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Foto: Marcus Merk
Foto: Marcus Merk

Hunderte Menschen haben mit einer Menschenkette für den Erhalt des Bannwalds südlich von Meitingen demonstriert. Nach den Plänen der Lech-Stahlwerke soll ein Teil davon gerodet werden, um dort neue Produktionsanlagen zu errichten.

Meitingen
28.02.2021

Hunderte protestieren lautstark für den Erhalt des Lohwalds bei Meitingen

Von Gunter Oley

Plus Mit einer Menschenkette und Sambatrommeln haben am Sonntag Hunderte am Lohwald in Meitingen friedlich-fröhlich gegen Rodungen durch die Lech-Stahlwerke protestiert.

Erst kommt eine lange Kolonne Radfahrer am Weg südlich des Lohwalds in Meitingen an, dann nähert sich eine Trommlergruppe mit flotten Sambarhythmen. Sie stoßen an diesem sonnigen Sonntagnachmittag zu vielen hundert Menschen dazu, die schon lange vor dem geplanten Beginn eine lange Menschenkette formiert haben.

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Aus der Biberbacher Zollsiedlung sei wohl aus praktisch jedem Haushalt mindestens ein Bewohner da, stellt Manfred Danner bei einem Blick in die Runde fest. Gemeinsam mit seiner Frau Christine hat er sich als einer der Ersten am Wegesrand postiert, mit seinem Plakat macht er die Sorge deutlich, dass die beantragte Produktionssteigerung der Lech-Stahlwerke tonnenweise mehr giftigen Staub zur Folge habe.

Beide haben das stetige Wachstum des Stahlwerks und die damit zunehmenden Belastungen durch Lärm und Staub in der Zollsiedlung über Jahrzehnte miterlebt. Bei ungünstigen Windverhältnissen müssten sie sich in ihrem Haus quasi verbarrikadieren, "an manchen Tagen schmeckt man die eisenhaltige Luft", erzählt Danner, und das trotz großer Filteranlagen. Dass nun auch ein Teil des Lohwalds zusätzlichen Produktionsanlagen und Lagerflächen weichen soll, wollen sie nicht akzeptieren.

Menschenkette für den Erhalt des Lohwalds in Meitingen

Danner gehört zu den Gründern der Bürgerinitiative Lech-Schmuttertal, die gemeinsam mit der AGL Meitingen, dem Bund Naturschutz und dem Klimacamp Augsburg die Menschenkette organisiert hat. Als "Bannwald-Bündnis Unterer Lech" haben die Organisationen die Meitinger Bannwald-Erklärung verabschiedet, die inhaltlich das Anliegen untermauert, den Lohwald komplett zu erhalten. Dieser ist nicht nur ein Immisionsschutzwald, der die Belastung der nördlichen Wohngebiete von Langweid sowie der Zollsiedlung in Biberbach durch Staub und Lärm reduziert. Er dient auch als Erholungswald und habe sich trotz der Nähe zum Stahlwerk zu einem Biotopwald entwickelt, in dem auch seltene Tier- und Pflanzenarten heimisch sind.

Lech-Stahlwerke wollen bei Meitingen 18 Hektar Wald roden

Anlass der Proteste ist ein Antrag der Lech-Stahlwerke, knapp 18 Hektar des Waldes roden zu dürfen, das ist mehr als ein Drittel der Waldfläche. Dort sollen dann neue Produktionsanlagen entstehen sowie Lagerflächen für eine sortenreine Lagerung von Nebenprodukten der Stahlherstellung, die damit in einen Recycling-Kreislauf gelangen könnten.

Entscheiden muss darüber eines Tages der Gemeinderat von Meitingen. Dort steht das Thema im Moment noch nicht auf der Tagesordnung, zuerst soll die Entscheidung über die Erhöhung der Produktionskapazität abgewartet werden. Für das dafür notwendige Genehmigungsverfahren ist das Landratsamt Augsburg zuständig.

Erweiterungspläne der Lechstahlwerke

Erhöhung der Produktionskapazität Die Lech-Stahlwerke wollen ihre jährliche Produktion von 1,1 Millionen auf 1,4 Millionen Tonnen Stahl ausbauen. Für die Genehmigung der Kapazitätserweiterung läuft seit Ende 2019 ein Verfahren beim Landratsamt Augsburg. Nach Angaben des Unternehmens ist die Erweiterung auf bereits heute genutzten Flächen geplant. Mit ihr soll das Werk für den Wettbewerb gerüstet werden. Nach der Auslegung der Unterlagen im Januar 2020 haben bis 2. März 2020 die Nachbargemeinden Langweid und Biberbach, zwei Bürgerinitiativen, der BUND Bayern und eine betroffene Familie fristgerecht Einwendungen erhoben. Weil diese wegen der Corona-Bedingungen nicht bei einem Erörterungstermin behandelt werden können, findet derzeit eine Online-Konsultation statt (Dauer: 4. bis 25. Januar 2021, www.online-beteiligung.de/landkreis-augsburg). Der Marktgemeinderat Meitingen will nach einer Entscheidung des Landratsamts über das weitere Vorgehen beraten und entscheiden.

Erweiterungspläne der Lechstahlwerke

Mitarbeiterparkplatz Der Mitarbeiterparkplatz soll in den Norden des Werksgeländes neben die bereits vorhandene Stellflächen für Lastwagen verlegt werden. Ein entsprechender Antrag für 450 Stellplätze wurde im Juni 2019 im Meitinger Gemeinderat diskutiert, dann ruhte das Verfahren längere Zeit. Den Bau eines Parkhauses, den mehrere Gemeinderäte forderten, kann die Gemeinde an dieser Stelle nicht vorschreiben.

Erweiterungspläne der Lechstahlwerke

Erweiterung im Lohwald Das Stahlwerk will weitere Anlagen zur Herstellung oder Einschmelzung von Stahl sowie zur Stahlveredelung bauen. Zudem sollen Lagerflächen für eine sortenreine Lagerung von Nebenprodukten der Stahlherstellung entstehen, die dann in einen Recyclingkreislauf gehen, statt deponiert zu werden. Dafür soll ein Teil des Lohwaldes gefällt werden. Dieser geschützte Bannwald schließt im Süden in Richtung Langweid an das Stahlwerk an. Er ist 42 Hektar groß, 17,6 Hektar davon sollen gerodet werden. Einige Areale des Bannwalds dürfen nicht angetastet werden, da es dort geschützte Tiere gibt. Im Vergleich zu den ursprünglichen Plänen sind deutlich größere Ausgleichsflächen vorgesehen. So soll etwa 23,7 Hektar neuer Wald im Bereich zwischen Bahnlinie, Weiher und B 2 sowie im Bereich eines Einzelgehöftes am Rand des Lohwaldes entstehen.

Doch auch wenn bis zur Entscheidung noch einige Zeit vergehen wird, wollte das Bannwald-Bündnis den Gemeinderäten ein deutliches Signal geben, dass der Bannwald nicht ohne Not der Industrie geopfert werden dürfe. "Wir sind nicht gegen die LSW, wir sind nicht gegen Arbeitsplätze", erklärte Markus Eckstein, Vorstand der BI Lech-Schmuttertal. Alternative Plätze für eine Erweiterung etwa nördlich des derzeitigen Werksgeländes seien jedoch nie ernsthaft geprüft worden, kritisiert er. Daher wolle man Druck auf die Gemeinde Meitingen ausüben, dies vor einer Entscheidung zu tun.

Dass ein neuer Mitarbeiterparkplatz im Norden auch mehrere Etagen haben kann, betonte Stephanie Schuhknecht. Die Landtagsabgeordnete der Grünen plädierte gestern unter großem Beifall für solch eine Lösung, die einen Ausbau des Werkes auf der dann nicht benötigten Fläche ermöglichen könnte. Es ginge dabei um Naturschutz und um den Schutz der Menschen, betonte sie ebenso wie Johannes Enzler vom Bund Naturschutz. Er verwies zusätzlich auf den Umstand, dass der Lohwald Bestandteil einer langen Biotopbrücke ist, die entlang des Lechs von den Alpen bis hin zur Fränkischen Alb reicht.

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Foto: Marcus Merk
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Manfred und Christine Danner wohnen in der Zollsiedlung in Biberbach und haben über Jahrzehnte miterlebt, wie das Stahlwerk in Meitingen wuchs und die Belastungen durch Lärm und Staub immer größer wurden.

Vor allem waren es Anwohner aus der Nachbarschaft des Stahlwerks, die mit ihrer Menschenkette ihr Anliegen deutlich gemacht haben, den Lohwald in seiner gesamten Größe zu erhalten, wobei sie Unterstützung etwa von der Radlergruppe der Aktivisten des Klimacamps und einzelner Parteien erhielten.

Rund 20 Ordner sorgten für einen reibungslosen Ablauf des entschlossenen Protests, zu dem ein Mehrfaches der ursprünglich erwarteten 200 Teilnehmer kamen. Nur selten mussten die Ordner auf die Einhaltung der coronabedingten Abstandsregeln hinweisen, es herrschte trotz des ernsten Themas eine friedlich-fröhliche Stimmung. Angesichts der großen Zahl der Teilnehmer hofft Manfred Danner, dass nun einigen Politikern die Augen aufgehen. Besonders hat ihn noch etwas gefreut: "Dass so viele Junge da sind".

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Ein deutliches Zeichen für den Erhalt des Lohwalds


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