Zwei Flüchtlingsboote kentern im Mittelmeer - Hunderte Tote befürchtet
Die Kameras richten sich jetzt auf die Balkanroute. Doch auch im Mittelmeer geht das Sterben weiter. Nun sind vermutlich wieder zahlreiche Menschen vor Libyen umgekommen.
Nach dem Kentern von zwei Flüchtlingsbooten vor der libyschen Küste werden nach Medienberichten Hunderte Tote befürchtet. Der britische Sender BBC zeigte am frühen Freitagmorgen Fernsehbilder von zahlreichen Leichensäcken.
In einem Flüchtlingsboot seien etwa 50 Menschen gewesen. Das andere habe sogar 400 Menschen an Bord gehabt. Beide seien am Donnerstag gekentert. Die libysche Küstenwache suche nach Überlebenden. Mindestens 100 Leichen seien in das Krankenhaus von Suwara westlich von Tripolis gebracht worden, habe ein Anwohner dem Sender gesagt. Andere Medien berichteten von etwa 200 Toten, eine offizielle Bestätigung für diese Zahlen gab es nicht.
Zwölf Tote, darunter Kinder, seien geborgen worden, erklärte die Hilfsorganisation Migrant Report in Malta unter Berufung auf Behörden in Libyen. "Es ist ein totales Chaos, wir haben kaum Ressourcen für eine kleine Rettungsaktion, geschweige denn für soetwas", zitierte die Organisation einen Behördenvertreter.
Die italienische Küstenwache, die auch Rettungseinsätze vor der libyschen Küste koordiniert, erklärte, zu der möglichen neuen Katastrophe seien bei Ihnen keine Notrufe eingegangen. Eine Sprecherin des Flüchtlingswerkes UNHCR in Libyen sagte, es gebe widersprüchliche Informationen zu der Zahl der Opfer.
Tausende Flüchtlinge machen sich auf den gefährlichen Weg von Libyen über das Mittelmeer nach Europa. Immer wieder kommt es zu schweren Unglücken. Dieses Jahr sind dabei nach Angaben von Flüchtlingsorganisationen bereits etwa 2400 Menschen umgekommen. In den vergangenen Tagen waren auf dem Mittelmeer insgesamt etwa 100 Menschen in Laderäumen von Schiffen vermutlich erstickt.
Die libysche Küstenstadt Suwara gehört zu einer der wichtigsten Anlaufstellen für Flüchtlinge. Tausende versuchen, von hier aus über das Mittelmeer nach Europa zu kommen. Die libyschen Behörden und die Küstenwache sind mit der großen Anzahl Flüchtlinge überfordert.
Seit dem Sturz des Langzeitherrschers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 versinkt das ölreiche Land im Chaos. Derzeit konkurrieren zwei Regierungen und zwei Parlamente miteinander. Zudem bekämpfen sich zahlreiche Milizen. Gespräche über eine friedliche Lösung der Krise unter Vermittlung der UN kommen nur schleppend voran. Das Chaos machen sich die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und andere Extremisten zunutze, die zahlreiche Gebiete beherrschen. dpa
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