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Tourismus
29.07.2011

Ferien im alten Nazi-Koloss

Der ehemalige NS-Urlaubskomplex an der Ostseeküste in Prora.
Foto: Jens Koehler/dapd

Wenn 400 Jugendliche Ferien in einem unter Hitler erbauten Hotelkomplex machen, muss eine besondere Geschichte dahinter stecken. Lena Bauer ging der Sache nach.

Das Zimmer ist klein. Zwei Stockbetten aus Holz, ein Tisch, vier bunte Stühle. Die Wände sind weiß, es riecht nach frischer Farbe. Alles ist sauber und neu – es könnte ein Zimmer wie in vielen deutschen Jugendherbergen sein.

Ist es aber nicht. Es gehört zu der im Juli neu eröffneten Jugendherberge in Prora auf der Insel Rügen. Eine Eröffnung, die so viel Aufmerksamkeit bekommen hat wie wohl kaum eine Jugendherberge zuvor. Und das liegt nicht an den Stockbetten, sondern an dem Gebäude – vielmehr an der Geschichte des Gebäudes. Die Jugendherberge ist in einen Teil des riesigen Hotelkomplexes aus dem Dritten Reich eingezogen. Das „Seebad Rügen“ der NS-Urlaubsorganisation „Kraft durch Freude“ (KdF) war ein gigantisches Projekt, das aber nie vollendet wurde.

1936 hatten die Nationalsozialisten den Grundstein für den Hotelkomplex gelegt, in dem 20 000 Menschen gleichzeitig Urlaub machen sollten. Bis 1939 wurden auf einer Länge von 4,5 Kilometern acht sechsgeschossige Blöcke errichtet, von denen fünf heute noch stehen. Doch mit Kriegsausbruch wurden die Arbeiten eingestellt, die Rohbauten blieben unvollendet. Kein Urlauber hat darin je die Aussicht auf den Ostseestrand genossen – bis vor ein paar Wochen.

Keine Spur von Beklemmung

Die Jugendlichen Moritz, Daniel und Nils springen die große Eingangstreppe der Herberge hinunter. Sie finden ihre Urlaubsunterkunft „ziemlich cool – für eine Jugendherberge halt“. Über die Geschichte des Hauses wissen sie Bescheid: „Das haben die Nazis für Urlauber gebaut“, sagt der 16-jährige Nils. Ein Problem sieht er darin nicht: „Erstens waren die ja gar nicht hier drin und zweitens merkt man davon nichts mehr.“

So wie die drei Freunde aus Münster sehen es die meisten der gut 400 Gäste, darunter viele junge Familien, die derzeit ihren Urlaub in der ausgebuchten Jugendherberge verbringen. Auf dem Zeltplatz gegenüber wird gerade ein Lagerfeuer angefacht, ein Tennisball fliegt durch die Luft und Kinder springen hinterher, ein Pärchen sonnt sich auf der Bank vor der Herberge. Die Atmosphäre ist fröhlich und entspannt – Urlaub eben. Keine Spur von Beklemmung oder Unwohlsein angesichts des geschichtsträchtigen Ungetüms. Erik, Max, Kristina und Robina aus Sachsen beschäftigt jedenfalls mehr die Frage nach dem Wetter, das besser sein könnte, als die nach der Vergangenheit ihrer Unterkunft. „Das spielt für uns keine Rolle“, sagt Erik, bevor die 18- und 19-jährigen Freunde ihren Weg zum Strand fortsetzen.

Es spielt keine Rolle und ist zugleich doch allzeit präsent. Schließlich ist die neue Urlaubsunterkunft mit 152 Metern Länge am Nordende des Blockes V nur ein winziger Teil des gesamten Komplexes. Der Rest steht leer und erinnert durch die bloße Anwesenheit an seine düstere Geschichte. Zwar sind die schmalen, hohen Blöcke teilweise von Büschen und Bäumen verdeckt, doch ziehen sie noch immer alle Blicke auf sich. Radfahrer etwa halten an, um Fotos zu machen, Spaziergänger gehen ganz nah hin und sehen durch scheibenlose Fenster ins Innere der kahlen, heruntergekommenen Bauten.

Einheimische wie Stefan Fiebig und seine Familie bleiben bei ihrem Radausflug dagegen neugierig vor der Herberge stehen. Sie wollen mit eigenen Augen sehen, was hier entstanden ist. „Wunderbar. Es ist der Beweis, dass man aus dem alten Bau etwas machen kann, der nun wahrlich kein Aushängeschild für unsere Insel ist“, sagt Stefan Fiebig nach eingehender Betrachtung.

"Aus grau mach bunt"

Die Herberge hebt sich optisch in ihrem hellen Anstrich deutlich ab vom düsteren Braun des übrigen Gebäudes. Der Vorplatz ist neu gepflastert, Bäume, Rasen und Blumen wurden frisch angepflanzt. Wer den Block betritt, wird an einer leuchtend orangefarbenen Rezeption empfangen, die sich ebenso grell von den weißen Wänden abhebt wie die grünen Bänke und roten Sitzkissen im Eingangsbereich. Hell und freundlich ist der erste Eindruck, der wohl auch von dem etwas beengenden Gefühl ablenken soll, das die 141 Meter langen, schmalen und niedrigen Gänge hervorrufen, von denen es auf vier Etagen in die Zwei-, Vier- und Sechsbettzimmer geht. 96 Zimmer und 402 Betten gibt es insgesamt.

„Unser Credo ist: Aus grau mach bunt“, sagt Dennis Brosseit. Der Leiter des Hauses verkörpert selbst den frischen Schwung, den er nach Prora bringen will. Groß und sportlich, braun gebrannt, mit Drei-Tage-Bart, in Jeans und T-Shirt wirkt der 36-Jährige beinahe selbst wie ein Urlauber. Nein, die Herbergsgäste fragen kaum nach der Vergangenheit, so Brosseit. Die Journalisten aus aller Welt dafür umso mehr: „Nazi-Bau! Ich kann es langsam nicht mehr hören“, gesteht der Herbergsleiter verlegen lächelnd. Er wolle ja nicht die Vergangenheit übertünchen und sich dem auch nicht verschließen. „Wir haben einen kleinen pädagogischen Auftrag, das ist uns bewusst“, sagt der studierte Sonderschulpädagoge. Wichtiger noch als die NS-Zeit empfindet er dabei die DDR-Zeit in Prora, also die jüngere Geschichte des Ortes.

Die Mensa der Jugendherberge bei der Eröffnung hat nichts mehr mit dem ursprünglichen Stil des Gebäudes gemein.
Foto: Jens Koehler/dapd

Denn nachdem das Gebäude während des Krieges unter anderem als Lazarett genutzt worden war, wurde es anschließend in der DDR erst von der Kasernierten Volkspolizei (KVP) und später von der Nationalen Volksarmee (NVA) in Beschlag genommen und zum militärischen Sperrgebiet erklärt. Mehrere tausend Bausoldaten, die Kriegsdienstverweigerer der DDR, waren zeitweise in Prora untergebracht.

Demokratie, Toleranz und Miteinander

Eine kleine geschichtliche Ausstellung des Vereins Prora Zentrum ist im Block V nahe der Jugendherberge zu sehen. Es ist der Vorbote eines größeren Dokumentations- und Bildungszentrums, das bis 2013 entstehen soll. Susanna Misgajski ist die Geschäftsführerin des Vereins, der seit 2008 in den provisorischen Räumen untergebracht ist. Vereinzelt, doch unentwegt kommen Urlauber auf dem Weg zum Strand in die Ausstellung. „Das Interesse an der Geschichte dieses Ortes ist groß“, sagt Misgajski.

Über die Eröffnung der Herberge habe sie sich sehr gefreut: „Das ist etwas vollkommen anderes, als es die Nationalsozialisten geplant haben.“ Die neue Ferienunterkunft verkörpere Demokratie, Toleranz und Miteinander. Ein individueller Urlaub, wie ihn Touristen jetzt hier verbringen, wäre in der NS-Zeit dagegen niemals möglich gewesen. „Der Tagesablauf war fest geplant“, erzählt die Expertin. Alle Zimmer sollten gleich aussehen, winzig und ohne Luxus, aber mit Blick auf die Ostsee. Dieser wird heute von einem grünen Waldstreifen verdeckt. Die von den Nationalsozialisten geplante Promenade am „Bad der 20000“ – sie hätte anders ausgesehen.

Prora sei ein Paradebeispiel, wie die NS-Propaganda funktioniert hat, so Misgajski. Denn obwohl noch gar nicht in Betrieb, habe Prora als erstes von mehreren geplanten Riesen-Bädern seine Propagandafunktion bereits erfüllt. Ein Zeitzeuge habe ihr erzählt, er hätte damals geglaubt, hier seien längst Urlauber. Und genau deshalb, um diese Monumentalität zu vermitteln, die Art und Weise, wie die NS-Propaganda die Menschen eingefangen hat, sei es auch richtig, dass dieses Gebäude nicht abgerissen wurde, sondern unter Denkmalschutz steht. So sieht es Susanna Misgajski.

Die Jugendherberge ist erst der Anfang

Dennis Brosseit sah in dem Gebäude dagegen ein weißes Stück Papier. Mit dem Projekt habe ihm das Deutsche Jugendherbergswerk „viele bunte Stifte in die Hand gegeben“. Der gestalterische Freiraum sei der große Reiz für ihn gewesen, schwärmt Brosseit, der zuvor ein kleines Hotel auf Mallorca betrieben hat. Er sah es als seine Aufgabe, „diesen Koloss mit Leben zu füllen“. Eine großartige Möglichkeit, den Ort wieder zu beleben – mit dem nötigen Respekt für die Vergangenheit. Doch eines soll hier ganz bestimmt nicht entstehen: „Ein Versammlungsort von Verbänden oder Gruppierungen, ganz gleich ob rechts, links, oben oder unten“, so Brosseit. Gemeinsam mit dem Verein Prora Zentrum soll vielmehr eine Brücke geschlagen werden zwischen alt und neu.

Eineinhalb Jahre dauerten die Restaurierung des Gebäudes und die Einrichtung der Herberge. Kosten: 16,8 Millionen Euro. Bauherr der Jugendherberge ist der Landkreis Rügen, der das Objekt vom Bund erworben und jetzt an das Deutsche Jugendherbergswerk verpachtet hat. Geht es nach den Vorstellungen von Brosseit und Misgajski, ist die Jugendherberge erst der Anfang. Im noch leer stehenden Teil des Blockes V ist vieles denkbar: Restaurants, Cafés, Einkaufsmöglichkeiten oder ein Fitnessstudio. „Wir hoffen, dass wir eine Initialzündung sind“, sagt Brosseit. Außer etwas Natur und dem schmalen, langen Sandstrand ist für Urlauber in Prora in der Tat nicht viel geboten. Der alte Nazi-Koloss, er bietet noch immer viel Raum für Gestaltung.

Daten und Fakten

Wer darf rein? Voraussetzung für die (weltweite) Übernachtung in Jugendherbergen ist die Mitgliedschaft im Deutschen Jugendherbergswerk. Zielgruppe sind junge Menschen bis 26 Jahre, aber auch ältere Einzelgäste werden „nachrangig aufgenommen“. Bundesweit sind derzeit 2,1 Millionen Menschen Mitglied.

Was kostet es? Junge Menschen bis 26 Jahre zahlen für den Mitgliedsbeitrag 12,50 Euro im Jahr, für Familien und Mitglieder ab 27 Jahre sind es 21 Euro. Eine Übernachtung mit Halbpension kostet etwa zwischen 20 und 32 Euro.

Wo gibt es Jugendherbergen? Deutschlandweit sind es rund 540. Bayern hat mit 70 Einrichtungen (1,33 Millionen Übernachtungen in 2010) das größte Netzwerk. Jugendherbergen in unserer Region: Augsburg, Donauwörth, Eichstätt, Füssen, Günzburg, Heidenheim, Ingolstadt, Lindau, Oberstdorf, Ottobeuren und Ulm. Mitglieder des deutschen Jugendherbergswerks können auch international in über 4000 Jugendherbergen in 90 Ländern übernachten.

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