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Foto: Marijan Murat, dpa (Symbolbild)
Foto: Marijan Murat, dpa (Symbolbild)

Gas wird immer teurer.

Energiekrise
22.06.2022

Neue Alarmstufe: Ab Juli könnte Gas deutlich teurer werden

Von Stefan Lange

Die Regierung bereitet sich offenbar auf die zweite Stufe des Notfallplans Gas vor. Für Verbraucher bedeutet das möglicherweise deutlich höhere Rechnungen.

Je länger der Krieg in der Ukraine dauert, desto härter wird der Kampf um die Energie. Die Preise für Kraftstoff, Gas und Strom explodieren. Diese Entwicklung ist nach Einschätzung in Regierungskreisen noch nicht am Ende angelangt. Menschen und Unternehmen müssten sich, heißt es dort, auf eine weitere Verknappung des Gasangebots und damit auf neue Kostensteigerungen einstellen. „Meine Sorge ist, dass wir in einigen Wochen und Monaten eine sehr besorgniserregende Situation haben könnten“, sagte Finanzminister Christian Lindner im ZDF. Hinter den Kulissen wird schon das nächste Schreckensszenario vorbereitet: die zweite Stufe des Notfallplans Gas ab Juli.

Trotz aller Bemühungen der Regierung wird die Lage zusehends dramatischer. Bereits jetzt ist absehbar, dass viele Verbraucherinnen und Verbraucher erhebliche Probleme bekommen werden, ihre Strom- und Gasrechnung zu bezahlen. Zum Winter spitzt sich die Lage wohl zu, denn die Gas-Bevorratung läuft bei weitem nicht so, wie sich Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) das wünscht. In Deutschland sind die Gasspeicher zu 58 Prozent gefüllt. Der Füllstand stieg im Vergleich zum Vortag aber nur um magere 0,3 Prozent und die Sorge wächst, dass die zum Winter angepeilten 90 Prozent bei diesem Tempo nicht erreicht werden.

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Die Nachfrage nach Gas treibt die Preise in die Höhe

Andere Maßnahmen der Regierung wie die angestrebten Gaslieferungen aus Katar oder der Bau von LNG-Terminals zeigen noch keine Wirkung. Habeck wird nach Angaben aus Regierungskreisen auf ein Mittel zurückgreifen, das er eigentlich vermeiden wollte, weil die Folgen für das Land enorm sind. Es geht um die Ausrufung der Alarmstufe, der zweiten von drei Stufen des nationalen Notfallplans Gas. Sie könnte Anfang Juli verkündet werden, denn dann gibt es einen handfesten Grund: Im Juli wird wegen planungsmäßiger Wartungsarbeiten an der Gasröhre Nord Stream 1 über Tage gar kein russisches Gas nach Deutschland fließen.

Stufe eins, die Frühwarnstufe, läuft bereits, zieht aber keine direkten Einschränkungen, sondern vor allem die tägliche Beobachtung der Entwicklung nach sich. Stufe zwei, die Alarmstufe, zwingt Gashändler und -lieferanten zu einer engeren Zusammenarbeit. „Gleichermaßen werden Flexibilitäten auf der nationalen und internationalen Absatzseite nutzbar gemacht“, heißt es. Mit anderen Worten: Die Marktakteure müssen alles tun, um Gas zu besorgen. Die verstärkte Nachfrage treibt dann die Preise in die Höhe. In der dritten Stufe, der Notfallstufe, würde schließlich der Staat per Verordnung die Sache in die Hand nehmen und in den Markt eingreifen. Ein noch nie da gewesener Vorgang in der Nachkriegsgeschichte.

Habeck: Putin ist bereit, Gas als Druckmittel einzusetzen

Der Union geht das alles nicht weit genug. „Wenn jetzt von der Alarmstufe gesprochen wird, dann muss alles in den Topf“, sagte der CDU-Energieexperte Andreas Jung. Denkbar seien beispielsweise Energiesparprogramme für bestimmte öffentliche Gebäude.

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Schuld an der Lage ist nach Einschätzung der Bundesregierung Russland. Der Energieriese Gazprom reduziert die maximale Gas-Liefermenge durch Nord Stream 1 nach Deutschland gerade um 40 Prozent und begründet das mit Verzögerungen bei Reparaturarbeiten an einer Gasturbine durch Siemens Energy. Der Konzern bestätigte zwar, dass eine Turbine zur Überholung nach Kanada geschickt worden sei und diese aufgrund der dort verhängten Sanktionen nicht zurückgeliefert werden könne. Habeck ist gleichwohl misstrauisch. Der russische Präsident Wladimir Putin sei offenbar bereit, „Gas als Druckmittel einzusetzen“, sagte er im Klima- und Energieausschuss des Bundestages.

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