05.03.2008

"Mit Rummenigge bin ich gut zurechtgekommen"

Von Peter Kleist

"Es war eine tolle Zeit, und auch wenn ich dabei sicher keine Reichtümer verdient habe, möchte ich sie nicht missen." Nüchtern und ohne Pathos fällt das Fazit von Reinhard Kindermann aus, wenn man den bald 48-Jährigen nach seiner Zeit als Profifußballer fragt. Sieben Jahre lang - zwischen 1979 und 1986 - war der gebürtige Friedberger als Profi tätig, ein Jahr beim FC Augsburg, sechs Spielzeiten bei Eintracht Braunschweig.

99 Mal lief Kindermann in der ersten Liga auf, 95 Einsätze stehen in Liga zwei zu Buche. Insgesamt brachte es der defensive Mittelfeldspieler auf 14 Profitore - acht in Liga zwei, sechs in der deutschen Eliteklasse.

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Mit der Mär vom süßen, gut bezahlten und dann sorgenfreien Leben als Fußballer aber räumt der Automatenkaufmann schnell auf. "Wir haben damals einen Bruchteil dessen verdient, was heute gezahlt wird. Vielleicht war ich zur falschen Zeit Profi, aber ich kann mich nicht beklagen", so Kindermann. Allerdings war jeder seiner Verträge "leistungsbezogen" - "du musstest mindestens 25 Spiele bestreiten, um das volle Gehalt zu bekommen", berichtet Kindermann.

Die Liste seiner Gegenspieler liest sich wie das "who is who" des deutschen Fußballs: Der Friedberger hatte es im Eintracht-Dress mit Größen wie Karl-Heinz Rummenigge, Manni Burgsmüller, Horst Hrubesch, Rudi Völler, Lothar Matthäus, Jimmy Hartwig oder Uwe Reinders zu tun, auch Franz Beckenbauer und Manfred Kaltz zählten zu seinen Kontrahenten auf dem Platz. "Mein Kapital war die Fitness und die Schnelligkeit, ich musste nur selten grätschen", erzählt der vierfache Familienvater. "Mit Rummenigge bin ich immer gut zurechtgekommen, ich wusste, wie ich ihn packen muss. Dagegen hatte ich mit Uwe Reinders immer Schwierigkeiten", meint Kindermann schmunzelnd. Doch von den Topleuten hat nur einer gegen ihn ein Tor geschossen: Der spätere Bundestrainer Rudi Völler.

Begonnen hatte Kindermanns fußballerische Laufbahn 1968 beim TSV Friedberg in der E-Jugend - als 15-Jähriger wechselte das Riesentalent dann zum FC Augsburg. Zu diesem Zeitpunkt spielte der ehemalige Torjäger schon im Mittelfeld, ein Training bei der Bayernauswahl war schließlich ausschlaggebend für seine Laufbahn als Defensivspieler. "Da hatte mich der FCA offensichtlich als Abwehrspieler bei einem Lehrgang angekündigt und da musste ich gegen einen Jugendnationalspieler ran - der hat dann keinen Stich gemacht und seitdem war ich ein Defensivspieler", sinniert Kindermann. Ein Jahr spielte er beim FC Augsburg in der 2. Liga, dann nach dem Abstieg des FCA in der Bayernliga. 1980 entschied er sich zum Wechsel nach Braunschweig, das damals Siebter in der Bundesliga war. "Doch die sind noch in diesem Jahr abgestiegen, so dass ich in der 2. Liga Nord spielte", erzählt er. Braunschweig packte den direkten Wiederaufstieg. Im Aufstiegsspiel gegen Offenbach bereitete Kindermann beim 2:1 beide Tore vor - und flog vom Platz. "Da war ganz schön was los", meint er mit einem Lächeln.

Von Augsburg in den hohen Norden - Kindermann hat den Schritt nie bereut. "Meine Frau Hertha ist mitgegangen und ich habe mich da oben eigentlich immer wohl gefühlt", meint er. 1982 drohte ihm nach einem Kreuzbandriss fast die Sportinvalidität, doch er kämpfte sich zurück und blieb bis 1986 in Braunschweig - die letzte Saison in der zweiten Liga wurde "ich fast nur zu den Spielen eingeflogen" erinnert sich Kindermann.

1986/87 kehrte er nach Augsburg zurück, sein Arbeitgeber Peter Eiba startete mit ihm das Experiment BC Harlekin, später folgte Kindermann Eiba zu den Augsburger Schwaben. 1989 erlitt er seinen zweiten Kreuzbandriss, diesmal im linken Knie. In der Saison 1991/92 kehrte er zu seinem Heimatverein TSV Friedberg zurück und erlebte als Spieler alle Höhen und Tiefen - Aufstieg in die BOL, Abstieg, Wiederaufstieg - und als Trainer manch turbulentes Jahr. Die Aufstiegsrelegation zur Landesliga war sicher einer der Höhepunkte von Kindermanns Trainertätigkeit - 1998 scheiterte der TSV an Geretsried und Großhadern. Viereinhalb Jahre trainierte er den TSV, nach nunmehr fünf Jahren endet heuer im Sommer das Trainerengagement bei den Sportfreunden Friedberg. Was kommt dann? "Ich weiß es noch nicht", so Kindermann. Der Blick zurück auf seine Profizeit ist ein zufriedener. "Ich hatte das Glück, entdeckt zu werden. Was mich ein bisschen wurmt, ist die Tatsache, dass ich dreimal eine Einladung zur U21 absagen musste - und als ich in die B-Nationalelf berufen wurde, musste ich wegen einer Verletzung passen", erzählt Kindermann mit etwas Wehmut in der Stimme.

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