber bevor die Mail mit der Autorisierung verschickt werden soll, kommt allerdings die Information, dass Florian Niederlechner alle Zitate zurückzieht. Dass er nicht möchte, dass sie veröffentlicht werden. Eine Entscheidung, die er wohl zusammen mit seinem Berater Ingo Haspel getroffen hat. Gut 26 Stunden später ist es so, als hätte das Gespräch nie stattgefunden. Kurze Zeit später kommt der Stürmer selbst und erklärt sich: „Das ist eine bewegende Situation für mich. Nach einer Nacht Schlaf habe ich festgestellt, dass gerade nicht der richtige Zeitpunkt für ein Interview ist.“

Wollte Florian Niederlechner Druck machen, um im Winter zu Hertha BSC zu wechseln?

Offenbar ist ihm über Nacht klar geworden, dass er mit seinen Aussagen Staub aufwirbeln würde. Aber warum war ihm das nicht sofort bewusst gewesen? Ein unverständlicher Vorgang für einen Fußballprofi, der genau weiß, mit wem er in diesem Moment geredet hat. Niederlechner ist für eine klare Meinung bekannt. Offenbar aber derzeit nicht bereit, dazuzustehen.

Eine Intention des Gesprächs könnte gewesen sein, dass er Druck aufbauen wollte, eventuell noch im Winter nach Berlin wechseln zu können. Möchte Hertha BSC den Angreifer nach dem Weggang von Davie Selke noch im Winter in die Hauptstadt holen, ist allerdings eine Ablösesumme fällig. Und der FCA bräuchte Ersatz und müsste bereit sein, einen Leistungsträger zu einem direkten Konkurrenten im Kampf gegen den Abstieg ziehen zu lassen.

Viele Argumente, die gegen einen sofortigen Wechsel sprechen, zumal Hertha-Manager Fredi Bobic geäußert haben soll, dass es kein Bestreben in diese Richtung gebe. Im Fußball aber ist nichts unmöglich.

Der FCA lässt Niederlechners Traum von den USA platzen

Schon vor einem Jahr gab es Unruhe um Niederlechner. Damals wollte er in die USA zu Chicago wechseln. Der FCA stimmte nicht zu, weil er auf Niederlechners Qualitäten nicht verzichten wollte. Sein großer Traum zerplatzte.

Im Sommer ergab sich eine neue Situation. Ein Verein war auf den FCA zugekommen und wollte Niederlechner holen. Da aber sagte offenbar der Stürmer Nein. Er blieb beim FCA und wird das wohl auch bis zum Saisonende tun. Die Situation ist recht klar: Niederlechner hat einen gültigen Vertrag in Augsburg, die FCA-Verantwortlichen bauen darauf, dass er den mit vollem Einsatz erfüllen wird. Sie waren Ende des vergangenen Jahres noch nicht bereit gewesen, ein Gespräch über die Zukunft zu führen. Sie wollten abwarten, wie sich der Stürmer in der Rückrunde präsentiert, und dann entscheiden, ob sie den Vertrag verlängern. Niederlechner wollte früher Klarheit.

Die hat er nun mit Berlin. Bei Hertha hat er einen Zwei-Jahres-Vertrag unterschrieben, der ihm die gewünschte Sicherheit bietet. Seine Familie wird er mit in die Hauptstadt nehmen und dort auf seinen ehemaligen Mitspieler Marco Richter treffen. Niederlechner muss nun eigentlich zwei Teams im Kampf gegen den Abstieg die Daumen drücken. Eine Frage ist: Wie verhält er sich im direkten Duell FCA gegen Hertha?

FCA-Trainer Enrico Maaßen baute ab Bremen auf Florian Niederlechner

Zu Saisonbeginn war Niederlechner meist auf der Bank gesessen. Wenn er nicht spielt, kann er unangenehm werden, ist zu vernehmen.

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Foto: Klaus Rainer Krieger
Foto: Klaus Rainer Krieger

Enrico Maaßen gibt Anweisungen im Trainingslager.

Ab der Partie in Bremen setzte ihn Trainer Enrico Maaßen ein. Und wird das wohl auch in der Rückrunde tun, wenn sich der Stürmer ordentlich verhält. Ob er das tut? Auch darüber hatte er gesprochen – aber nicht gewollt, dass dies veröffentlicht wird.

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