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Foto: Ulrich Wagner
Foto: Ulrich Wagner

Lange wirkten die FCA-Geschäftsführer Michael Ströll (links) und Stefan Reuter (Mitte) sowie der damalige Präsident Klaus Hofmann wie eine Einheit. Ein Tag im Mai vor einem Jahr änderte das alles.

FC Augsburg
12.05.2023

Vor einem Jahr zerbrach die heile Welt des FC Augsburg

Von Florian Eisele

Plus Am 13. Mai 2022 stürzte der FC Augsburg in die Krise; innerhalb von 24 Stunden waren Präsident und Trainer weg. Es folgte der größte Wandel seit Bundesligazugehörigkeit.

Es sah alles nach einem gemütlichen Saisonende in der Bundesliga aus an jenem Freitag, den 13. Mai vor einem Jahr. Der FC Augsburg hatte den Klassenerhalt schon sicher, das letzte Heimspiel gegen die bereits abgestiegenen Fürther sollte zu einem besseren Auslaufen vor vollem Haus geraten. Es kam bekanntlich anders: Am Nachmittag trudelte in den Sportredaktionen eine Mail des FCA ein, wonach der bisherige Vorstandsvorsitzende Klaus Hofmann sein Amt mit sofortiger Wirkung abgibt. Der aus Buchloe stammende Unternehmer, der die meiste Zeit in München und Hessen wohnte, begründete dies mit gesundheitlichen Problemen. Zur ganzen Wahrheit dürfte es aber auch gehören, dass es intern mit dem als schwierig und cholerisch geltenden Hofmann immer wieder Probleme gegeben hatte. Das Knirschen im Hintergrund – es mündete an diesem Tag in einen Knall.

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Keine 24 Stunden später folgte der nächste Paukenschlag: Nach Spielende gegen Fürth gab der damalige Trainer Markus Weinzierl vor laufenden Kameras seinen Abschied bekannt. Nachdem niemand mit ihm über eine Verlängerung seines auslaufenden Vertrags gesprochen habe, schaffe er nun Fakten, sagte er in Hinblick auf Sportgeschäftsführer Stefan Reuter. Die Szenen aus dem Presseraum, als Weinzierl Reuter keines Blickes würdigte, waren vielsagend. Dass zwei verdiente Spieler des FCA, Alfred Finnbogason und Jan Moravek, bei ihrer letzten Partie nicht erwähnt wurden und stattdessen Ex-Torwart Alexander Manninger mit sechs Jahren Verspätung seine Ehren bekam, rundete das Bild ab. Als Tage danach Gerüchte um Intrigen innerhalb des Vereins kursierten, war das katastrophale Bild perfekt. Die ehemals heile Welt des FC Augsburg – sie war zerbrochen.

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Die letzten sechs FCA-Heimspiele der Saison sind allesamt ausverkauft

Ein Jahr später scheint es, als ob die größte Krise seit der Bundesligazugehörigkeit auch die größte Veränderung innerhalb des Vereins bewirkt hat. Als Trainer verpflichteten die beiden Geschäftsführer Michael Ströll und Stefan Reuter Enrico Maaßen; das bis September vakante Amt des Präsidenten wurde mit dem ehemaligen Geschäftsstellenleiter Markus Krapf besetzt. Der von der zweiten Mannschaft des BVB gekommene Maaßen, der anfangs einen Ballbesitzfußball spielen lassen wollte, griff im Laufe der Saison zu pragmatischeren Mitteln. Sportlich ist die Spielzeit ein Auf und Ab; mehr Spektakel als in den biederen Vorjahren gibt es aber allemal zu sehen. Maaßen setzt – auch das ist ein erklärter Auftrag an ihn – mehr auf die Jugend, auch wenn die meisten jungen Spieler nicht aus dem eigenen Nachwuchs stammen. Zudem stellt Augsburg mit Mergim Berisha wieder einen aktuellen deutschen Nationalspieler. Nach Jahren des fußballerischen Stillstands lockt der Fußball die Fans wieder ins Stadion, die letzten sechs Heimspiele der Saison sind allesamt ausverkauft. Das Konzept lautet: Der FCA soll jünger, frischer und attraktiver werden. Die Ansätze dafür sind zu sehen und sollen in dem Klassenerhalt gekrönt werden, der am Samstag beim VfL Bochum (15.30, Sky) gelingen kann. Schon ein Punkt könnte reichen.

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Foto: Ulrich Wagner
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FCA-Präsident Markus Krapf und Finanzgeschäftsführer Michael Ströll.

Wesentlich umfassender als die sportliche Neupositionierung ist aber, was innerhalb des Vereins geschieht. Einer der erklärten Ansätze von Präsident Krapf lautet, den Verein wieder deutlicher in der Stadt zu verankern und die Fans stärker als bisher mitzunehmen. Manche Entscheidungen seines Vorgängers Hofmann – etwa die Vertragsverlängerung von Stefan Reuter bis 2026 oder der Einstieg von US-amerikanischen Investoren – seien nicht oder viel zu spät kommuniziert worden. Allgemein, befand Krapf wenige Monate nach seinem Amtsantritt, habe sich der FCA zu weit von seiner Basis entfernt: "Es ist in den letzten Jahren einiges falsch gelaufen." Teilweise sei der Eindruck entstanden, "dass man etwas zu verbergen hat".

Derzeit wird die Satzung des FC Augsburg überarbeitet

Der gebürtige Augsburger Krapf, der eine Kneipe in der Augsburger Innenstadt betreibt und als Journalist arbeitet, habe gespürt, wie sich der Verein unter Hofmann von den Fans entfernt habe. Als erste Amtshandlung berief der neue Präsident nach einer Woche einen Mitgliederabend ein, zu dem 600 Leute kamen. Zusammenhalt und Vertrauen sollen so entstehen – ebenso wie konkrete Folgen. Derzeit gibt es eine Arbeitsgruppe, die sich aus Mitgliedern des Vereins und Fans zusammensetzt. Ihr Ziel: Die Satzung des Vereins soll aktualisiert werden, mehr Mitsprache für Fans erlaubt werden. 

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Der größte Umbruch findet aber in der Verzahnung zwischen dem Verein und der Kommanditgesellschaft (KGaA) statt, in die die Profi-Fußball-Abteilung ausgegliedert ist. Hier hat Hofmanns Vorgänger Walther Seinsch, der den FC Augsburg im Jahr 2000 nach einer Insolvenz als Präsident übernommen hat und lange Anteile an der KGaA hielt, dem Verein ein kompliziertes Konstrukt hinterlassen. Seinsch und sein Nachfolger Hofmann waren sowohl Präsident als auch Investor und sollten die jeweiligen Interessen von Verein und Geldgeberseite vertreten. Gewissermaßen verhandelten sie also mit sich selbst. Eine Konstruktion, die beim FCA jahrzehntelang für Stabilität sorgte, mit den Grundsätzen von 50+1, wonach immer der Verein und nicht die Investoren das Sagen haben, aber nur bedingt zu vereinbaren ist.

Zum ersten Mal muss beim FCA 50+1 mit Leben gefüllt werden

Konkret bedeutet das: Hofmann hält immer noch 30,5 Prozent der Anteile, kommt zusammen mit dem US-Investor David Blitzer sogar auf 75 Prozent. Weil der Investorenseite und der Führung des Vereins zum ersten Mal seit über 20 Jahren verschiedene Personen voranstehen, ist nun Vermittlung gefragt, letztlich müssen sogar neue Strukturen entstehen. Am Ende dieser Entwicklung steht, dass das Prinzip 50+1 zum ersten Mal in der Bundesliga-Geschichte des FCA mit Leben gefüllt werden muss. Wie der Stand der Verhandlungen derzeit ist – dazu wollte sich niemand von Vereinsseite äußern. Dass der FCA aber ein erklärtes Interesse hat, langfristig die Anteile von Klaus Hofmann zurückzukaufen, ist bekannt. 

Krapf hat den Begriff des "neuen, alten FCA" geprägt, der in die Stadt und die Region wirken soll. Ein Jahr nach der großen Krise ist längst nicht alles perfekt; vieles scheint aber auf einem guten Weg zu sein.

Video: Augsburger Allgemeine
FCA-Präsident Markus Krapf bei Augsburger Allgemeine Live
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