In der Killer-Hitze schmelzen Straßen
Ganz Indien leidet unter extremen Temperaturen. Vor allem die Armen finden keinen Schutz. Bereits mehr als 2200 Menschen sind nach offiziellen Angaben gestorben.
Hitzewellen sind in Indien normal: Doch die letzten beiden Wochen waren selbst für den an extreme Wärme und Trockenheit gewohnten Subkontinent ungewöhnlich. Temperaturen von bis zu 50 Grad lassen den Asphalt auf den Straßen zerfließen wie Butter in der Sonne, Krankenhäuser sind mit Hitzekranken überlaufen und die Behörden warnen die Menschen davor, tagsüber das Haus zu verlassen.
Doch für Indiens Millionen Arme ist das keine Option: Sie müssen auch in der sengenden Hitze draußen arbeiten und im Freien leben. Das macht sie besonders anfällig bei den extremen Temperaturen, die in diesem Sommer herrschen: Mehr als 2200 Menschen sind offiziell bereits an den Folgen der Hitze gestorben. Die wirkliche Zahl dürfte höher liegen. Es ist die schlimmste Hitzewelle seit über drei Jahrzehnten.
Der Süden Indiens ist besonders betroffen
„Jede extreme Wetterlage trifft die Armen am härtesten, weil ihre Wirkung die Anfälligkeit dieser Menschen noch verstärkt“ , erklärt R. S. Deshpande, ein Sozialwissenschaftler des „Indian Council of Social Science Research“. „Die Armen haben keinen Schutz wie etwa ein Haus mit einem guten Dach, Kleider, die die Hitze abhalten, sauberes Essen und Wasser, noch können sie es sich leisten, das Arbeiten im Freien einzustellen und vor der Hitze Zuflucht zu suchen.“
Besonders betroffen ist der Süden des Landes: die meisten Hitzetoten verzeichnen die Bundesstaaten Andhra Pradesh, Telangana und Odisha. Dort brachten auch die Gewitter am Wochenende kaum Abkühlung. In der kommenden Woche soll im Süden endlich die Regenzeit beginnen. Doch ehe der kühlende Monsun Einzug hält, werden die Temperaturen nicht sinken, sagen die Meteorologen. Und im Norden des Landes werden ohnehin noch Wochen vergehen, bis der Regen kommt. Den Komfort einer Klimaanlage können sich nur Wohlhabende leisten. In vielen Städten gibt es nicht genug Trinkwasser. Massive Stromausfälle und Wassermangel machen das Leben für die allermeisten Menschen unerträglich.
Die Gluthitze treibt die Menschen zur Verzweiflung. Im Bundesstaat Bihar, im Osten des Landes, gräbt ein ganzes Dorf jeden Morgen in einem ausgetrockneten Flussbett nach Wasser. „Noch finden wir Wasser, aber wenn es noch heißer wird, dann wird auch das schwierig“, erklärt der Dorfbewohner Moti Shah aus dem Lakhisarai-Distrikt im indischen Fernsehen.
Wissenschaftler machen die Klimaerwärmung und die rasche Urbanisierung für die Bruthitze verantwortlich. Früher habe eine Hitzewelle um die sieben Tage angehalten, heute dauere eine solche Periode Wochen an, heißt es. Forscher am „Centre for Science and Environment“ in Neu-Delhi sagen voraus, dass das Land künftig immer mehr extrem heiße Sommer wie in diesem Jahr erleben wird.
„Acht der zehn wärmsten Jahre in der Geschichte Indiens wurden zwischen 2001 und 2010 verzeichnet.“ Die Zahl der Tage mit Extremtemperaturen könne pro Jahr auf 30 bis 40 steigen, prophezeien die Forscher.
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