Hunderte protestieren lautstark für den Erhalt des Lohwalds bei Meitingen
Plus Mit einer Menschenkette und Sambatrommeln haben am Sonntag Hunderte am Lohwald in Meitingen friedlich-fröhlich gegen Rodungen durch die Lech-Stahlwerke protestiert.
Erst kommt eine lange Kolonne Radfahrer am Weg südlich des Lohwalds in Meitingen an, dann nähert sich eine Trommlergruppe mit flotten Sambarhythmen. Sie stoßen an diesem sonnigen Sonntagnachmittag zu vielen hundert Menschen dazu, die schon lange vor dem geplanten Beginn eine lange Menschenkette formiert haben.
Aus der Biberbacher Zollsiedlung sei wohl aus praktisch jedem Haushalt mindestens ein Bewohner da, stellt Manfred Danner bei einem Blick in die Runde fest. Gemeinsam mit seiner Frau Christine hat er sich als einer der Ersten am Wegesrand postiert, mit seinem Plakat macht er die Sorge deutlich, dass die beantragte Produktionssteigerung der Lech-Stahlwerke tonnenweise mehr giftigen Staub zur Folge habe.
Beide haben das stetige Wachstum des Stahlwerks und die damit zunehmenden Belastungen durch Lärm und Staub in der Zollsiedlung über Jahrzehnte miterlebt. Bei ungünstigen Windverhältnissen müssten sie sich in ihrem Haus quasi verbarrikadieren, "an manchen Tagen schmeckt man die eisenhaltige Luft", erzählt Danner, und das trotz großer Filteranlagen. Dass nun auch ein Teil des Lohwalds zusätzlichen Produktionsanlagen und Lagerflächen weichen soll, wollen sie nicht akzeptieren.
Danner gehört zu den Gründern der Bürgerinitiative Lech-Schmuttertal, die gemeinsam mit der AGL Meitingen, dem Bund Naturschutz und dem Klimacamp Augsburg die Menschenkette organisiert hat. Als "Bannwald-Bündnis Unterer Lech" haben die Organisationen die Meitinger Bannwald-Erklärung verabschiedet, die inhaltlich das Anliegen untermauert, den Lohwald komplett zu erhalten. Dieser ist nicht nur ein Immisionsschutzwald, der die Belastung der nördlichen Wohngebiete von Langweid sowie der Zollsiedlung in Biberbach durch Staub und Lärm reduziert. Er dient auch als Erholungswald und habe sich trotz der Nähe zum Stahlwerk zu einem Biotopwald entwickelt, in dem auch seltene Tier- und Pflanzenarten heimisch sind.
Lech-Stahlwerke wollen bei Meitingen 18 Hektar Wald roden
Anlass der Proteste ist ein Antrag der Lech-Stahlwerke, knapp 18 Hektar des Waldes roden zu dürfen, das ist mehr als ein Drittel der Waldfläche. Dort sollen dann neue Produktionsanlagen entstehen sowie Lagerflächen für eine sortenreine Lagerung von Nebenprodukten der Stahlherstellung, die damit in einen Recycling-Kreislauf gelangen könnten.
Entscheiden muss darüber eines Tages der Gemeinderat von Meitingen. Dort steht das Thema im Moment noch nicht auf der Tagesordnung, zuerst soll die Entscheidung über die Erhöhung der Produktionskapazität abgewartet werden. Für das dafür notwendige Genehmigungsverfahren ist das Landratsamt Augsburg zuständig.
Doch auch wenn bis zur Entscheidung noch einige Zeit vergehen wird, wollte das Bannwald-Bündnis den Gemeinderäten ein deutliches Signal geben, dass der Bannwald nicht ohne Not der Industrie geopfert werden dürfe. "Wir sind nicht gegen die LSW, wir sind nicht gegen Arbeitsplätze", erklärte Markus Eckstein, Vorstand der BI Lech-Schmuttertal. Alternative Plätze für eine Erweiterung etwa nördlich des derzeitigen Werksgeländes seien jedoch nie ernsthaft geprüft worden, kritisiert er. Daher wolle man Druck auf die Gemeinde Meitingen ausüben, dies vor einer Entscheidung zu tun.
Dass ein neuer Mitarbeiterparkplatz im Norden auch mehrere Etagen haben kann, betonte Stephanie Schuhknecht. Die Landtagsabgeordnete der Grünen plädierte gestern unter großem Beifall für solch eine Lösung, die einen Ausbau des Werkes auf der dann nicht benötigten Fläche ermöglichen könnte. Es ginge dabei um Naturschutz und um den Schutz der Menschen, betonte sie ebenso wie Johannes Enzler vom Bund Naturschutz. Er verwies zusätzlich auf den Umstand, dass der Lohwald Bestandteil einer langen Biotopbrücke ist, die entlang des Lechs von den Alpen bis hin zur Fränkischen Alb reicht.
Vor allem waren es Anwohner aus der Nachbarschaft des Stahlwerks, die mit ihrer Menschenkette ihr Anliegen deutlich gemacht haben, den Lohwald in seiner gesamten Größe zu erhalten, wobei sie Unterstützung etwa von der Radlergruppe der Aktivisten des Klimacamps und einzelner Parteien erhielten.
Rund 20 Ordner sorgten für einen reibungslosen Ablauf des entschlossenen Protests, zu dem ein Mehrfaches der ursprünglich erwarteten 200 Teilnehmer kamen. Nur selten mussten die Ordner auf die Einhaltung der coronabedingten Abstandsregeln hinweisen, es herrschte trotz des ernsten Themas eine friedlich-fröhliche Stimmung. Angesichts der großen Zahl der Teilnehmer hofft Manfred Danner, dass nun einigen Politikern die Augen aufgehen. Besonders hat ihn noch etwas gefreut: "Dass so viele Junge da sind".
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