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Gasumlage: Die Heizsaison wird teuer

Gasumlage

Die Heizsaison wird teuer

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    Eine befristete Gas-Umlage soll Gasversorgern zugute kommen. Für die Verbraucher bedeutet die Maßnahme eine Mehrbelastung.
    Eine befristete Gas-Umlage soll Gasversorgern zugute kommen. Für die Verbraucher bedeutet die Maßnahme eine Mehrbelastung. Foto: Bernd Weißbrod, dpa/Illustration

    Die Höhe der

    steht fest. Sie wird bei 2,419 Cent pro Kilowattstunde liegen und soll zum 1. Oktober eingeführt werden. Das Wirtschaftsministerium war zuvor von einer Spanne von 1,5 bis 5 Cent je Kilowattstunde ausgegangen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte in der mehrwöchigen Vorbereitungsphase eine Spannbreite von 1,5 bis 5 Cent genannt. Kanzler Olaf Scholz (SPD) stellte zuvor eine Umlage in Höhe von zwei Cent in Aussicht. Die Umlage soll auf der Gasrechnung gesondert ausgewiesen werden. Wenn sie denn dort überhaupt auftaucht. Denn die Energieversorger müssen die Umlage nicht zwingend erheben.

    Gasumlage: Das steckt dahinter

    Die Energiekonzerne Shell und RWE haben bereits angekündigt, sie nicht in Anspruch zu nehmen. Offen ist noch, ob auf die Umlage Mehrwertsteuer anfällt. Die sogenannte Gasbeschaffungsumlage soll Energieimporteure entlasten, die ihre Bestandsverträge mit den Gasmengen, die sie eigentlich aus Russland erhalten sollten, nicht mehr erfüllen können. Sie müssen sich die benötigten Gasmengen auf dem sogenannten Spotmarkt kaufen: Wie Aktien wird Gas an verschiedenen Börsen gehandelt, die Preise sind tagesaktuell und können erheblich schwanken.

    Das Gas ist dadurch in der Regel teurer als bei langfristigen Verträgen, und diese zusätzlichen Kosten können ab dem 1. Oktober zu 90 Prozent geltend gemacht werden. Die Regierung hätte laut Gesetz einerseits die Möglichkeit gehabt, die konkreten Kosten pro Importeur beziehungsweise Versorger an die jeweiligen Kunden weiterzugeben. Sie entschied sich stattdessen für die zweite Möglichkeit: Eine Umlage, um die Last auf möglichst viele Schultern zu verteilen.

    Gasumlage: Vieles ist noch ungeklärt

    Viele Fragen sind noch offen. Bislang konnte das Wirtschaftsministerium nicht abschließend beantworten, ob die Umlage auch auf Flüssiggas (LPG, Liquefied Petroleum Gas) erhoben wird. LPG wird vor allem bei der Öl-Raffination gewonnen. Auf Anfrage erklärte das Ministerium, solche Überlegungen gebe es derzeit nicht. Eine Sprecherin schloss das gleichzeitig aber auch nicht aus.

    Ramona Pop, Chefin des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, kritisierte, dass auch noch nicht geklärt sei, „ob Haushalte und Unternehmen mit Festpreisverträgen und mit Fernwärmeversorgung die Umlage zahlen müssen, oder ob andere Haushalte die Mehrbelastung zusätzlich tragen müssen“. Ungeklärt sei zudem, wie und mit welchen Fristen die Energieversorgungsunternehmen diese Preiserhöhung an ihre Kundinnen und Kunden weitergeben können. Pop forderte die Regierung deshalb auf, den Stichtag zur Erhebung der Umlage um einen Monat auf den 1. November zu verschieben.

    Lindner will die Mehrwertsteuer auf die Gasumlage verhindern

    Offen ist außerdem, ob auf die Umlage eine Mehrwertsteuer anfällt. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat mehrfach seine Entschlossenheit bekräftigt, dass er die Mehrwertsteuer verhindern oder mindestens abmildern will. Angeblich zwingt die Mehrwertsteuersystemrichtlinie der EU die deutsche Regierung dazu, die Umsatzsteuer zu erheben. Sie trat 2006 in Kraft und versucht in 414 Artikeln und mehreren Anhängen, die nationalen Umsatzsteuergesetze zu vereinheitlichen.

    Im Zweifel sticht die Mehrwertsteuersystemrichtlinie nationales Recht aus. Lindners Experten haben bisher offenbar keine juristische Handhabe gefunden, der FDP-Politiker muss sich aufs Bitten verlegen. In einem Brief an Finanzkommissar Paolo Gentiloni weist er darauf hin, dass eine Mehrwertsteuer auf staatlich erhobene Abgaben die Preise in die Höhe treibe und „auf zunehmenden Widerstand in der Bevölkerung“ stoße. Dies „besonders in der aktuellen, außergewöhnlichen Situation.“ Die EU möge doch in diesem Fall deshalb bitte auf die Steuererhebung verzichten.

    Ermäßigter Mehrwertsteuersatz als Alternative?

    Im Raum steht dem Vernehmen nach zudem die Prüfung, ob alternativ der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent angewendet werden kann. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt mahnte in der Bild am Sonntag bereits, die Mehrwertsteuer dürfe „nicht zum zusätzlichen Preistreiber bei der Gasumlage werden“. Wenn sich die Bundesregierung „nicht zutraut, den Mehrwertsteuer-Verzicht europäisch durchzusetzen, sollte die Gasumlage schlicht um 20 Prozent reduziert werden, um Zusatzbelastungen zu verhindern“, schlug der Chef der CSU-Abgeordneten im Bundestag vor. Im Ergebnis würden die Verbraucher dann so viel bezahlen, wie sie ohne Mehrwertsteuer bezahlen müssten.

    Zusätzliche Gasspeicherumlage erwartet

    Neben der Gasbeschaffungsumlage kommt auf die Verbraucherinnen und Verbraucher auch noch eine Gasspeicherumlage zu. Sie ist Teil des Energiewirtschaftsgesetzes und ermöglicht dem für den europäischen Gasmarkt verantwortlichen Unternehmen Trading Hub Europe (THE), also sogenanntem Marktgebietsverantwortlichen, Entgelte zur Speicherbefüllung umzulegen. Die Höhe ist noch nicht bekannt, die Speicherumlage wird aber deutlich niedriger ausfallen als die Beschaffungsumlage und sich eher im Zehntel-Cent-Bereich bewegen.

    Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) will die Mehrwertsteuer auf die Gasumlage verhindern oder mindestens abmildern.
    Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) will die Mehrwertsteuer auf die Gasumlage verhindern oder mindestens abmildern. Foto: Francois Mori, AP/dpa

    Hintergrund ist, dass die Gasspeicher in Deutschland zum 1. September zu 75 Prozent, im Oktober zu 85 und im November zu 95 Prozent gefüllt sein müssen. Der THE, die nicht gewinnorientiert arbeiten darf, entstehen dadurch zusätzliche Kosten. Diese sind allerdings immer mit den Erlösen durch den Verkauf des Gases zu verrechnen. Da die Preise eher weiter steigen, kann beim Verkauf des Speichergases ein höherer Preis erzielt werden als zum Zeitpunkt der Einlagerung in den Speicher. „Genau in so einer Situation, die momentan der Regelfall ist, gehen wir nicht davon aus, dass so eine Umlage im Moment eine relevante Größe erreicht“, sagte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums.

    Immobilienunternehmen und Chemie-Industrie fordern finanzielle Unterstützung

    Der Verband der Wohnungs- und Immobilienunternehmen forderte eine Unterstützung von finanziell stark belasteten Wohnungsunternehmen und Mieterhaushalten. „Durch die Gasumlage verschärft sich die finanzielle Belastung“, erklärte der Präsident des Verbandes GdW, Axel Gedaschko. Die Umlage komme zu den ohnehin steigenden Gaspreisen noch hinzu. Zunächst seien die Wohnungsunternehmen unmittelbar betroffen. „Denn sie müssen die stark steigenden Kosten durch deutlich höhere Zahlungen an die Versorger jetzt schon vorfinanzieren“, sagte er.

    Die deutsche Chemie-Industrie sieht sich mit der geplanten Gasumlage stark herausgefordert. Auf die Branche kämen zusätzliche Belastungen von mehr als drei Milliarden Euro zu, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes VCI, Wolfgang Große Entrup. Die Umlage müsse durch staatliche Zuschüsse möglichst gering gehalten werden. (mit dpa)

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