Buchen und Eichen: Im Wald ist nun Erntezeit
Bucheckern und Eicheln werden in Netzen gesammelt und in aufwendigen Verfahren haltbar gemacht. Warum der Forst Saatgut auf Vorrat braucht.
Am Boden sind große grüne Netze ausgelegt. Im Staatswald bei Zusmarshausen (Kreis Augsburg) ist Erntezeit. In diesem Jahr gab es wieder eine sogenannte Mast. Buchen und Eichen blühten im Frühjahr stark, entsprechend viele Früchte hingen an den Bäumen. Der Begriff Mast hat seinen Ursprung in Zeiten der Hutewälder, als Schweine zum Mästen in den Wald getrieben wurden.
Jetzt im Herbst fallen die Früchte zu Boden. Die Bucheckern landen mit Blättern und Fruchthülle in den Netzen. Die Ernte wird noch im Wald maschinell gereinigt. Die Eicheln fallen erst später, wenn es einen knackigen Frost hatte. Geerntet werden darf nur in „zugelassenen Saatgutbeständen“. Die Bäume müssen gesetzlich festgelegte Kriterien wie eine gute Stammform oder eine hohe Wuchsleistung erfüllen. Im Forstbetrieb Zusmarshausen des Waldunternehmens Bayerische Staatsforsten beispielsweise gibt es insgesamt 1000 Hektar zugelassene Bestände für 13 verschiedene Baumarten – neben Buche und Eiche vor allem Fichte, der Brotbaum in Schwaben. Hubert Droste ist mit der Qualität der Früchte sehr zufrieden. Sie sei hervorragend, sagt der Leiter des Forstbetriebs. Aber die Menge ist geringer als erwartet. Das führt er auf die hohen Sommer-Niederschläge und den Mehltaubefall zurück. Dazu kam die Trockenheit im warmen September. Vor allem die Eichen warfen ihre Früchte ab, bevor sie ausgereift waren.
„Mais kann man jedes Jahr neu anbauen, Bäume nicht“
Bucheckern und Eicheln werden an den Pflanzgarten der Bayerischen Staatsforsten nach Laufen (Kreis Berchtesgadener Land) geliefert. Oder an heimische Baumschulen wie die Firma Sailer in Mertingen (Kreis Donau-Ries) verkauft. Im Wald wird oft ein genetischer Fingerabdruck der Samen genommen. Er wird in einer Folie versiegelt. So kann man nachverfolgen, wo das Saatgut herkommt. Es trägt dann das sogenannte ZÜF-Zertifkat (Zertifizierung für überprüfbare forstliche Herkunft). Die Bäumchen, die daraus gezogen werden, sind etwas teurer. Droste zahlt das gerne. Denn das, was er heute pflanzt, ist eine Investition für kommende Generationen. Die Produktionszeit im Wald liegt immerhin bei bis zu 200 Jahren. „Mais kann man jedes Jahr neu anbauen, Bäume nicht.“
In Mast-Jahren geht Andreas Ludwig, Leiter des Pflanzgartens in Laufen, nach der Blüte im Staatswald auf Ernteerkundung und legt die Bestände fest. Auch er ist von der Entwicklung überrascht: In Südbayern gibt es heuer so gut wie keine Eichel-Ernte – außer in Zusmarshausen im Naturpark Westliche Wälder.
Keimhemmung muss abgebaut werden
Wenn die Früchte im Pflanzgarten ankommen, werden sie nachgereinigt. Bei Bucheckern muss die natürliche Keimhemmung abgebaut werden, sagt Ludwig. Das dauert rund 100 Tage in einem speziellen Lagerraum bei drei Grad. Drei bis vier Mal die Woche müssen die Früchte umgeschaufelt werden. Danach kann das Saatgut bis zu fünf Jahre bei minus sieben Grad gelagert werden. So kann man die Zeit überbrücken, wenn länger keine Mast ist. Jedes Frühjahr wird ein Teil ausgesät oder verkauft.
Bei den Eicheln ist es anders: Hier muss zunächst der Schwarzfäulepilz bekämpft werden. Der ist hoch infektiös, sagt Ludwig. Das geschieht auf biologische Weise zwei Stunden lang in einem Warmwasserbad bei 42 Grad. Die Früchte können dann bei minus drei Grad bis zu zwei Winter gelagert werden.
Die Vorratshaltung von heimischem Saatgut ist für Droste enorm wichtig. Nach den Orkanen Wiebke und Vivien 1990 hatte man keine ausreichenden Reserven. Die Forstwirtschaft steht heute wieder vor einer großen Herausforderung: Angesichts des Klimawandels müssen die Fichten dominierten Wälder kontinuierlich in stabile Mischwälder umgebaut werden. Dafür wird qualitativ hochwertiges Saatgut gebraucht. Aus einem Kilo Eicheln können im Übrigen 80 bis 100 Bäumchen gezogen werden. Bei Bucheckern sind es 800 bis 1000.
Für Droste war es überraschend, dass es bei der Buche zwei Jahre hintereinander eine Blüte gab. Sonst ist der Abstand größer. Mast-Jahre bedeuten einen Kraftakt für die Waldbäume. Es ist ein großer Energieaufwand. Das zeigt sich auch am geringeren Holzzuwachs.
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