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Foto: Stefan Puchner (dpa)
Foto: Stefan Puchner (dpa)

Christian Kröner setzt sich seit Beginn der Corona-Impfkampagne für Impfungen ein. Nun ermittelt die Kripo wegen zahlreicher Bedrohungen im Netz gegen den Pfuhler Hausarzt.

Neu-Ulm
08.07.2021

Polizeischutz und Morddrohungen: Wie groß ist die Gefahr für Hausarzt Kröner?

Von Michael Kroha

Plus Weil er Kinder gegen das Coronavirus impft, erhält der Pfuhler Hausarzt Christian Kröner Morddrohungen. Die Abteilung Staatsschutz ermittelt.

Weil er in seiner Praxis im Neu-Ulmer Stadtteil Pfuhl Kinder und Jugendliche gegen das Coronavirus impft und öffentlich dafür wirbt, erhält Hausarzt Dr. Christian Kröner Morddrohungen. Davon einschüchtern lassen will er sich nicht. Vielmehr dankt er seinen Kontrahenten für die erneute Aufmerksamkeit. Doch wie groß ist die Gefahr für den "Impfluencer"? Ein Polizist, der mit den Ermittlungen vertraut ist, berichtet.

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"Die Zahl der Verfahren nimmt stetig zu", sagt Franzxaver Büchele. Der Erste Kriminalhauptkommissar gehört der Abteilung Staatsschutz der Neu-Ulmer Kriminalpolizei an. Staatsschutz deshalb, "weil wir diesen Corona-Bezug erkennen", sagt Büchele. Jedoch werde auch eng mit der darauf spezialisierten Abteilung "Cybercrime" zusammengearbeitet. Jede einzelne Hassnachricht werde von ihm und seinen Kollegen bewertet und je nach Tatbestand eingeordnet. Massive Anfeindungen im Netz in der Form habe er so noch nicht häufig erlebt.

Hasskommentare gegen Hausarzt Kröner: "Jeden Tag kommen neue hinzu"

Wie viele Fälle es inzwischen mit Bezug zum Hausarzt aber tatsächlich sind, könne er auf Anhieb nicht sagen. "Es sind viele", sagt er. Und jeden Tag kämen neue hinzu. Man bewege sich im gut zweistelligen Bereich. Die Anzeigen wurden bisher immer von Kröner selbst gestellt. "Er verfolgt das und teilt es uns dann mit", erklärt der Kriminalhauptkommissar.

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Foto: Privat
Foto: Privat

Der Pfuhler Hausarzt Dr. Christian Kröner ist ein gefragter Mann in den Medien. Er war auch schon bei Markus Lanz im ZDF zu Gast.

Schon um vergangenes Weihnachten herum stand der Hausarzt wegen eines gewaltigen Shitstorms nach seinem Info-Zettel zur Corona-Impfung in Kontakt mit den Ermittlungsbehörden. Doch jetzt haben die Anfeindungen offenbar eine neue Dimension erreicht. Es scheint einigen nicht zu gefallen, dass Kröner nun auch Jugendliche impft. "Emotionalisierte User, die sich zu spontanen Handlungen hinreißen lassen", erklärt Büchele das Verhalten. Es gebe unter den Kommentaren aber nicht nur gehässige, sondern lobenswerte. Menschen würden das, was der Allgemeinmediziner da tut, auch gut heißen.

"Hängt ihn auf!" Diese Straftatbestände werden erfüllt

Nichtsdestotrotz handelt es sich bei den Tatbeständen, die infrage kommen und zum Teil erfüllt werden, "um eine ganze breite Palette", so Büchele. So sei Kröner schon gedroht worden, ihn aufzuhängen sowie seine Praxis anzuzünden. Im Raum stehen daher vor allem folgende Straftaten:

Lesen Sie dazu auch
  • Beleidigung gemäß Paragraph 185 Strafgesetzbuch (StGB),
  • Verleumdung gemäß Paragraph 186 StGB,
  • Öffentliche Aufforderung zu einer Straftat gemäß Paragraph 111 StGB,
  • Nötigung gemäß Paragraph 240 StGB oder auch
  • Störung des öffentlichen Friedens durch Androhen von Straftaten gemäß Paragraph 125 StGB.

Neu - und darauf möchte Büchele besonders aufmerksam machen, denn das sei vielen nicht bewusst - ist seit 3. April dieses Jahres der Paragraph 140 StGB, der im Zuge der Debatte um die sogenannte "Hate Speech" - die Hassrede im Netz - eingeführt wurde. Dieser bestraft bereits die "Belohnung und Billigung von Straftaten". Sprich: Auch ein einfacher Like, also der Klick auf den "Gefällt mir"-Button, bei einer Straftat kann Konsequenzen nach sich ziehen. Das Strafmaß reicht hier von einer Geldstrafe bis hin zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren.

Gewalt bislang nur digital - doch wie lange noch?

Die Angriffe auf den Allgemeinmediziner würden sich bislang auf die digitale Welt beschränken - vor allem über den Messenger Telegram. Aber auch per SMS sowie per Brief seien Drohungen eingegangen. Büchele schätzt den Hausarzt jedoch so ein, dass er mit dem Druck umgehen kann und den Anfeindungen standhält. Doch wie lange noch?

Zu physischer Gewalt sei es noch nicht gekommen, zumindest ist dem Kriminalhauptkommissar kein Fall bekannt. Dennoch stehe Kröner derzeit unter Polizeischutz. "Die Gefahr dauert an", sagt Büchele. Wie sich das konkret auf das alltägliche Leben des Hausarztes auswirkt, dazu werden aus polizeieinsatztaktischen Gründen keine näheren Auskünfte gemacht.

Hausarzt Kröner soll Polizei umgehend informieren

Die Rolle der Polizei sei ja nicht nur eine der Strafverfolgung, auch müsse präventiv gehandelt werden, erklärt Büchele: "Wenn wir eine Gefährdungslage sehen, werden Maßnahmen getroffen." So sei Kröner auch dahingehend geschult worden, wie er sich im Ernstfall zu verhalten hat. Beim geringsten Hinweis solle er die Polizei benachrichtigen.

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