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Stammzellenspende rettet Leben und führt zu langer Freundschaft

Königsbrunn

Er rettete einer Frau durch Stammzellenspende das Leben – bis heute sind sie befreundet

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    Rainer Scheuringer hat durch seine Stammzellenspende das Leben einer Frau gerettet.
    Rainer Scheuringer hat durch seine Stammzellenspende das Leben einer Frau gerettet. Foto: Sarah Schöniger

    Fein säuberlich hat Rainer Scheuringer alle Unterlagen abgeheftet. Jedes Schreiben der Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS), die Bahn- und Flugtickets und die Briefe der Frau, deren Leben er gerettet hat. Vor 22 Jahren spendete der Königsbrunner Stammzellen. Die Empfängerin, eine damals 62-jährige Frau, besiegte so ihre Leukämie. Später wollte die Frau ihren Retter kennenlernen. Daraus entstand eine tiefe Freundschaft - und ein 20 Jahre alter Insider-Witz, der zwölf Flaschen Wein enthält.

    Angefangen hatte das „Abenteuer“, wie Scheuringer die Stammzellenspende bezeichnet, am 28. Februar 2003. Der damals 41-Jährige erhielt einen Brief der DKMS. Er komme für eine Stammzellenspende infrage. „Die Registrierung war einige Jahre zuvor. Da habe ich gar nicht mehr dran gedacht, dass ich da irgendwann mal infrage käme“, erinnert er sich. Nachdem er eine zweite Blutprobe abgegeben hatte, kam die Antwort: Er ist der richtige Spender. Im Mai ging es los. „Damals gab es nur drei Zentren, Hameln, Nürnberg und Dresden“, erklärt er. Weil das Spendezentrum in Nürnberg zu diesem Zeitpunkt ausgelastet war, musste er für die Hauptuntersuchung nach Dresden fliegen. Zwei Wochen später, am 26. Mai, sollte dort die Stammzellenspende stattfinden.

    Rainer Scheuringer hätte den Flug nach Dresden zum Spendezentrum beinahe verpasst

    Bis dahin verlief alles reibungslos, erinnert sich Scheuringer. Die Voruntersuchung seines Blutes zeigte sehr gute Werte. Und auch das Mittel Granocyte, das er sich eine Woche vor der Stammzellenspende spritzen musste, habe er gut vertragen. „Ich habe das Knochenmark erst aktivieren müssen“, erklärt er die Prozedur. „Damit das die Stammzellen im Mark anregt und in die Blutbahn schwemmt.“ Stressig wurde es erst am Spendentag: „Ich wäre ja fast verhindert gewesen, weil ich fast das Flugzeug verpasst hätte.“ Der Zug, mit dem er zum Flughafen fahren wollte, hatte Verspätung. Sein Flug wurde bei Ankunft schon ausgerufen. An der Sicherheitskontrolle das nächste Hindernis: „Im Handgepäck habe ich noch ein kleines Taschenmesser drin gehabt.“ Das habe er weggeworfen. „Dann bin ich rauf ins Flugzeug und dann haben sie schon zugemacht.“

    Noch rechtzeitig kam er zur Stammzellenspende. „Das war wie eine Blutspende“, sagt er. „Das Blut läuft aber nicht in einen Beutel, sondern in eine Zentrifuge.“ Durch die Zentrifugalkraft wird das Blutplasma, in dem sich die Stammzellen befinden, vom restlichen Blut getrennt. „Und das, was dann nicht gebraucht wird, kommt in den anderen Arm wieder rein.“

    Nach der Spende erhält er Updates zum Gesundheitszustand der Empfängerin

    Erst am 18. September kam die erlösende Nachricht: „Ihrer Patientin geht es gut. Die Stammzellen haben die Funktion der Bildung gesunder Blutzellen aufgenommen.“ Es war ein fantastisches Gefühl, das zu lesen, erinnert Scheuringer sich. Die Frau persönlich kennenzulernen, kam ihm damals nicht in den Sinn. In den ersten zwei Jahre soll kein Kontakt zur Spendenempfängerin aufgenommen werden, sagt er: „Wenn man sie kennenlernt und dann stirbt sie vielleicht.“ Er unterbricht. „Das wäre dann sehr tragisch.“ Durch die regelmäßigen Updates der DKMS zum Gesundheitszustand habe er sich trotzdem immer wieder gefragt, wer sie wohl sei.

    Den ersten Brief bewahrt Rainer Scheuringer in einem Ordner auf.
    Den ersten Brief bewahrt Rainer Scheuringer in einem Ordner auf. Foto: Sarah Schöniger

    Dann kam 2005 ein Brief der Empfängerin an. Sie wollte Scheuringer kennenlernen. Der Anruf ein paar Tage später sei trotzdem überraschend gewesen. Tränen treten ihm in die Augen, als er davon erzählt. Sie hatte über vieles gesprochen. Über die Familie, die Arbeit, den Wohnort. Doch eines ist ihm besonders im Gedächtnis geblieben. Sie sagte, dass seine Blutwerte ausgezeichnet waren. „Dann hab ich erwähnt, dass die Leberwerte nicht so gut sind, weil ich gerne einen Wein trinke.“ Er lacht laut. „Seit diesem Jahr kriege ich jedes Jahr zu Weihnachten sechs Flaschen Wein geschickt. Und zum Geburtstag auch.“

    2006 treffen sich Spender und Empfängerin erstmals in Königsbrunn

    Er holt ein schon leicht vergilbtes Bild aus dem Unterlagenordner. „Das war im September 2006.“ Es zeigt die Empfängerin, ihren Ehemann, Scheuringer und seine Frau beim ersten Treffen. Nach einem Urlaub am Chiemsee besuchte die Frau, die sich noch von der Krebserkrankung erholte, gemeinsam mit ihrem Mann die Familie in Königsbrunn. Später reisten Scheuringer und seine Familie in die Nähe von Mannheim, um das Paar wiederzusehen. Aus den Telefonaten, Briefen und Treffen entstand eine tiefe Freundschaft, die andauert. Heute ist Rainer Scheuringer 63 Jahre alt, die Stammzellenempfängerin 84. Der Krebs ist nicht mehr zurückgekommen. Deshalb rät Schauringer nachdrücklich, sich registrieren zu lassen und regelmäßig Blut zu spenden. Das könne Leben retten. Für ihn ist klar: „Ich würde es jederzeit wieder machen.“

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