Der Prinz und die Geissens
Deutschland ist das Land der Dichter und Denker. Vor allem Letztere drücken aber als Zweifler auf die Stimmung. Wir zweifeln an allem, an der Rentenformel, Gott, der Sinnhaftigkeit von Stuttgart 21 – und das nur wegen einer Kostensteigerung von ein paar Milliarden. Wir zweifeln selbst an unserem Job. Angeblich befindet sich jeder Vierte in der inneren Emigration. Und das Ober-Zweifelorgan Bild will sogar den Geissens, unseren so hemmungslos erfrischend öffentlich konsumierenden Fernsehmillionären, nicht abnehmen, dass sie wirklich so viel Geld angehäuft haben, auch wenn Frau Geiss überzeugend darlegt: „Wir sprechen nicht über die Höhe unseres Vermögens. Solange mein Handtuch fettiger ist als manch anderem seine Suppe, sollten sich die Leute darüber keine Gedanken machen.“
Diese Argumentationskette ließe sich in etwa folgendermaßen verdeutlichen: Frau Geiss ist finanziell derart gut ausgestattet, dass sie keiner Erwerbstätigkeit nachgehen muss und so lange, wie sie will, gut mit Sonnencreme eingeschmiert am Pool oder Strand liegen kann.
Auf alle Fälle stehen die Geissens offensiv zu ihrem Reichtum wie der Saudi-Prinz Al-Walid bin Talal. Von ihm können wir verzweifelten Deutschen viel lernen. Wenn hierzulande Volkswagen-Chef Martin Winterkorn als Top-Performer froh ist, wenn er einige Millionen weniger Gehalt vom Aufsichtsrat bewilligt bekommt, weil dadurch nicht derart viel Neid an ihm kleben bleibt, perlt derlei am Mann aus dem Nahen Osten ab. Wehe, wer die Zahl seiner Ferraris, Kamele, Falken (und wir befürchten auch Frauen) zu gering einschätzt. Dem ist sein Zorn gewiss. Der Prinz und unsere Geissens haben zweifelsohne verstanden, dass Reichtum nur dann Quell tiefer Freude sein kann, wenn andere davon erfahren und sich vor Neid schwarzärgern.
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