Auch die Japaner horten für den Notfall
Schon seit Jahrzehnten legt sich jeder Haushalt in dem Inselstaat Vorräte an. Denn kein anderes Land ist derart von Naturkatastrophen bedroht.
Einen Katastrophenrucksack? „Nee, habe ich nie angelegt, hatte ich aber immer mal vor“, sagt Taketani Yuya. „Meine Eltern haben so etwas, ich bin aber nicht dazu gekommen, seit ich ausgezogen bin.“ Mit seiner Nachlässigkeit unterläuft der 27 Jahre alte Tokioter Angestellte die Anstrengungen der japanischen Regierung, das Land möglichst katastrophenfest zu machen. Mindestens für drei Tage sollen die Vorräte an Wasser und Nahrung jedes Haushalts reichen, lautet die Empfehlung der Regierung. Dazu kommen Helme für alle Familienmitglieder, ein Verbandskasten, Taschenlampen, ein Radio und Hygieneartikel.
Zivilschutzpläne mit Vorgaben für die Bevorratung von Lebensmitteln, die seit Tagen in Deutschland diskutiert werden, sind in Japan nichts Neues. Denn das Land hat besonders viel Erfahrung mit Katastrophen. Nirgendwo sonst bebt die Erde so häufig – etwa 200 Mal im Jahr, und regelmäßig richtig heftig.
Zuletzt starben im April in der südjapanischen Region Kumamoto 49 Menschen. Die Erschütterungen lösen immer wieder auch Tsunamis aus. Vor fünf Jahren hat so eine Flutwelle fast 20 000 Menschen in den Tod gerissen und das Atomkraftwerk in Fukushima zur Kernschmelze gebracht. Dazu kommen jährlich mehrere Taifune, die Überschwemmungen und Sturmfluten bringen. Die Empfehlung für eine Katastrophentasche steht daher schon seit Ende der 50er Jahre.
Zehn Jahre haltbares Hühnercurry im Plastikbeutel
Die guten Vorbereitungen der japanischen Regierung und der Bürger helfen dabei immer wieder, Schlimmeres zu verhindern. Die Regel, Vorräte für mindestens drei Tage anzulegen, leitet sich aus den Vorgaben für Armee und Katastrophenschutz ab: Nach einem schweren Erdbeben sollen sie binnen 72 Stunden auch schwer verwüstete Gebiete erreichen und an den Sammelstellen Lebensmittel und Wasser verteilen.
Das muss nicht so sein, denn die japanischen Kaufhäuser bieten in eigenen Abteilungen einen ganzen Kosmos von Katastrophenzubehör an. Wer sich – anders als der Angestellte Taketani Yuya – optimal vorbereiten möchte, findet alles, um es sogar richtig komfortabel zu haben. Das fängt mit Plastiktüten an, die auf die Form einer Kloschüssel zugeschnitten sind – damit man richtig im Sitzen sein Geschäft verrichten kann, auch wenn kein Leitungswasser mehr fließt. Zahlreiche gefriergetrocknete Gerichte sollen für Abwechslung zu den üblichen Notfall-Keksen in Blechdosen sorgen. So gibt es beispielsweise zehn Jahre haltbares Hühnercurry im Plastikbeutel oder „Alpha-Reis“, der sich sogar mit kaltem Wasser aufgießen lässt.
Faltbare Helme, Solarladegeräte fürs Handy, Kurbelradios oder Geigerzähler fürs iPhone sind nur einige der Waren, die für den Notfall zu haben sind. All das gehört allerdings nicht zu den Regierungsempfehlungen. Die Behörden sind schon zufrieden, wenn die Haushalte Wasser und Brot in Dosen vorhalten. Hauptsache, die Vorräte reichen für drei Tage.
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