Das Rätsel um Flug MH370
Vor fast 100 Tagen ist ein Flugzeug mit 239 Menschen an Bord verschwunden. Seither wird nach der Maschine gesucht. Doch bis heute fehlt jede Spur. Dafür gibt es wilde Spekulationen
Fast 100 Tage sind seit dem mysteriösen Verschwinden der Malaysia-Airlines-Maschine Flug MH370 vergangen. Bis heute ist keine Spur von dem Wrack der Boeing 777-300 oder den 239 Menschen an Bord gefunden worden. Der Fall ist beispiellos in der jüngeren Luftfahrtgeschichte.
Wann gab es den letzten Kontakt?
Es ist der 8. März, kurz nach Mitternacht Ortszeit in Malaysia. Flug MH370 der Malaysia Airlines hebt in Kuala Lumpur ab. Die Piloten und zehn Flugbegleiter haben alle Hände voll zu tun, während die 227 Passagiere sich für den Nachtflug nach Peking einrichten. „Gute Nacht, Malaysian drei sieben null“, meldet sich jemand aus dem Cockpit ordnungsgemäß kurz vor Eintritt in den vietnamesischen Luftraum ab. Danach herrscht Funkstille.
Was ergaben die Ermittlungen?
Zunächst vor allem Chaos. Wann der letzte Kontakt war, was das Cockpit meldete – die malaysischen Ermittler sind konfus und korrigieren ihre Angaben ständig. Dutzende Schiffe und Flugzeuge werden im Südchinesischen Meer zwischen Malaysia und Vietnam auf Wracksuche geschickt. Nach einer Woche eine Wende: Regierungschef Najib Razak sagt, die Kommunikationssysteme an Bord seien „mit hoher Wahrscheinlichkeit absichtlich“ abgeschaltet worden. Satelliten hätten noch fast sieben Stunden Signale der Maschine aufgefangen. Die mögliche Flugroute ging entweder über Nordthailand bis Turkmenistan oder an Indonesien vorbei auf den Indischen Ozean hinaus.
Was passiert mit den Angehörigen?
Zweidrittel der Passagiere an Bord waren Chinesen. Malaysia Airlines betreut Angehörige in Hotels in Peking und Kuala Lumpur, auch mit Psychologen. Die chinesischen Angehörigen und die Behörden erheben schwere Vorwürfe gegen Malaysia Airlines. Sie fühlen sich schlecht informiert. Die Schließung der Hotelzentren nach einigen Wochen bringt weitere Kritik. US-Anwälte suchen nach Mitstreitern für eine Sammelklage. Die Allianz-Versicherung führt ein Konsortium an, das die Flotte von Malaysia Airlines versichert und beginnt drei Wochen nach dem Verschwinden mit der Auszahlung.
Welche Theorien verfolgen die Ermittler?
Nach Razaks Enthüllung werden die Passagiere unter die Lupe genommen. Die Polizei prüft, ob jemand kurz zuvor eine Lebensversicherung abgeschlossen hat, ob jemand selbstmordgefährdet war. Zwei Iraner mit falschen Pässen werden schnell als harmlose Studenten entlarvt, die illegal nach Europa wollten. Keiner der Passagiere ist auffällig. Die Piloten geraten ins Visier: Chefpilot Zaharie Ahmad Shah, 52, hat einen Flugsimulator zu Hause, Co-Pilot Fariq Abdul Hamid, 27, hat auf einem früheren Flug schon einmal illegalerweise Touristinnen ins Cockpit gelassen. Bei beiden gibt es aber keine Anzeichen für böse Absichten.
Was für Spekulationen gibt es?
Im Internet kursieren jede Menge Theorien. Eine versuchte Entführung, eine Selbstmordmission eines Insassen, ein technischer Defekt mit Explosion im Cockpit, der die Piloten außer Gefecht gesetzt hat, ein Brand mit giftigen Gasen an Bord, der alle bewusstlos machte. In anderen Spekulationen hieß es, die Boeing könne auf den Andamanischen Inseln nördlich von Indonesien gelandet sein, auf dem Atoll Diego Garcia im Indischen Ozean oder womöglich in Nordkorea. Hartnäckig hält sich das Gerücht, die Maschine sei vom Militär absichtlich oder versehentlich abgeschossen worden und das werde nun verschleiert.
Wie laufen die Ermittlungen weiter?
Nachdem eine weitere Auswertung der Satellitensignale die südliche Flugroute bestätigt und den Kurs besser definiert, koordiniert Australien die schwierige Wracksuche in einem mehr als 300000 Quadratkilometer großen Gebiet rund 2000 Kilometer westlich von Perth. Dutzende Schiffe und Flugzeuge sind beteiligt, ebenso das unbemannte U-Boot bluefin-21. Ein Schiff registriert Funksignale, die womöglich von der Blackbox stammen. Doch wird in den nächsten zweieinhalb Monaten keine Spur des Wracks entdeckt. Australien stellt sich auf eine monatelange Suche ein und sucht einen privaten Generalunternehmer dafür. (dpa)
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