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Foto: Michael Kappeler, dpa
Foto: Michael Kappeler, dpa

Christian Drosten ist Direktor des Instituts für Virologie an der Berliner Charité.

Corona-Pandemie
21.06.2021

Drosten warnt vor Delta-Variante: "Wir müssen das wirklich ernst nehmen"

Von Sarah Schierack

Deutlich ansteckender und gefährlicher: Die indische Mutation breitet sich auch in Deutschland aus. Treibt das die Infektionszahlen wieder in die Höhe?

Die Bilder gleichen sich, egal ob Augsburg, München oder Berlin: Die Sonne scheint, es wird gefeiert, oft ohne Abstand und ohne Maske. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt über alle Landkreise hinweg bei einem Wert von 8,8 so tief wie seit zehn Monaten nicht mehr. Hat mit dem Sommer nun also das Ende der Pandemie begonnen?

Der Virologe Christian Drosten hat seine Zweifel an dieser These. Ihn treibt wie andere Experten auch die sogenannte Delta-Variante um, eine Mutation des Coronavirus, die zuerst in Indien aufgetreten ist. „Ich bin mittlerweile so weit, dass ich sage, wir sind hier jetzt im Rennen in Deutschland mit der Delta-Variante“, sagte Drosten bei einer Konferenz. „Wir müssen das ab jetzt wirklich ernst nehmen.“ Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) warnte, die Variante werde in drei bis vier Wochen in Deutschland dominierend sein. Die Delta-Variante gilt als deutlich ansteckender als andere Mutationen des Coronavirus. Das Robert-Koch-Institut geht außerdem davon aus, dass eine Infektion bei ungeimpften Menschen zu schwereren Krankheitsverläufen führen könnte.

Lissabon wurde wegen der Delta-Variante abgeriegelt

Drosten vergleicht die Situation in Deutschland mit der von Großbritannien Mitte Mai. Dort hatten sich durch die Ausbreitung der Delta-Variante wieder deutlich mehr Menschen mit dem Coronavirus angesteckt, die Sieben-Tage-Inzidenz stieg wieder an – von rund 20 auf über 70. Auch in Portugal musste die Hauptstadt Lissabon zuletzt abgeriegelt werden, weil sich die Delta-Infektionen gehäuft hatten.

In Großbritannien haben sich die Ansteckungen laut Drosten vor allem in den „Impflücken“ abgespielt, also bei den Menschen, die noch nicht immunisiert sind. „Wenn wir jetzt so rechnen würden, wie sich das in England entwickelt hat, also mit einer ungefähren Verdoppelung pro Woche, dann hätten wir dieses spekulative Szenario: Dann lägen wir in dieser Woche schon bei 20 Prozent“, sagte Drosten. Anfang Juli würde die Delta-Variante dann auch in Deutschland dominieren. „Und wir müssten damit rechnen, dass Anfang Juli in Deutschland auch die Meldezahlen wieder hochgehen“, folgerte der Wissenschaftler. Das sei aber noch reine Spekulation und eine Hypothese.

Vollständig Geimpfte sind offenbar gegen Delta-Variante geschützt

Deutschland hat nach Drostens Worten noch die Chance, einer Situation wie in Großbritannien zu entgehen, indem die Infektionszahlen weiter gesenkt würden. Auch die Impfungen spielen eine große Rolle. Bisher ist bei der Delta-Variante keine erhöhte Re-Infektionsrate zu beobachten. „Das heißt, die, die entweder geimpft sind oder infiziert waren, sind gut geschützt“, betonte der Experte. Aktuell sind knapp 30 Prozent aller Deutschen vollständig geimpft. Das Impftempo hat nach zwischenzeitlichem Stocken zuletzt wieder zugelegt. Vergangene Woche wurden laut Gesundheitsministerium an drei Tagen jeweils über eine Million Menschen immunisiert.

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