Martin Luther inspiriert zum Dialog
Die katholische und evangelische Kirche in Deutschland nähern sich an. Inspiriert durch Martin Luther arbeiten beide Seiten an ihrem konfessionellen Dialog.
Es war ein Zeichen, das aufhorchen ließ, als Papst Benedikt XVI. im März persönlich in die Planung seines Deutschland-Besuchs eingriff, „damit die Begegnung mit den evangelischen Christen gebührenden Raum erhält“. Für alle sichtbar wurde darin, dass die Ökumene dem deutschen Pontifex ein besonderes Anliegen ist. Ausgerechnet dem Ratzinger-Papst, der die katholische Tradition hochhält und den alten lateinischen Ritus wieder zu neuen Ehren gebracht hat, hätte man eine solche Initiative eigentlich kaum zugetraut.
Aber auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) signalisiert Rom ein neues Interesse am Dialog. Nach Jahren der Stichelei, um sich konfessionell einseitig zu profilieren, wird der Ton wieder freundlicher. Vor allem das Reformationsjubiläum 2017 – 500 Jahre nach Martin Luthers Anschlag seiner 95 Thesen in Wittenberg – beflügelt die Hoffnung einer „kritisch-konstruktiven“ Würdigung des Reformators durch die Katholiken.
War er nicht ein Theologe, der mit brennender Leidenschaft den Erlösertod von Jesus Christus am Kreuz für den individuellen Glauben neu zur Geltung brachte, wo die mittelalterliche Kirche mit der Angst um das Seelenheil schnöden Handel trieb? Ostern ist der rechte Zeitpunkt, das zuinnerst Verbindende aller Christen ins Bewusstsein zu rufen: ihr Vertrauen auf Gott über den Tod hinaus.
Große Fortschritte hat die Annäherung der katholischen und evangelischen Kirche gemacht. In den politisch-ethischen Fragen wird Ökumene in Deutschland längst problemlos praktiziert. Über die christliche Patientenvorsorge ist man sich konfessionsübergreifend genauso einig wie in der Ablehnung von Sonntagsarbeit. Beim Abendmahl jedoch ist die Ökumene stecken geblieben. Nicht einmal konfessionsverschiedenen Ehepaaren und Familien, die täglich ihr Leben teilen, gewährt der Papst eucharistische Gastfreundschaft.
Gebetmühlenartig wiederholt die katholische Seite, es müsse zuerst eine tragfähige Übereinkunft in den trennenden Fragen geben, sodass konfessionelle Differenzen nicht nur heruntergespielt werden, sondern die Christen zu einer tieferen Gemeinschaft finden. Es kann nicht sein, dass der Katholik am Tabernakel sein Knie beugt und der Protestant über das „Dosenfutter“ darin spottet. Konfessioneller Dialog ist keine Einbahnstraße.
Zum Glück räumt die Deutsche Bischofskonferenz dem ökumenischen Dialog wieder hohe Priorität ein. Sichtbare Einheit bestehe immerhin in der allseits anerkannten Taufe. Darauf aufbauen kann der möglichst rege Austausch spiritueller Gaben, der, so darf man hoffen, einmal dazu führt, die evangelische als „Kirche im eigentlichen Sinne“ anzuerkennen und damit eine tiefe Kränkung aus der Welt schaffen.
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