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Lehrstellenoffensive: Ausbildung in einem Start-up: Diese Chancen gibt es in neuen Betrieben

Lehrstellenoffensive

Ausbildung in einem Start-up: Diese Chancen gibt es in neuen Betrieben

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    Die Wärmepumpe ist eingebaut, die Arbeit getan: Silas Struzyna, 16, macht eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker bei Marc Schinke.
    Die Wärmepumpe ist eingebaut, die Arbeit getan: Silas Struzyna, 16, macht eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker bei Marc Schinke. Foto: Michael Kerler

    Im neuen Zweifamilienhaus in der Nähe von Sulzberg im Allgäu werden es die Bewohner eines Tages mollig warm haben, und das klimafreundlich noch dazu. Eingebaut wird eine zeitgemäße Luft-Wärmepumpe, die auch die Energie der Umwelt zum Heizen nutzt. Dafür die Rohre für den Technikraum zuzuschneiden, zu verlegen und später zu isolieren, das ist unter anderem eine Aufgabe von Silas Struzyna, 16, der gerade eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker macht. Das Besondere: Er lernt in einem Handwerksbetrieb, der zum ersten Mal ausbildet.

    Marc Schinke, 37, hat seinen Betrieb „Schinke Heizung Sanitär“ im November 2021 eröffnet. Das Unternehmen konzentriert sich auf die Wasserinstallation und Heizungen in Neubauten, die Sanierung von Bädern und den Heizungsaustausch in Altbauten, sei es Solar, Photovoltaik, Pufferspeicher, Batteriespeicher, Hackschnitzel oder Pelletöfen. Aktiv ist er für Privatleute, Gewerbe und Kommunen. Schinke hatte 2003 eine Lehre zum Installateur absolviert, 2009 machte er seinen Meister. Der 37-Jährige arbeitete elf Jahre als Projektleiter, dann entschloss er sich, sein eigenes Unternehmen zu gründen. „Ich arbeite gerne“, sagt er. „Für mich war immer klar, dass ich einen eigenen Betrieb gründen will, wenn ich meinen Meister mache“, sagt er. 

    Der Azubi bekommt bei „Schinke Heizung Sanitär“ einen Pkw

    Inzwischen hat Marc Schinke zwei Gesellen als Beschäftigte, dazu drei Minijobber, seine Frau macht die Buchhaltung. Und seit September 2022 bildet er mit Silas Struzyna nun seinen ersten Mitarbeiter selbst aus. Der Vorteil für den Betrieb besteht darin, dass die Auszubildenden genau die Handgriffe und Qualifikationen erlernen, die das Unternehmen braucht. Durch den Fachkräftemangel sind auch Azubis begehrt. Darum bietet Marc Schinke ein Extra mehr: Sein Azubi bekommt einen 45-km/h-Pkw, sobald er den entsprechenden Führerschein hat. Der Chef ist sehr zufrieden mit den Erfahrungen, die er als Ausbildungsbetrieb macht: Kommenden September würde Marc Schinke gerne weitere Auszubildende einstellen. 

    Auch Silas Struzyna sieht Vorteile, seine Lehre in einem Betrieb zu machen, der zum ersten Mal ausbildet. „Man kann mehr lernen als einem Betrieb, in dem sich der Ausbilder um mehrere Kräfte kümmern muss“, sagt er. Dass das Unternehmen aus Riedis bei Sulzberg das richtige für ihn ist, hat er in zwei Wochen Praktikum ausgetestet. „Es hat mir damals sehr gut gefallen“, erinnert er sich. 

    Die Handwerkskammer überprüft die Qualität der Ausbildungsbetriebe

    Eine Lehre bei einem Start-up ist im Handwerk gar nicht so selten: „Jedes Jahr kommen zahlreiche Handwerksbetriebe auf unsere Ausbildungsberatung zu, um sich als Ausbildungsbetrieb eintragen zu lassen“, sagt Mirjam Schmid von der Handwerkskammer für Schwaben. „Die Betriebe nutzen die Möglichkeit zur Ausbildung, um dem Fachkräftemangel entgegenzutreten und passende Mitarbeiter:innen für ihren Betrieb zu erhalten“, sagt sie. 

    Auch die Qualität der Ausbildung sei gesichert: „Ein neu gegründeter Betrieb, der zum ersten Mal ausbildet, muss sich als anerkannter Ausbildungsbetrieb eintragen lassen“, sagt Schmid. „In der Erstausbildungsberatung wird die betriebliche und fachliche Eignung überprüft.“ Es würden alle Informationen durchgesprochen, die für die Ausbildung wichtig sind. Es geht um die Ausbildungsordnung, Pflichten während der Ausbildung, den Ausbildungsvertrag, Recht und mehr. Zusätzlich gebe es während des Ausbildungsjahres Seminare, um die Qualität der Lehre zu fördern, Leitfäden und Informationsmaterial. 

    Tubesolar in Augsburg will ab September erstmals Industriemechaniker ausbilden

    Erstmals ausbildende Betriebe gibt es auch in der Industrie. Das Unternehmen Tubesolar ist 2020 in Augsburg gestartet, es stellt besondere, röhrenförmige Solarmodule her. Diese lassen den Regen hindurch und sind geeignet, Felder zu überspannen und damit Ackerbau und Stromerzeugung gleichzeitig zu ermöglichen. Das Unternehmen leistet damit einen Beitrag zum Umweltschutz, hat inzwischen rund 130 Beschäftigte und startet derzeit mit der Serienproduktion. Nun wird Tubesolar auch ausbilden. 

    Im September starten ein bis drei Industriemechaniker und Industriemechanikerinnen ihre Ausbildung bei Tubesolar, das dabei auch mit dem erfahrenen Ausbildungsbetrieb MAN Energy Solutions kooperiert. Nach der Ausbildung können die Industriemechaniker beispielsweise in der Fertigung eingesetzt werden. Die Auszubildenden lernen, die Maschinen zu fahren und Fehler zu beheben. „Da wir auch eigene Maschinen bauen, erhält man auch Erfahrungen im Maschinenbau“, erklärt Technik-Vorstand Jürgen Gallina. Das Unternehmen will schrittweise ein Ausbildungssystem aufbauen, das noch andere Berufe umfasst. 

    Tubesolar stellt besondere Solarmodule her und bildet zum ersten Mal aus. Links Technik-Vorstand Jürgen Gallina, rechts Finanz-Vorstand Felix Mantke.
    Tubesolar stellt besondere Solarmodule her und bildet zum ersten Mal aus. Links Technik-Vorstand Jürgen Gallina, rechts Finanz-Vorstand Felix Mantke. Foto: Ulrich Wagner

    Die IHK berät jedes Jahr 250 Betriebe, die erstmals ausbilden

    Im vergangenen Jahr zählte allein die Industrie- und Handelskammer Schwaben über 250 Betriebsbesuche bei Unternehmen, die zum ersten Mal ausbilden wollten. Die IHK prüft, ob sie dafür die Eignung haben. Zum einen ist wichtig, dass die technischen Voraussetzungen vorhanden ist, zum Beispiel eine CNC-Fräse für den Beruf des Industriemechanikers. Zum anderen brauchen die Ausbilderinnen und Ausbilder eine Qualifikation zum Ausbilden. Neben der fachlichen Eignung müssen sie eine arbeitspädagogische Qualifikation nachweisen, erklärt Anja Heusel, Leiterin des Teams Bildungsberatung an der IHK. Dies geschieht mit einem Ausbilderschein (AdA-Schein, die „Ausbildung der Ausbilder“). 

    Was aber machen Bewerberinnen und Bewerber, wenn sie es mit einem Betrieb zu tun haben, der zum ersten Mal ausbildet? Wie kann man diesen einschätzen? „Am besten ist es, ein Praktikum zu machen und sich den Betrieb eine Woche lang anzusehen“, rät Anja Heusel. „Dann bekommt man einen Eindruck von der Tätigkeit wie von der Atmosphäre im Betrieb.“

    Tipp: Im Rahmen unserer Lehrstellenoffensive stellen wir seit dem 25. Februar 2023 interessante Berufe rund um das Klima, Energie und Nachhaltigkeit vor. Freie Stellen findet Ihr über die LEO am 25. März 2023.

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