Spielemesse Gamescom: Es wird abgerechnet
Die Gamescom ist zu Ende. Die Bilanz: Begeisterte Besucher, die sich von bloßen Weiterentwicklungen bekannter Spiele nicht den Spaß verderben ließen. Und Anleger, die sich die Hände reiben. Von Sebastian Hrabak
Zehn Stunden öffnete die Gamescom 2010 am Sonntag nochmal ihre Hallen. Nun ist das große Spektakel wieder für ein Jahr vorbei. Danach wird abgerechnet, ob sich das kostenintensive Mega-Event für die Veranstalter und die 505 Aussteller aus 33 Ländern gelohnt hat.
Dem Großteil der Besucher hat die Messe wohl viel Spaß gemacht, gab es doch etliche Highlights zum ersten Mal zu begutachten und zu testen. So werden auch vier Freunde, die bis aus der österreichischen Steiermark mit dem Flugzeug extra für die Gamescom angereist sind, mit einem guten Gefühl den Heimweg antreten. "Für uns ist das Urlaub", sagte einer der jungen Männer, der sich als Tribut an die Play Station von Sony einen Controller auf den Unterarm tätowieren ließ.
"Das Gaming ist einfach unser Ding", erklärt ein anderer der Freunde die Beweggründe, warum sie sich jedes Jahr für eine solch weite und vor allem kostspielige Reise entscheiden. Denn die Vier besuchten bereits das Debüt im Jahr 2009 in Köln; zur ehemaligen Games Convention in Leipzig - dem Vorgänger der Gamescom - sind die Österreicher sogar mit dem Auto angereist.
Dass das Spielen eine Lebenseinstellung von vielen Menschen zu sein scheint, zeigten die Tage in Köln an vielen Stellen. Ob Tätowierung oder vollständige Maskierung als Spielfigur aus Spielen wie "Tekken" oder "Super Mario", den Hardcore-Fans der Spieleszene ist kein Aufwand zu groß, ihrer Leidenschaft zu frönen; für einen Aussenstehenden wohl kaum nachzuvollziehen.
Doch die Ausstellung war nicht nur für die extremen Fans. Auch das breite Publikum wurde eingeladen, an zahlreichen Ständen ausgiebig zu testen. Zwar waren die Wartezeiten gerade an den Hauptattraktionen wie Ubisofts "Assassin's Creed: Brotherhood" oder Blizzards "World of Warcraft" nicht gerade vorteilhaft für ungeduldige Charaktere, aber insgesamt durfte jeder Besucher mit ein bisschen Geduld ausreichend die neuen Innovationen testen.
Besonders die kurz vor der Markteinführung stehenden Bewegungssteuerungen von Sony und Microsoft erfreuten sich einer großen Beliebtheit auf der Messe. Das Spielgefühl, sei es Microsofts "Kinect" oder Sonys "Move", ist beeindruckend, der Spaßfaktor immens, auch wenn das Handling speziell bei "Kinect" im ersten Moment - im Gegensatz zu "Move", der viel Ähnlichkeit mit Nintendos Wii-Controller aufweist - doch etwas befremdlich ist..
Ganz ohne Controller vor dem Fernseher zu stehen, ist im Vergleich zum herkömmlichen Spielen eine große Umstellung. Nach ein paar Minuten ist man doch mit der Technik vertraut und mit etwas Körpergefühl freundet man sich rasch mit der Bewegungssteuerung an. Je mehr Übung man mit dieser Neuheit hat, umso größer wird die Probierfreudigkeit. Besonders bei den Tanzspielen kann jedoch die Puste relativ schnell ausgehen. Doch genau das wird von den Herstellern als Sinn und Zweck der alternativen Steuerkonzepte verkauft: Verbesserung der persönlichen körperlichen Leistungsfähigkeit mittels Spaß; geht es nach den Entwicklern, gehört das herkömmliche Fitnessstudio auf dem Weg zum Astralkörper nun endgültig ins Museum. Die Hoffnung von Sony und Co. ist groß, dass diese Innovationen den Kunden den entscheidenden Antrieb geben, um der schwächelnden Branche den entscheidenden Schub zu geben.
Dass die konventionellen Ego-Shooter wie "Call of Duty" und Sportspiele wie "FIFA" oder "Pro Evolution Soccer" in der Gunst der Besucher weiterhin einen hohen Stellenwert genießen, zeigte der Andrang vor den Austellerständen..
Ob die Innovationen des Jahres 2010 ausreichen, die stagnierende Spielebranche aufzupeppeln, dem stehen besonders die Experten sehr kritisch gegenüber. Fehlenden Wagemut bei der Spieleentwicklung werfen die Fachleute den großen Publishern vor; das Hauptaugenmerk liegt nicht mehr darin, revolutionäre Spielekonzepte zu entwickeln, sondern lieber Fortsetzungen bestehender Titel zu produzieren. Dass insbesondere bei Sportspielen eine jährliche Weiterentwicklung sinnvoll ist, da so der Weg hin zur perfekten Simulation gestaltet werden kann, ist einleuchtend. Dass hingegen keinerlei revolutionäre Idee auf der Messe vorgestellt werden konnte, ist besonders im Hinblick der wirtschaftlichen Entwicklung der gesamten Spielebranche seltsam. Denn ob auf Dauer eine Verkaufssteigerung mit Konzepten wie der Reinkarnation von fast vergessenen Klassikern wie "Age of Empires" oder "Street Fighter vs. Tekken", darf zurecht in Frage gestellt werden.
Eindeutig bewiesen hat die Gamescom 2010, dass ein Paradigmenwechsel in der Spieleindustrie stattfindet. Die Marktanteile, die die großen Hersteller wie THQ oder Konami verlieren, fangen Hersteller wie Zynga, die Online- und Browser-Games entwickeln, auf. Die Zuwachsraten bei dieser Spielform sind immens, die Anleger reiben sich bereits jetzt die Hände. Denn allein in Deutschland sollen momentan 22 Millionen Menschen ihre Zeit mit Spielen wie Farmville und Co. verbringen. Der Siegeszug dieser Spiele geht weiterhin steil nach oben. Sebastian Hrabak
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