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Foto: Suat Corlu (Archiv)
Foto: Suat Corlu (Archiv)

Die in der Türkei angeklagte deutsche Journalistin Mesale Tolu darf das Land nach eigenen Angaben verlassen.

Ulm/Neu-Ulm
21.08.2018

Wie Ulm und Neu-Ulm Mesale Tolu empfangen wollen

Von Sebastian Mayr

Unterstützer wollen die Journalistin Mesale Tolu vom Flughafen abholen. Und Oberbürgermeister Gunter Czisch macht ein Angebot.

Wenn am Sonntagmittag die Maschine der türkischen Pegasus Airlines in Stuttgart landet, dürften einige Urlauber an Bord des Flugzeugs sein. Mesale Tolu kommt nicht von einer Reise zurück, sondern von einem monatelangen Zwangsaufenthalt. Die Journalistin aus Neu-Ulm saß von Ende April bis Mitte Dezember in Untersuchungshaft in Istanbul. Anschließend war sie zwar frei, durfte die Türkei aber nicht verlassen. Diese Ausreisesperre hat ein türkisches Gericht nun aufgehoben. Am Sonntag kehren Tolu und ihr dreijähriger Sohn Serkan zurück nach Deutschland. Freunde, Familie und Unterstützer wollen sie am Flughafen empfangen und nach Ulm begleiten.

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Mesales Bruder Hüseyin Tolu sagte dem Bayerischen Rundfunk , er freue sich sehr darüber, seine Schwester nach mehr als einem Jahr wieder persönlich sehen zu dürfen – auch wenn ihn der schnelle Wandel der türkischen Justiz stutzig mache. Entsprechende Anträge von Tolus Anwältin Kader Tonc wurden seit April immer wieder abgelehnt.

Der Prozess gegen Mesale Tolu geht in der Türkei weiter

Baki Selcuk ist Sprecher des Ulmer Solidaritätskreises "Freiheit für Mesale Tolu". Er hat mit der Journalistin und ihrem Vater Ali Riza Tolu gesprochen. Ali Riza freut sich sehr", berichtet Selcuk. Der Vater wisse nicht, wie es zu der plötzlichen Entscheidung des Gerichts gekommen sei – und wie es nun weitergeht. "In der Türkei ist immer mit allem zu rechnen. Mal ist es die politische Situation, mal ist es Willkür", sagt Selcuk. Am Freitag hat der Sprecher von Mesale Tolu die Nachricht erfahren, am Wochenende hat der Solidaritätskreis die erste Entscheidung getroffen: Die Freunde wollen Tolu vom Flughafen abholen.

Alles Weitere soll in den kommenden Tagen festgelegt werden. Zum Beispiel, wie die Aktion der Unterstützer am ersten Freitag im September abläuft. An diesem Tag wollte sich der Kreis wie jeden Monat beim Münsterplatz treffen, um für eine Rückkehr Tolus nach Deutschland zu demonstrieren. Absagen wollen die Unterstützer dieses Treffen auf keinen Fall: "Der Prozess ist ja noch nicht vom Tisch, sondern er geht weiter. Ihr drohen weiterhin Haftstrafen." Zudem dürfe Tolus Ehemann Suat Corlu die Türkei weiterhin nicht verlassen.

Oberbürgermeister Gunter Czisch will Mesale Tolu ins Rathaus einladen

Als Tolu im Dezember aus dem Frauengefängnis entlassen wurde, hatte sie noch angekündigt, dass die Familie unbedingt zusammenbleiben will. Nun kommen Mesale Tolu und der dreijährige Serkan ohne Ehemann und Vater Suat Corlu nach Deutschland – wohl auch, weil sich die politischen Verhältnisse in der Türkei weiter verschärft haben.

Die Oberbürgermeister von Ulm und Neu-Ulm, Gunter Czisch und Gerold Noerenberg, äußerten sich erfreut über die anstehende Rückkehr von Mesale Tolu. "Wir freuen uns sehr, dass sie nach Hause kommen kann", sagt Czisch. Er werde Kontakt zur Familie aufnehmen und Tolu ins Ulmer Rathaus einladen. Am wichtigsten sei aber, dass sie mit ihrer Familie und ihren Freunden zusammenkomme. "Jetzt hoffen wir, dass ihr Mann auch bald frei kommt", sagt Czisch unserer Redaktion. Er vermutet, dass die Ausreisesperre aufgehoben wurde, weil die Türkei außenpolitisch stärker unter Druck geraten ist: "Egal warum, wichtig ist, dass sie jetzt nach Hause kommen kann."

Czischs Neu-Ulmer Amtskollege Noerenberg hofft, dass die Rückkehr für Tolu eine Stütze dabei sein kann, Belastungen zu verarbeiten. "Ich wünsche Frau Tolu alles Gute und hoffe, dass sie bald wohlbehalten in unsere Doppelstadt zurückkehren kann", ergänzt er. Noerenberg erinnert daran, dass der Prozess gegen die Journalistin weiterläuft. Der Neu-Ulmerin, die in der Türkei als Journalistin und Übersetzerin für eine linke Nachrichtenagentur gearbeitet hat, wird "Terrorpropaganda" und "Mitgliedschaft in einer Terrororganisation" vorgeworfen. Noerenberg fordert, dass der Prozess nach rechtsstaatlichen Prinzipien ablaufen muss.

Ob es auch ein Treffen zwischen Tolu und Vertretern der Stadt Neu-Ulm geben soll, stehe noch nicht fest, sagte eine Stadtsprecherin auf Anfrage.

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