i
Foto: Alexander Kaya (Archivbild)
Foto: Alexander Kaya (Archivbild)

Unangemeldete Demo wie diese finden in Ulm regelmäßig statt. Auch in Senden gab es schon Corona-Proteste.

Senden
25.01.2022

Stadtrat kritisiert die Vereinnahmung der Corona-Proteste durch rechte Gruppen

Von Franziska Wolfinger

Plus Gruppen wie "Der dritte Weg" und die NPD mischen bei den als "Spaziergänge" bezeichneten Corona-Demos mit. Das wollen die Sendener Bürgermeisterin und Mitglieder des Stadtrats nicht weiter akzeptieren.

Die Sendener Stadträte mögen sich bei einigen ihrer Entscheidungen uneinig sein, gerade wenn es um teure Bauprojekte wie die neue Grundschule geht. Doch beim Thema "Spaziergänge" - also die unangemeldeten Demos von Gegnern der Corona-Maßnahmen - sind sich alle Fraktionen einig und unterschrieben gemeinsam mit Bürgermeisterin Claudia Schäfer-Rudolf einen offenen Brief. Darin finden sie sehr deutliche Worte.

Weiterlesen mit dem PLUS+ Paket
Zugriff auf alle PLUS+ Inhalte. Jederzeit kündbar.
JETZT AB 0,99 € TESTEN

Unter anderem steht in diesem Brief: "Jeder, der sich den „Spaziergängen“, sei es in Senden oder anderswo, anschließt, muss sich dessen bewusst sein, dass er damit – auch ungewollt – rechtsextremistische Gruppen und ihre politische Haltung unterstützt."

Seit Wochen marschieren Maßnahmenkritiker in unangemeldeten Demos zu Tausenden durch Ulm, auch in Illertissen sind jeden Sonntag mehrere Hundert Menschen auf der Straße. Von diesen Dimensionen ist man in Senden weit entfernt, dennoch gebe es solche Aktionen auch in dieser Stadt. Die Kritik von Bürgermeisterin und Stadträtinnen sowie Stadträten richtet sich dabei vor allem gegen die Vereinnahmung dieser Proteste durch rechte Gruppen.

Freie Meinungsäußerung und Diskussion über Corona-Maßnahmen müssen möglich sein

Die Bürgermeisterin und der Stadtrat seien dankbar, dass die demokratische Grundordnung Deutschlands die Meinungsfreiheit garantiere. Sie könnten verstehen, dass die nun schon lange währende Pandemie und die dagegen ergriffenen Maßnahmen Einschränkungen bedeuten, die bei vielen Menschen Verunsicherung oder gar Frust auslösten, schreiben sie. Und: Diskussionen über diese Maßnahmen müssten immer möglich sein.

"Was wir allerdings nicht akzeptieren können, ist die Vereinnahmung des Themas durch politische Kräfte des rechten Rands. So werden auch die Spaziergänge in der Region auf Internetseiten etwa des „Dritten Wegs“ und der NPD beworben und Bürgerinnen und Bürger zur Teilnahme aufgerufen", heißt es weiter in dem Brief. "Offen wird auf diesen Seiten gegen unseren Staat und die staatlichen Organe agitiert und rechtsextremistisches Gedankengut verbreitet. Die Zahl der Demonstranten und der 'Spaziergänge' wird offen in direkten Bezug zum Erfolg der eigenen staatsfeindlichen politischen Haltung gesetzt."

Lesen Sie dazu auch

Respektvoller Austausch statt anonym organisierte und unangemeldete Proteste

Man wende sich entschieden gegen den Versuch, aus den Sorgen der Bevölkerung politisches Kapital zu schlagen. Die Unterzeichner des offenen Briefes bekräftigen die Resolution gegen Extremismus, die 2004 in der Stadt unterzeichnet wurde. Sie plädieren für einen offenen und respektvollen Austausch aller statt der nicht angemeldeten und von anonymen Strippenziehern organisierte Protestveranstaltungen.

Der offene Brief aus Senden reiht sich ein in die aktuelle Serie an Gegenprotesten, die mit einer von Ulmer Medizinstudenten organisierten Demo gegen die "Spaziergänger" begann. Am vergangenen Samstag kamen dann 6000 Menschen zu einer Kundgebung in Ulm zusammen, bei der sie gegen Hass und Hetze demonstrierten. Doch so offen hat bislang noch kein Politiker aus der Region die Vereinnahmung des Themas durch Rechts angesprochen und kritisiert.

Facebook Whatsapp Twitter Mail