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Foto: Marcus Merk
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Alternativen zum A: Im Kreis Augsburg sind auch die Kennzeichen-Kürzel SMÜ oder WER möglich.

Landkreis Augsburg
01.07.2022

Auf den Nummernschildern leben die alten Landkreise fort

Von Christoph Frey, Maximilian Czysz

Plus 50 Jahre Landkreis Augsburg: Das sind sechs Landkreise, drei Autokennzeichen und eine Geburtstagsfeier.

Und es gibt ihn doch noch – den vor 50 Jahren von der Landkarte verschwundenen Landkreis Schwabmünchen. Sein "SMÜ" lebt auf fast 10.000 Kraftfahrzeugen fort, die im Kreis Augsburg zugelassen sind.

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Möglich machten es eine Gesetzesänderung und eine Unterschriftensammlung im südlichen Landkreis, die vor gut fünf Jahren bei Landrat Martin Sailer Eindruck hinterließ. Folge: Seit März 2017 können Bürger des Landkreises Augsburg zwischen drei Autokennzeichen wählen: Dem angestammten A sowie dem SMÜ und dem WER für die bei der Gebietsreform untergegangenen Kreise Schwabmünchen und Wertingen. Das WER übrigens ist im Gegensatz zum SMÜ im Augsburger Land nicht so sonderlich gefragt: Nur gut 200 automobile Exemplare schmückt es.

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Foto: Marcus Merk
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Das WER-Kennzeichen haben nur wenige Autofahrer im Augsburger Land.

Die Mehrheit im Landkreis will das A auf dem Nummernschild

Die Mehrheit der Menschen im Augsburger Land fährt aufs A ab – auch wenn das bedeutet, dass sie mit den Autofahrern aus der Stadt Augsburg in einen Topf geworfen wird. Denen hatte die Versicherungswirtschaft ausweislich ihrer Schadensklassen jahrelang das Etikett angehaftet, zu den schlechtesten Autofahrern Deutschlands zu zählen. Der Liebe zum A hat das offenbar nicht geschadet.

Die Beziehungen zwischen Stadt und Altlandkreis Augsburg waren schon von jeher eng. 1969 – drei Jahre vor der Gebietsreform – hatten sich Stadt und Land auf ein Abenteuer mit damals unabsehbaren Folgen eingelassen. Bau und Betrieb des Zentralklinikums, der heutigen Uni-Klinik, verschlangen Hunderte von Millionen. Der Landkreis Augsburg in seiner alten Form hätte diese Lasten niemals stemmen können – gut also, dass mit der Gebietsreform Einwohner und Einnahmen dazu kamen. Davon ist Max Strehle überzeugt. Der frühere Vize-Landrat und Landtagsabgeordnete begann in dem vor 50 Jahren neu gewählten Kreistag seine Politiker-Karriere. Vertreten waren in dem 70-köpfigen Gremium vier Parteien (CSU, SPD, FW und FDP). Nach Geschlechtern: 68 Männer und zwei Frauen.

"Südstaatler" hielten zusammen

Die Trennlinien verliefen anfangs jedoch weniger zwischen den Parteien, sondern den Regionen. "Die Südstaatler haben zusammengehalten", sagt Strehle. Das ging schon bei den Wahlen los. Die Wähler aus dem Altlandkreis Schwabmünchen stellten nur ein Drittel der Wahlberechtigten, pickten sich aber ihre Kandidaten so gezielt heraus, dass diese am Ende fast die Hälfte der Kreisräte stellten. Auch die Chefs kamen aus dem Süden: Zunächst der 1987 verstorbene Franz Xaver Frey, danach Karl Vogele.

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Vogele erinnert sich an die Geburt des Landkreises. "Sie war ganz schwer." Im Großraum Augsburg habe es widerstrebende Interessen gegeben. Die verschiedensten Zuschnitte für einen neuen Landkreis seien damals diskutiert worden. Ein Denkmodell habe zum Beispiel vorgesehen, dass sich Augsburg vergrößert und 35 Gemeinde aus dem Umland einverleibt. Als Folge habe das Umland befürchtet, zu einem "Armenhaus" zu werden. Doch so kam es nicht. Der Landkreis habe nach der Gebietsreform eine enorme Entwicklung genommen, sagt Vogele. Seinem Vorgänger Dr. Franz Xaver Frey sei es gelungen, viel Vertrauen über alle Mentalitäts- und Sprachgrenzen hinweg aufzubauen. Unter dem Strich sei die gesamte Metropolregion Augsburg gestärkt worden. "Es war ein Segen. Der Landkreis ist eine Erfolgsgeschichte", sagt Vogele.

Sein 50-jähriges Bestehen feiert der Landkreis Augsburg bis in den Herbst hinein mit einer Reihe von Veranstaltungen und Aktionen. Den Auftakt machte am Freitag eine Festsitzung des Kreistags mit dem Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Heinrich Bedford-Strohm.

So entstand der Landkreis Augsburg

Der Landkreis Augsburg, heute mit knapp 260.000 Einwohnern in 46 Kommunen Bayerns drittgrößter Landkreis, wuchs mit der Gebietsreform gewaltig: Gemeinden aus insgesamt sechs Landkreisen kamen zusammen: Neben Schwabmünchen (komplett) und Wertingen (große Teile) waren es Gemeinden aus den Kreisen Donauwörth und Neuburg im Norden sowie das kleine Traunried im Süden aus dem Kreis Mindelheim, das aber nur ein kurzes Gastspiel gab (bis 1978). 1994 schied sich Baar von Thierhaupten und wechselte in den Kreis Aichach-Friedberg. Die Städte Haunstetten und Göggingen sowie Inningen und Bergheim wurden vor 50 Jahren von der Stadt Augsburg eingemeindet. Der neue Landkreis Augsburg zählte vor 50 Jahren 170.000 Einwohner. 51 Prozent der Bewohner hatten schon zuvor im Kreis Augsburg gelebt, 34 Prozent in Schwabmünchen. Aus dem Altlandkreis Wertingen waren es zwölf Prozent, aus Neuburg knapp zwei und aus Donauwörth etwas mehr als ein Prozent. Zuletzt der Landkreis Mindelheim: 246 Menschen, entspricht 0,14 Prozent.

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