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Foto: Alexander Kaya
Foto: Alexander Kaya

Die Iveco Group gibt den Verkauf bekannt: Magirus geht ab Januar 2025 zu Mutares.

Ulm
15.03.2024

Übernahme ist jetzt fix: Iveco verkauft Magirus-Feuerwehrsparte an Mutares

Von Michael Kroha

Nun also doch: Die Iveco Group verkauft Magirus. Die auf Feuerwehrauto spezialisierte Firma mit Standort auch im Ulmer Donautal wird von Mutares übernommen.

Für den 60 Jahre alten Mitarbeiter ist es eine Nachricht, die sich nicht leicht verdauen lässt: "Es ist deftig, was da abgeht." Er fürchtet, dass demnächst erst mal Stellen gestrichen werden. Am Donnerstag wurde bekannt, dass sich Iveco von Magirus trennt. Anzeichen dafür gab es schon länger. Mehrere italienische Gewerkschaften hatten im Juli vergangenen Jahres einen avisierten Verkauf der Magirus-Feuerwehrsparte an die Öffentlichkeit gebracht. Nun teilte die Iveco Group mit Hauptsitz in Turin mit: Magrius wird mit ihren Tochtergesellschaften an die Mutares SE & Co. KGaA verkauft. Eine entsprechende Vereinbarung sei am Mittwoch unterzeichnet worden. Vorbehaltlich der behördlichen Genehmigung soll die Übernahme voraussichtlich bis spätestens Januar 2025 abgeschlossen sein. "Stolpersteine aber werden nicht erwartet", so Magirus-Pressesprecher Rolf Schumann.

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Magirus beschäftigt nach Iveco-Angaben mehr als 1300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon rund 1100 am Standort in Ulm. Dort werden nicht nur Löschfahrzeuge und Drehleitern gefertigt. Bei Drehleitern sei man nach wie vor Weltmarktführer. Das Werk im Donautal ist als Kompetenzzentrum auch Entwicklungsstandort. Weitere Niederlassungen gibt es in Brescia (Italien), Chambéry (Frankreich) und Premstetten (Österreich). Die Beschäftigten seien am Donnerstag über verschiedene Kanäle informiert worden. Für sie ändere sich derzeit nichts. So laufen etwa die Ausbildungen weiter zusammen mit Iveco. "Es gibt auch ein Bekenntnis zum Standort", sagt Schumann. Von Stellenstreichungen sei aktuell nichts bekannt, das passe auch nicht zur Herangehensweise des neuen Eigentümers.

Magirus geht von Iveco an Mutares: Wer ist der neue Eigentümer der Feuerwehrsparte?

Mutares ist laut Pressemitteilung eine börsennotierte Private-Equity-Holding mit Hauptsitz in München und weiteren Büros in ganz Europa sowie in Shanghai. Sie sei darauf spezialisiert, mittelständische Unternehmen, die sich im Umbruch befinden, zu erwerben, auf Wachstumskurs zu bringen und dann wieder zu verkaufen. Es sei "keine der klassischen Heuschrecken, die es zerhackt", erklärt Schumann. Eine Rückkehr zu Iveco wird derzeit nicht ausgeschlossen. Man sei nicht im Zwist auseinandergegangen.

"Magirus ist eine typische Mutares-Akquisition, bei der das Unternehmen für eine renommierte Marke mit hoher Qualität steht und ein überzeugendes Wertversprechen bietet. Wir sehen daher ein großes Potenzial im Unternehmen und freuen uns darauf, seine Position in Europa und weltweit weiter auszubauen", so Mutares-Finanzchef Mark Friedrich. Magirus, das weltweit in mehr als 70 Ländern vertreten ist, verfüge über "eine einzigartige Wettbewerbsposition als führendes Unternehmen in seinem Bereich".

Herstellung von Feuerwehrautos hat in Ulm lange Tradition: 1866 wurde Magirus gegründet

Die Herstellung von Feuerwehrfahrzeugen hat in Ulm eine lange Tradition. Conrad Dietrich Magirus war der erste Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Ulm. 1866 wurde das Unternehmen Magirus gegründet. Seit 1975 ist die Produktionsstätte im Ulmer Donautal Teil der Iveco-Gruppe. Lange hieß die Firma Iveco-Magirus. Nach der Schließung der Lkw-Fertigung in Ulm durch Iveco im Jahr 2012 kehrte man zu Magirus zurück.

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Die italienischen Arbeitnehmerverbände hatten im vergangenen Sommer unbefriedigende wirtschaftliche Ergebnisse in den vergangenen zehn Jahren als Grund für die Investoren-Suche genannt – trotz hoher Qualität bei den hergestellten Feuerwehrfahrzeugen. Wie die Turiner Unternehmensgruppe jetzt mitteilt, machte Magirus 2023 mit circa 300 Millionen Euro etwa zwei Prozent des Umsatzes der Iveco Group aus und verzeichnete einen bereinigten EBIT-Verlust von 35 Millionen Euro.

Laut Magirus-Sprecher Schumann ist Mutares genau das, was das Unternehmen derzeit brauche. Die Zugehörigkeit zur großen Iveco Group habe Prozesse aufwendig werden lassen. Durch die Übernahme werde der Konzern eigenständiger, "vollständige Unabhängigkeit" sei angestrebt. Für die Produktion von oftmals individuell zusammengestellten Feuerwehrautos bedeute das, der Fahrzeugunterbau müsse nicht vorrangig ein Iveco sein. Der Hersteller könne "komplett neutral gewählt" werden. Ziel sei es, größer zu werden und zu wachsen. 

Was der Magirus-Betriebsrat zur Mutares-Übernahme sagt

Wilfried Schmid, Betriebsratsvorsitzender bei Magirus, will die Übernahme derzeit nicht bewerten. Dafür sei sie noch zu frisch. Der gesamte Betriebsrat sei aber der Meinung gewesen, dass der Standort für sich – zusammen mit den beiden anderen Tochterunternehmen der Iveco Group (Iveco Magirus und EVCO) – auch funktioniert hätte. Es herrsche ein "Zusammengehörigkeitsgefühl" zwischen den drei Firmen. Zudem werde seit Generationen "Premium-Arbeit" geleistet. Es sei genug Wissen da, um Magirus "komplett eigenständig" in eine "gute Zukunft" zu führen. Er fordert nun eine Standortsicherheit für die kommenden Jahre sowie eine Absicherung der Beschäftigten. Es dürfe nicht zu betriebsbedingten Kündigungen kommen. Zudem müsse sichergestellt werden, dass die Mitbestimmungsmöglichkeiten bestehen bleiben. Ziel sei es, entsprechende Vereinbarungen bis zu den Sommerferien zu erreichen. 

Ulms Oberbürgermeister Martin Ansbacher (SPD) hat am späten Nachmittag so reagiert: "Die gute Nachricht: Der Verkauf an den Münchner Finanzinvestor Mutares beendet die seit knapp einem Jahr schwellende Unsicherheit darüber, wie es weitergehen wird. Auch wenn sich manche für das Ulmer Traditionsunternehmen vielleicht anderes gewünscht haben, kann man sich der Tatsache nicht verschließen, dass Iveco Magirus zuletzt einfach kein Geld mehr verdient hat. Magirus zählt aber auch heute zu den bekanntesten und technologisch führenden Anbietern von Feuerwehrtechnik weltweit." 

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