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Foto: Marcus Merk (Archiv)
Foto: Marcus Merk (Archiv)

Mit der Rodung des Lohwalds ist im Oktober bereits begonnen worden. Für den Bund Naturschutz ist das Vorgehen rechtswidrig.

Meitingen
19.12.2022

So begründen die Naturschützer ihre Klage gegen die Rodung des Bannwalds

Von Philipp Kinne

Plus Der Bund Naturschutz hat Klage gegen die Rodung des Lohwalds bei den Stahlwerken eingereicht. Dass damit bereits begonnen wurde, ist für die Naturschützer rechtswidrig.

Gut 17 Hektar des geschützten Bannwalds sollen gerodet werden, damit die Lech-Stahlwerke wachsen können. Ein Teil der Bäume ist bereits gefällt. Der Bund Naturschutz hat eine Klage eingereicht, um zu verhindern, dass es noch mehr werden. Die Rodung sei rechtswidrig, meinen die Naturschützer. Denn der Wald ist als sogenannter Bannwald besonders geschützt. Beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München hatte der Verband deshalb eine Normenkontrollklage eingereicht. Außerdem kündigen die Naturschützer an, Strafanzeige gegen die Stahlwerke zu stellen. 

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17,6 Hektar Wald sollen für die Lech-Stahlwerke weichen

Hintergrund: Auf Grundlage des vom Markt Meitingen beschlossenen Bebauungsplans dürfen die 17,6 Hektar Wald neben dem Stahlwerk gerodet werden. Im Tausch für umfangreiche Ersatzpflanzungen und ökologische Ausgleichsmaßnahmen erhielt der Stahlwerks-Eigner Max Aicher die Erlaubnis. Gegen das Vorhaben, mit dem sich auch der Bayerische Landtag schon mehrfach befasst hat, formierte sich eine breite Allianz aus benachbarten Kommunen, örtlichen Bürgerinitiativen und dem Bund Naturschutz. Der stellte nun die Begründung für seine Klage vor, die von der Bürgerinitiative Lech-Schmuttertal und der Aktionsgemeinschaft der Lebensqualität im Raum Meitingen unterstützt wird. 

Im Wesentlichen geht es dabei um die besondere Rolle eines Bannwalds. Dieser habe grundsätzlich "höchsten Rodungsschutz", erklärt die Rechtsanwältin des Bund Naturschutz, Lisa Eberlein. Sie ist überzeugt, dass die Voraussetzung für das Fällen etlicher Bäume entgegen dem Beschluss nicht erfüllt sind. Denn: "Die Ersatzaufforstungen können die Funktionen des Lohwaldes nicht ersetzen", sagt die Anwältin. Der Wald sei nicht nur Lebensraum einer Vielzahl von Arten. Er habe eine ganze Reihe schützenswerter Funktionen. Etwa biete er umliegenden Siedlungen Schutz vor Lärm, Emissionen und sei wichtig für den lokalen Klimaschutz. Ein neu gepflanzter Wald könne diese Funktionen auch in 20 Jahren nicht erreichen, begründen die Naturschützer die Klage. 

Ausgleichsmaßnahmen reichen für Naturschützer nicht aus

Aus ihrer Sicht könne die Rodung auch nicht mit zwingenden Gründen des öffentlichen Wohls begründet werden. Schließlich handele es sich bei der Erweiterung um die Interessen eines privaten Unternehmens und nicht um eine Einrichtung der öffentlichen Daseinsvorsorge, wie etwa Krankenhäusern oder Schulen. 

Doch schon wenige Tage, nachdem der Bund Naturschutz seine Klage angekündigt hatte, schuf Max Aicher Tatsachen und ließ auf mehr als fünf Hektar die Bäume fällen. Für die Naturschützer, die sich zu einem Bannwald-Bündnis zusammengeschlossen haben, war der Kahlschlag eine Kriegserklärung. Johannes Enzler, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Augsburg, hält das Vorgehen für rechtswidrig, da etliche Auflagen nicht erfüllt worden seien. Deren Wirkung greife erst in mehreren Jahren, meinen die Naturschützer. Deshalb hätten die Bäume nicht gefällt werden dürfen. Der Bund Naturschutz will gegen die Auftraggeber, also die Lech-Stahlwerke, zusätzlich zur Klage vor dem Verwaltungsgerichtshof Strafanzeige stellen. Nach Darstellung des Meitinger Bürgermeisters Michael Higl war die erste Rodung mehr oder weniger automatisch genehmigt, nachdem der Bebauungsplan für die Stahlwerkserweiterung in Kraft getreten und alle Bedingungen erfüllt waren.

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Protestaktionen gegen die Rodung des Lohwalds

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Foto: Annette Zoepf (Archiv)
Foto: Annette Zoepf (Archiv)

Eine Aktivistin seilte sich aus einem Zimmer des Gebäudes der Regierung von Schwaben in Augsburg, ab.

Gegen die Rodungsarbeiten kam es unterdessen in Augsburg zu einer aufsehenerregenden Protestaktion. Klimacamper besetzten das Verwaltungsgebäude der Regierung von Schwaben. "Wer welche Art von Aktionen macht, ist jedem selbst überlassen", sagt Thomas Frey, BN-Regionalreferent für Schwaben. Er will diese und andere Aktionen der Klimacamper nicht bewerten.

Der Meitinger Landtagsabgoerdnete Fabian Mehring (Freie Wähler) erklärte zuletzt, man dürfe sich von "selbst ernannten Klimarebellen auf der Nase herumtanzen lassen". Die Klage des Bund Naturschutz hält der Politiker in einem Rechtsstaat hingegen für "völlig legitim". Mehring: "Anders als sich auf Straßen zu kleben, mit Suppe auf Gemälde zu werfen oder die schwäbische Bezirksregierung zu besetzen, ist dies der von unserer Demokratie vorgesehene Weg um politische Entscheidungen zu hinterfragen." Mehring sei weiterhin davon überzeugt, dass der beschlossene Kompromissvorschlag zum Lohwald die berechtigten Interessen von Ökologie und Ökonomie unter einen Hut bringe. Die Debatte um die Rodung müsse im Anschluss an das Gerichtsverfahren "auch für das Klimacamp und den Bund Naturschutz final beendet sein".

Die Frage, ob nach dem Gerichtsverfahren weitere Maßnahmen vom Bund Naturschutz geplant sind, sei aktuell "Kaffeesatzleserei", meint hingegen Regionalreferent Thomas Frey. Zunächst sei das Ergebnis abzuwarten, das die Naturschützer erst in etwa anderthalb Jahren erwarten. 

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