Neues Theater in Gütersloh
Gütersloh (dpa) Wie ein Damoklesschwert schwebt die desolate Haushaltslage über etlichen Theatern in Nordrhein-Westfalen. So ringen die städtischen Bühnen in Wuppertal, Hagen, Oberhausen und Moers um ihre Existenz.
Die Stadt Gütersloh aber trotzt dem drohenden Theatersterben: Am 13. März wird dort eine neue Spielstätte eröffnet. 21,75 Millionen Euro lässt sich die rund 96 000 Einwohner zählende Stadt das ehrgeizige Projekt kosten. "Das Theatergebäude bereichert die Region um ein neues Wahrzeichen. Mit seiner transparenten Architektur präsentiert es sich auch optisch als offener Ort der kulturellen Begegnung", sagt Andreas Kimpel, städtischer Kulturbeigeordneter.
Seit 1949 fand der Spielbetrieb in der Paul-Thöne-Halle statt, einem Theater- und Kinosaal. Aufgrund des zunehmend schlechten baulichen Zustands der Halle wurden bereits 1990 erste Überlegungen zu einem Theaterneubau gestellt. Konkreter wurden diese jedoch erst im März 2003, als der Stadtrat die Errichtung eines neuen Theaters nach einem Entwurf des Hamburger Architekten Professor Jörg Friedrich beschloss. Wenig später musste wegen erheblicher Sicherheitsmängel der Spielbetrieb in der Paul-Thöne-Halle eingestellt werden.
Doch das Vorhaben scheiterte an Protesten aus der Bevölkerung. Der Verein "Bürger für Gütersloh" sammelte Stimmen gegen den Bau eines Theaters und setzte den ersten Bürgerentscheid über ein Kulturinvestitionsprojekt in Nordrhein-Westfalen durch. Fast 24 400 von 74 700 wahlberechtigten Güterslohern gaben ihre Stimme ab; rund 18 600 stimmten mit Nein. Damit wurde der Ratsbeschluss aufgehoben und dem Rat eine zweijährige Beratungspause zum Theaterbau auferlegt.
Ein erneuter Ratsbeschluss ebnete im Juni 2006 schließlich den Weg zum neuen Theater. Das von Jörg Friedrich entworfene puristische Gebäude mit der 1000 Quadratmeter großen gläsernen Südfassade und der sich nach oben öffnenden Wendeltreppe entstand auf dem Gelände der abgerissenen Paul-Thöne-Halle. Es verfügt über einen großen Saal mit 530 Plätzen und einer Studiobühne mit bis zu 180 Plätzen.
"Beispiellos in ganz Deutschland ist die vertikale Anordnung der einzelnen Funktionsbereiche des Theaters", betont Andreas Kimpel. Aufgrund seiner Multifunktionalität könne das Haus auch für Tagungen und gesellschaftliche Anlässe genutzt werden. "Von der Skylobby, dem großen Gastronomiebereich über dem Theatersaal, reicht der Blick bei gutem Wetter bis ins Sauerland", schwärmt der Kulturbeigeordnete. Mit dem Neubau sei nicht zuletzt ein Stadtentwicklungsprozess in Gang gekommen: "Mit der benachbarten Stadthalle und dem alten Wasserturm, einem Veranstaltungsort für Rockmusik, ist ein neues Quartier entstanden."
Doch auch am neuen Gütersloher Theaterhimmel hängen dunkle Wolken. Der Zuschussbedarf des Eigenbetriebs Kultur Räume Gütersloh, in dem Stadthalle und Theater zusammengefasst sind, beläuft sich in diesem Jahr auf rund 4,2 Millionen Euro. Bis 2014 soll dieser Betrag durch Einsparungen im Personal und die Erhöhung der Eintrittsgelder auf 3,5 Millionen Euro gesenkt werden.
Und auch beim Programmetat wird der Rotstift angesetzt. In diesem Jahr stehen dem Theater, das über kein eigenes Ensemble verfügt, für Gastspielengagements 925 000 Euro zur Verfügung. Doch Andreas Kimpel zeigt sich zuversichtlich: "Schon in der ersten Saison sind 2600 Abonnements verkauft. Das zeigt uns, dass sich die Gütersloher auf ihr neues Theater freuen." Der Verein "Bürger für Gütersloh" sieht dies freilich anders: Er will mit einem zweiten Bürgerbegehren die Privatisierung des Theaters erzwingen.
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