Mediziner räumt mit Erkältungs-Mythen auf
Tipps zum Kampf gegen Husten, Schnupfen und Heiserkeit gibt es viele. Aber einige sind schlichtweg falsch. Was ein Arzt über die bekanntesten Mythen sagt.
Im Laufe seines Lebens bekommt ein Mensch zwischen 200 und 300 Erkältungen. Deshalb, könnte man meinen, müssten wir alle Experten sein, wenn es um Erkältungen geht. Dennoch halten sich einige Mythen hartnäckig. Dr. Jakob Berger, Vorsitzender des Hausärzteverbandes in Schwaben, erklärt, was es mit ihnen auf sich hat.
1. Mythos: Erkältungen werden durch Kälte verursacht
Falsch! In der Antarktis kommt es viel seltener zu Erkältungskrankheiten als in wärmeren Gebieten. Das liegt daran, dass die meisten Krankheitserreger es gerne warm haben. Dennoch schwächt die Kälte im Winter das Immunsystem des Menschen – und macht es so anfälliger für Erreger. Und die fühlen sich in warmen, ungelüfteten Räumen, wie sie im Winter oft zu finden sind, besonders wohl. Dort greifen sie unsere Schleimhäute an, die durch die Heizungsluft schneller ausgetrocknet und damit empfindlicher sind. Die Kälte draußen und die Wärme drinnen sorgen also gemeinsam dafür, dass Erkältungsviren bei uns im Winter leichtes Spiel haben.
2. Mythos: Eine Grippeimpfung schützt auch gegen Erkältung
Falsch! Die Grippeimpfung stärkt die körpereigene Abwehr. „Sie schützt aber nur gegen Grippeerreger – nicht gegen die Erreger, die Erkältungen verursachen“, erklärt Hausarzt Berger.
3. Mythos: „Heiße Zitrone“ vertreibt die Erkältung
Falsch! Und das gleich in zweierlei Hinsicht: Zum einen gehen, wenn Zitronen erhitzt werden, die Vitamine darin fast komplett verloren. Dadurch wird das Getränk wirkungslos. Zum anderen ist überhaupt nicht erwiesen, dass Vitamin C hilft, eine bereits ausgebrochene Erkältung schneller zu beenden. In Sachen Vorsorge scheint das Vitamin allerdings immerhin ein bisschen zu helfen. Dafür sollte der Saft der Zitrone allerdings nicht mit heißem, sondern maximal mit warmem Wasser vermischt werden.
4. Mythos: Bei einer Erkältung sollte man im Bett liegen bleiben
Falsch! Von Sport und anderen anstrengenden Tätigkeiten raten Ärzte zwar ab. „Trotzdem sollte man immer wieder auch mal das Bett oder die Couch verlassen und einen Spaziergang an der frischen Luft machen“, sagt Hausarzt Berger. Das kurbelt den Kreislauf an – und hilft dem Körper, sich selbst zu heilen.
5. Mythos: In der Sauna kann man die Viren „rausschwitzen“
Falsch! Wer akut erkältet ist, sollte auf keinen Fall in die Sauna gehen. Die Hitze dort überanstrengt den ohnehin schon geschwächten Körper – und kann, wenn der womöglich sogar noch unter Fieber leidet, sogar richtig gefährlich werden. Wer in gesundem Zustand allerdings regelmäßig in die Sauna geht, kann womöglich gegen Erkältungen vorbeugen. Denn der schnelle Wechsel zwischen Hitze und Kälte dort stärkt das Immunsystem.
6. Mythos: Beim Niesen soll man die Hand vors Gesicht halten
Falsch!So höflich diese Geste gemeint ist, so wenig schützt sie andere Menschen vor Ansteckung. Denn beim Niesen können die Erreger bis zu fünf Meter weit fliegen – und eine Hand hält sie dabei kaum auf. Zudem besteht die Gefahr, dass die Keime später durch die Hand weiter verteilt werden, etwa auf Türklinken. Besser: Ein Taschentuch verwenden oder in die Armbeuge niesen. „Häufiges Händewaschen mit Seife und heißem Wasser verringert das Ansteckungsrisiko zudem deutlich“, sagt Jakob Berger.
7. Mythos: Schnäuzen ist viel besser, als Nase hochziehen
Falsch! Wer allzu stark schnäuzt, baut damit einen womöglich sogar gefährlichen Druck in den oberen Luftwegen auf. Dadurch kann es passieren, dass sich Schleim aus dem Nasen-Rachen-Raum in die angrenzenden Nebenhöhlen schiebt – und dort eine Infektion hervorruft. Besser: Nur vorsichtig die Nase putzen oder den Schleim hochziehen. So gelangt er in den Magen. „Die Magensäure zerstört die Krankheitserreger“, erklärt Berger.
8. Mythos: Antibiotika helfen gegen Erkältung
Falsch!Antibiotika sind gegen Infekte, die durch Viren verursacht werden, machtlos. Trotzdem werden sie irrtümlicherweise noch immer viel zu oft verschrieben. Dann helfen sie den Patienten nicht, sondern können sogar schaden – weil der Körper sich womöglich an die Medikamente gewöhnt, und sie so auch bei anderen Erkrankungen keinen Nutzen mehr bringen.
Was also tun, wenn man erkältet ist?
Durchhalten! Eine Erkältung ist unangenehm, aber sie ist in den allermeisten Fällen nicht gefährlich. Der Körper kann sich selbst heilen. Aber er braucht ein paar Tage Zeit dafür, und die muss man ihm lassen. „Ruhe, frische Luft und genügend Flüssigkeit“ können ihn dabei unterstützen, sagt Hausarzt Berger. „Medikamente würde ich bei einer Erkältung nur nehmen, wenn man es anders überhaupt nicht mehr aushält.“ Leichtes Fieber ist eine natürliche Reaktion, die dem Körper hilft, gesund zu werden. Wer dagegen etwas tun möchte, braucht keine Fiebersenker – er kann kalte Wadenwickel machen. Wen seine verstopfte Nase stört, muss nicht auf Nasenspray zurückgreifen, sondern kann Kamille inhalieren. Und wer seinen Husten stillen will, braucht nicht zwingend Hustensaft, sondern kann sich mit Bronchialtee behelfen.
Die Diskussion ist geschlossen.
»[...] weil der Körper sich womöglich an die Medikamente gewöhnt, und sie so auch bei anderen Erkrankungen keinen Nutzen mehr bringen.«
Das Problem ist doch nicht, dass der Körper sich daran gewöhnen würde (was eh Quatsch ist, der Körper ist ja nicht selbst schuld an der Erkältungsinfektion, sondern die Erreger die man sich angelacht hat), sondern dass auf die Dauer resistente Keime herangezüchtet werden, wenn man für jede popelige Erkältung ein Antibiotikum einwirft. Und dann bringen sie eben genau gegen die Erreger nichts mehr.