Optiker verkaufte Waffen an Psychopaten und IS-Sympathisanten
Der Heidelberger verkaufte sogar Sturmgewehre im „Darknet“. In diesem Bereich des Internets besorgte sich auch der Amokläufer von München eine Pistole
Der Fall macht fassungslos: Ein Mann verweigert den Wehrdienst aus Gewissensgründen, hat aber keine Skrupel, im „Darknet“ (Was ist das "Darknet?) illegale Waffen zu verkaufen. Auch Kriegswaffen. Zu seinen Abnehmern gehörten Psychopathen, Kriminelle und ein IS-Sympathisant. Das Heidelberger Landgericht verurteilte den Optiker jetzt zu einer Haftstrafe von fünfeinhalb Jahren. Mit den verkauften Waffen hätte „eine kleine Armee ausgerüstet werden können“, sagte der Vorsitzende Richter am Donnerstag.
Der 32-jährige Angeklagte aus Heidelberg war Mitglied in zwei Schützenvereinen und hat offenbar eine geradezu erotische Beziehung zu Waffen. Die nannte er gegenüber Kunden „Schätzchen“ oder „geile Spielzeuge“. Mit dem verbotenen Handel habe er, so sagte er, sein Hobby finanziert: das Sammeln von Waffen. Er soll bis zu 20.000 Euro verdient haben. Der Richter ging von zwölf verkauften Waffen aus, die Staatsanwaltschaft von mindestens 65. Der Prozess macht auf erschreckende Weise deutlich, wie leicht es ist, im Darknet an Pistolen oder Sturmgewehre zu kommen. Auch der Amokläufer von München hat sich Ermittlungen zufolge in jenem Bereich des Internets, in dem sich Nutzer anonym bewegen können, seine Tatwaffe besorgt.
"Ich hasse Menschen aller Art"
Der Heidelberger lagerte die Waffen in seiner Wohnung im Haus der Großmutter und im Haus seiner Mutter. Bei zwei Razzien fand die Polizei zudem mehr als 10.000 Schuss Munition. Unter den Waffen war eine österreichische Glock-Pistole. Zuvor hatte der Zoll am Flughafen Köln/Bonn im November 2014 ein Paket – adressiert an den Angeklagten – aus den USA abgefangen, in dem sich Teile einer Glock 17 befanden. Mit einer solchen Waffe tötete der Amokläufer von München neun Menschen und sich selbst. Dass der Heidelberger ihm die Mordwaffe lieferte, gilt jedoch als ausgeschlossen. Möglich gewesen wäre es aber.
Denn wählerisch war der Mann nicht bei seiner Kundschaft. So verkaufte er eine Pistole an einen psychisch gestörten, rechtsradikalen Straftäter. Der hatte 2007 einen Anschlag auf das „Apfelfest“ im norddeutschen Rellingen geplant. Der damals 20-Jährige kam daraufhin in die Psychiatrie. In seinem Prozess sagte er: „Ich hasse Menschen aller Art. Ich hab mir vorgestellt, dass ich meine Mitschüler abmetzele.“ Auf seinem Computer fanden sich Filme über Amokläufe.
Waffenkäufer zahlten per Vorkasse mit Digital-Währung "Bitcoin"
Ein Sturmgewehr verkaufte der Angeklagte an einen tschetschenischen IS-Sympathisanten in Österreich. Damit posierte dieser offenbar vor einer Flagge des „Islamischen Staates“. Auf die Kriegswaffe hatte er „Allah“ geschrieben. Eine Maschinenpistole und ein AK-47-Sturmgewehr gingen an einen 21-jährigen Drogenkonsumenten in England. Der bewahrte die Waffen unter seinem Bett auf; er wurde zu elf Jahren Haft verurteilt. Äußerst milde fiel dagegen das Urteil der österreichischen Justiz aus: Der Tschetschene kam mit acht Monaten auf Bewährung davon. Kurz darauf fuhr er nach Deutschland, um erneut Waffen zu kaufen. Die Polizei konnte das verhindern.
Auch einen 18-Jährigen aus Tuttlingen in Baden-Württemberg versorgte der Angeklagte – mit einer Pumpgun, die der Auszubildende in seinem Zimmer im Elternhaus aufbewahrte. Aus einem Auto heraus ballerte er auf Verkehrsschilder.
Die Waffenkäufer zahlten per Vorkasse mit der Digital-Währung „Bitcoin“ oder überwiesen Geld auf ein polnisches Konto des Angeklagten. Der verschickte die Waffen von Postämtern im Raum Heidelberg. Auch in Esslingen, wo er tageweise als Optiker arbeitete, gab er Pakete auf. Eine Zeugin erinnerte sich vor Gericht gut an den „netten Mann mit der schönen Schrift“, der bei ihr öfters Pakete abgegeben habe.
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