Markus Söder: "Uns treibt die Sorge um, wie es weitergeht"
Der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU) spricht im Interview über den Umgang mit der Burka, über eigene Ambitionen und wo er den "Walhall" bayerischer Politik findet
Herr Söder, Sie lieben Bierzelt-Reden. Dabei mögen Sie gar kein Bier.
Söder: Ein ordentliches fränkisches oder bayerisches Bier schmeckt immer gut. Aber es stimmt: Ich trinke fast keinen Alkohol, weil ich viel arbeite und mir dabei einen klaren Kopf bewahren möchte.
Braucht’s das Bierzelt zur Inszenierung für den nächsten Regierungschef?
Söder: Das Bierzelt in Bayern ist Bestandteil der politischen Kultur. Nirgendwo sonst können Sie mit so vielen Menschen direkt und authentisch kommunizieren. Die Bierzelt-Rede ist auch eine anspruchsvolle Rede. Die Zuhörer sitzen nicht wie bei der Sonntagsmatinee andächtig nebeneinander, sondern an einem Biertisch und schauen nicht direkt zum Redner. Bierzelt ist der „Walhall“ der bayerischen Politik. Wenn man Bierzelt kann, ist man für die bayerische Politik geeignet.
Sie wollen doch Ministerpräsident werden?
Söder: Wer sagt das?
Ich frage Sie.
Söder: Wir leben im Moment in einer besonders schweren Zeit. Die Bevölkerung ist tief verunsichert, obwohl es den Menschen eigentlich gut geht. Ich finde es mehr als unangemessen, jetzt über Personal zu spekulieren. Wir haben einen erfolgreichen Ministerpräsidenten. Horst Seehofer und ich arbeiten sehr gut zusammen. Ich versuche, meinen Beitrag für unser Land zu erbringen. Loyalität, Geschlossenheit und Teamgeist sind in diesen Zeiten Trumpf.
Dieser Tage jährt sich die Öffnung der Grenze für die in Ungarn gestrandeten Flüchtlinge. Warum tut sich die CSU so schwer, stolz zu sein auf das, was gerade in Bayern geschafft wurde?
Söder: Uns treibt die Sorge um, wie es weitergeht. Natürlich haben wir Bayern eine große humanitäre Leistung vollbracht. Aber die Folgen der unkontrollierten Zuwanderung sind bis heute unabsehbar. Nach wie vor wissen wir nicht, wer sich wirklich alles im Land befindet. Wir brauchen jetzt kein „Wir schaffen das“, sondern ein „Wir haben verstanden“ und ein „Wir ändern das“. Die Mehrzahl der Menschen hierzulande spürt, dass die unkontrollierte Zuwanderung den Charakter des Landes verändern könnte. Und genau das wollen wir nicht.
Was muss denn geändert werden?
Söder: Klar ist, wir brauchen keine weitere Zuwanderung. Wir brauchen eher eine Rückführung. Statt den Familiennachzug zu erleichtern, müssen wir die Menschen in ihre Heimat zurückschicken, wenn der Bürgerkrieg vorbei ist.
Ist es nicht zynisch in Tagen, an denen uns die Bilder aus Aleppo erreichen, von Rückführung zu sprechen?
Söder: Deutschland hat den Menschen geholfen wie kein anderes Land in Europa, und wir helfen immer noch. Doch schon im Irak und Afghanistan gibt es laut Bundesinnenministerium sichere Gebiete, in die die Menschen zurückgehen können. Natürlich wird auch der Bürgerkrieg in Syrien irgendwann enden. Dann muss dieses Land wieder aufgebaut werden. Wer kann das besser als die einheimische Bevölkerung?
Die Diskussion um ein Burka-Verbot haben Sie angestachelt. Dabei ist das eine Phantomdebatte. Ich habe in Franken noch nie eine Burka gesehen.
Söder: Da müssen Sie mal durch unsere Großstädte gehen. Es geht hier um die Frage des Leitbildes einer Gesellschaft. Burka und Vollverschleierung passen nicht zu unserem Land. Sie sind nicht Teil unserer Kultur, sie sind eine bewusste Form der Abgrenzung. Jeder, der hier leben will, ein Aufenthaltsrecht hat, arbeitet und Steuern zahlt, ist willkommen. Aber er muss sich unseren Werten, Sitten und Gebräuchen anpassen, und nicht umgekehrt. Leitkultur definiert sich eben auch in den kleinen Dingen des Alltags. Wenn wir jetzt die Weichen falsch stellen, lässt sich das in zehn oder 15 Jahren nicht mehr reparieren.
Was ist aus Ihrer Sicht neben einer verstärkten Rückführung von Flüchtlingen noch wichtig?
Söder: Wir brauchen eine bessere Sicherung der Grenzen. Der beste Schutz vor Terrorismus ist nun mal, keine Terroristen ins Land zu lassen. Derzeit wird nur ein Bruchteil der Grenzübergänge in Bayern effektiv kontrolliert. Das ist auf Dauer viel zu wenig. Interview: Michael Czygan
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