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Foto: Philipp von Ditfurth, dpa
Foto: Philipp von Ditfurth, dpa

Ein Beamter der Bundespolizei kontrolliert an einem Grenzübergang einen Autofahrer.

Corona-Krise
27.01.2021

Können strenge Grenzkontrollen die Mutationen stoppen?

Von Bernhard Junginger

Die Bundesregierung plant wohl, Reisen weitgehend zu unterbinden, um Corona-Varianten aus dem Ausland fernzuhalten. Kritik bleibt nicht aus.

Im Kampf gegen die weitere Ausbreitung des Coronavirus und seiner gefährlichen Mutationen will die Bundesregierung offenbar den Reiseverkehr massiv drosseln und die Außengrenzen stärker kontrollieren. Doch das Vorhaben ist heftig umstritten. Einem Bericht der Bild zufolge plant Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) drastische Maßnahmen.

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Demnach hat sie sich in einer Videokonferenz mit den Unionsfraktionschefs für weitere Einschränkungen ausgesprochen. „Uns ist das Ding entglitten. Wir müssen noch strenger werden, sonst sind wir in 14 Tagen wieder da, wo wir waren", wird sie laut dem Blatt von Teilnehmern der Runde zitiert. Sie habe Einschränkungen des Flugverkehrs vorgeschlagen. „Warum können wir die Reisen nicht verbieten?“, habe sie dem Bericht zufolge gefragt. Es gelte, „den Flugverkehr so ausdünnen, dass man nirgendwo mehr hinkommt“.

Regierung prüft "drastische Maßnahmen"

Merkel habe sich von Innenminister Horst Seehofer (CSU) Pläne vorlegen lassen, wie Reisen nach Deutschland eingeschränkt werden können. Denn es häufen sich die Fälle, in denen Corona-Mutationen aus dem Ausland, etwa die sogenannten „britischen“ oder brasilianischen Mutanten durch rückkehrende Reisende in Deutschland verbreiten.

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Foto: Fabian Sommer, dpa
Foto: Fabian Sommer, dpa

Das Berliner Vivantes Humboldt-Klinikum nimmt nach mehreren Infektionen mit der gefährlichen britischen Coronavirus-Variante keine Patienten mehr auf.

Diese Virustypen sollen nach ersten Erkenntnissen zwischen 30 und 70 Prozent ansteckender sein, als die Corona-Urform. Ob sie auch tödlicher sind und wie gut die bisher zugelassenen Impfstoffe vor ihnen schützen, ist noch unklar. Seehofer sagte laut Bild, die rasante Verbreitung solcher Virus-Mutationen erfordere, „drastische Maßnahmen“ zu prüfen. Dazu gehörten „deutlich schärfere Grenzkontrollen, besonders an den Grenzen zu Hochrisikogebieten“, aber auch die „Reduzierung des Flugverkehrs nach Deutschland auf nahezu Null, so wie Israel das derzeit auch macht“.

Kritik aus der FDP: Regierung verschleiert Versagen

FDP-Parteivize Wolfgang Kubicki warnte die Bundesregierung vor einer drastischen Einschränkung des Reiseverkehrs. „Es helfen in der aktuellen Situation keine Flug- oder Reiseverbote, zumal ohnehin jeder Tests durchlaufen muss, sondern deutlich schnelleres Impfen“, sagte Kubicki den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Das ist der verlässlichste und einzige Weg aus dieser Pandemie“, sagte Kubicki und warf der Bundesregierung vor, sie „verschleiere ihr Versagen und ersetze wirkliche Lösungen durch Symbolpolitik“.

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Foto: Christoph Soeder, dpa (Archiv)
Foto: Christoph Soeder, dpa (Archiv)

FDP-Parteivize Wolfgang Kubicki warnt vor einer drastischen Einschränkung des Reiseverkehrs wegen der Corona-Pandemie.

Auch aus der Wirtschaft kommt massive Kritik. Deutschlands Maschinenbauer etwa warnen eindringlich vor einer weitgehenden Einschränkung des Flugverkehrs und Verschärfung der Grenzkontrollen. „Die Bekämpfung der Corona-Pandemie wird zunehmend auf dem Rücken der Wirtschaft ausgetragen, ohne dass die Sinnhaftigkeit der Maßnahmen in jedem Fall erkennbar ist“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands VDMA, Thilo Brodtmann.

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Die Einhaltung der Corona-Maßnahmen speziell für Einreisende aus Risikogebieten ließe sich im Flugverkehr leicht kontrollieren. Ein generelles Verbot von Flugreisen sei daher überflüssig und würde der europäischen Wirtschaft ebenso schweren Schaden zufügen, wie die angedachten schärferen Grenzkontrollen. Monteure und Servicetechniker müssten ohne große Verzögerungen über die Grenzen kommen und auch auf dem Luftweg zu Kunden reisen können.

Das sagt die Wissenschaft zu den Corona-Mutationen

Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es dagegen gute Gründe für eine Einschränkung von Reisen. Die Virologin Sandra Ciesek und fordert in der Fachzeitschrift The Lancet zusammen mit Fachkollegen etwa einheitliche Regeln für Einreisende. In Deutschland wurden bisher Mutationen des Coronavirus aus Großbritannien, Südafrika und Brasilien nachgewiesen. Die Variante aus Großbritannien sei sicher ansteckender, so die Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt/Main.

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Foto: Britta Pedersen, dpa
Foto: Britta Pedersen, dpa

Virologe Christian Drosten informiert, wie die Ausbreitung der Mutante verhindert werden kann.

Christian Drosten, Chef-Virologe an der Berliner Charité und enger Berater der Bundesregierung, sagte, aus wissenschaftlicher Sicht sei eine Einschränkung des touristischen Flugverkehrs sinnvoll. „Je mehr wir bremsen, desto wichtiger wird das, was von außen eingeschleppt wird“, erklärte er.

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