Kleinwalsertal: Ein Berg erwacht aus dem Winterschlaf
Am Ifen, dem Wahrzeichen des Kleinwalsertals entsteht ein Mehrgenerationen-Skigebiet. Ein Reisebericht.
Es gibt Skigebiete, die sind so riesig, dass selbst ein Rennfahrer sie nicht an einem Tag abfahren kann. Es gibt auch Skigebiete, die seit Jahren die Nacht zum Tag machen, wo die Skifahrer länger am Tresen stehen als in der Warteschlange eines Skilifts. So ein Skigebiet ist der Ifen nicht. Und trotzdem wird dem 2230 Meter hohen Wahrzeichen des Kleinen Walsertals eine große Winter-Karriere prophezeit.
Möglich wurde sie, nachdem ein langjähriger Streit fast geräuschlos beigelegt wurde. 2012 war die geplante Panoramabahn nach einem Volksentscheid ad acta gelegt worden. Sie sollte die Skigebiete Ifen, Walmendinger Horn und Heuberg verbinden. Inzwischen haben sich die einstigen Kontrahenten zusammengerauft. Die Kleinwalsertaler Bergbahn AG und die Heuberg Skiliftebetrieb GmbH haben gemeinsam die „Skiliftgesellschaft links der Breitach“ gegründet. Ziel ist eine Skischaukel, die Heuberg, Ifen und Walmendinger Horn umfasst.
Erste Schritte zur Modernisierung wurden schon gemacht, und der Ifen wurde aus einem längeren Winterschlaf geweckt. Jetzt surrt eine nagelneue Sechsersesselbahn mit Sitzheizung und Allwetterhauben hinauf zur Bergstation unter dem markanten Felsplateau. Direkt neben dem alten, langsamen Sessellift. „Hier haben wir die schnellste und die langsamste Sesselbahn“, freut sich Augustin Kröll, Vorstand der Kleinwalsertaler Bergbahn AG und Geschäftsführer der Fellhornbahn GmbH, über den doppelten Superlativ.
Es locken sonnenbeschienene Pisten
Für den Seilbahnchef ist der Ifen ein „Multitalent“. Vor allem an der Bergstation unterhalb der Karstlandschaft des Gottesackerplateaus locken sonnenbeschienene blaue, rote und schwarze Pisten, die so abwechslungs- und aussichtsreich sind wie man es sonst nur von den Dolomiten gewohnt ist. Kein Wunder, dass sich die Parkplätze im Tal an den Wochenenden füllen. Es sind nicht nur Skifahrer, die hinauf fahren zur Bergstation. Auch Winterwanderer zieht es in die Höhe. Ein Trampelpfad führt hinauf zum Gipfelkreuz. Wer den mühevollen Aufstieg durch den Schnee nicht scheut, hat von dort einen 360-Grad-Panoramablick über die Allgäuer Bergprominenz bis hin zum Bodensee. Noch in diesem Winter sollen auch zwei Wanderwege das Gottesackerplateau erschließen, verspricht Augustin Kröll.
Wie es zu der eigenartigen Felsenwüste kam, erzählt eine Sage: Danach wanderte einst ein alter Mann über das Ifenkar. Zwischen üppig grünen Wiesen erblickte er eine sonnenbeschienene Alp. Hier hoffte er auf ein wenig Nahrung. Doch der reiche Senn speiste den armen Mann mit einer Schale voller Mist ab. Da verfluchte der Alte die Alp, und die Erde tat sich auf und verschlang die ganze Alp mit Mensch und Vieh. Wo einst Wiesen grünten, erstreckt sich seither eine Felsenwüste, die den Namen Gottesacker erhielt, ein altertümliches Wort für Friedhof.
Auch der ehemalige Slalom-Weltmeister Frank Wörndl kennt die Sage. Schließlich ist er ganz in der Nähe, in Sonthofen, geboren und hat den Ifen schon als junger Mensch bewundert. „Der Berg hat etwas ganz Eigenes,“ begeistert sich der langhaarige Sportler. „Der steht einfach so da.“ Dass der Ifen so dasteht, ist für viele Freerider eine Herausforderung. Auch an Tagen, an denen Lawinenwarnung besteht, wagen sie sich an seine dick verschneiten Flanken – oft unter den besorgten Blicken der Bergbahn-Mitarbeiter.
Regionale Küche im Bergrestaurant
Während die einen schneestäubend zu Tal carven, sitzen die anderen im Bergrestaurant Hahnenköpfle und lassen es sich gut gehen. Chef Thomas Vorholzer setzt auf gesunde, regionale Küche und hat mit Chefkoch Maik Neumann eine grüne Haube erkocht. Dafür hält sich das Hahnenköpfle an strenge Kriterien, bietet nicht nur Bio-Weine, -Biere und -Säfte an, sondern auch täglich acht verschiedene Salate und Fleisch vom regionalen Metzger. „Ich will den Gästen näher bringen, sich bewusster zu ernähren,“ sagt der Chef. „Wir gehen schließlich auch nicht in den nächsten Supermarkt, um möglichst günstig einzukaufen.“ Mit seinem Burger hat Vorholzer einen echten Hit gelandet, der auch dem Nachwuchs schmeckt.
Das ist wichtig. Schließlich ist die Zielgruppe des Skigebiets die „Mehrgenerationenfamilie“. „Mir sin net a Skigebiet mit Halligalli“, wehrt Bergbahnchef Kröll mögliche Vergleiche mit Ischgl oder Sankt Anton ab. Mit der Zeit gehen müsse man aber trotzdem. Deshalb werden nach dieser Wintersaison die Bagger auf der Piste hochfahren, um zwei veraltete Lifte durch zwei moderne Kabinenbahnen zu ersetzen. Eingesetzt wird dann modernste Seilbahntechnologie mit besonders leisem Betrieb. Auch das Bergrestaurant wird ein modernes Gesicht bekommen. Zur nächsten Wintersaison sollen die Baumaßnahmen fertig sein. „Dann wird der Ifen tatsächlich zum Premium-Familienskigebiet“, freut sich Kröll.
Insgesamt 40 Millionen Euro investiert die neu gegründete Bergbahngesellschaft in die Baumaßnahmen unter der Devise „Mehr Sicherheit, mehr Komfort, mehr Genuss“. Langfristig will die „Skiliftgesellschaft links der Breitach“ ein zusammenhängendes und schneesicheres Skigebiet schaffen. In spätestens drei bis vier Jahren soll auch die eigentliche Verbindung zwischen Ifen und Walmendingerhorn fertig sein – noch braucht man dazu einen Pendelbus. Wie das Ganze aussehen wird, steht noch in den Sternen.
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