Beate Zschäpe versucht, ihr ruiniertes Leben zu retten
Beate Zschäpe hat im NSU-Prozess ausgesagt. Dass sie sich als Heimchen am Herd stilisiert, ist unglaubwürdig und macht nichts besser.
Die ungeheuerliche Geschichte der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) ist gestern im Schwurgerichtssaal des Strafjustizzentrums München mit einer neuen Ungeheuerlichkeit fortgesetzt worden. Nach mehr als zweieinhalb Jahren Prozess hat die Lebensgefährtin der beiden Mörder ihr Schweigen gebrochen – aber nicht, um das einzige zu tun, was sie für die Angehörigen der zehn Opfer und eine entsetzte Öffentlichkeit noch tun könnte.
Zschäpe hätte die Wahrheit über die NSU-Morde sagen sollen
Beate Zschäpe hätte einfach versuchen können, die Wahrheit zu sagen und die vielen offenen Fragen zu beantworten. Das macht zwar selbstverständlich keines der Opfer wieder lebendig. Aber es könnte helfen, Trauer und Wut zu überwinden. Es könnte helfen zu verstehen, was oder wer die beiden Mörder zu ihren menschenverachtenden Taten getrieben hat. Und es könnte helfen, Licht in das Dunkelfeld des gewaltbereiten Rechtsextremismus zu bringen.
Zschäpes juristisch geschliffene Erklärung allerdings dient nur einem einzigen Zweck. Sie versucht, sich von dem Vorwurf der Mittäterschaft zu entlasten, um mit einer Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord davonzukommen.
Als Mittäterin hätte sie mindestens eine Verurteilung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe wegen mehrfachen Mordes zu erwarten. Das Urteil könnte verbunden werden mit der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. Das hieße, dass ein Gericht über eine mögliche vorzeitige Haftentlassung nicht schon erstmals nach 15, sondern erst nach 25 Jahren entscheiden kann. Und sogar die Anordnung einer anschließenden Sicherungsverwahrung wäre möglich. Das wäre die härteste Strafe, die rechtlich möglich ist.
Die Geschichte vom Heimchen am Herd braucht man Beate Zschäpe nicht zu glauben
Die Aussicht, ihr restliches Leben hinter Gittern verbringen zu müssen, wurde für Zschäpe im Verlauf des Prozesses immer realer. Sie war zwar an keinem einzigen Tatort. Auch eine direkte Unterstützung bei der Planung und Vorbereitung der Morde wird ihr vermutlich nicht nachzuweisen sein. Dennoch hat sie, nach allem was bekannt ist, weit mehr getan, als für die Mörder nur gekocht oder ihnen die Wäsche gewaschen. Sie hat sie gedeckt, sie aktiv unterstützt und ihnen Tarnung hinter einer bürgerlichen Fassade verschafft. Die Geschichte von der verliebten jungen Frau, die 13 Jahre lang das Heimchen am Herd gespielt hat, obwohl sie vom mörderischen Treiben ihrer Lebensgefährten immer wieder schockiert gewesen sei, braucht man ihr nicht zu glauben.
Gestern nun hat sie zumindest eingeräumt, jeweils hinterher von den Morden und Bombenanschlägen erfahren und nichts unternommen zu haben, um weitere Morde zu verhindern. Damit ist für jedermann offenkundig: Ohne Zschäpes bewusstes Schweigen hätten Mundlos und Böhnhardt nicht weiter morden können.
Weitgehend klar war das schon vorher. Die Erklärung der Angeklagten kam erkennbar unter dem Druck vieler Zeugenaussagen und belastender Indizien zustande. Sie kann als verzweifelter Versuch gewertet werden zu retten, was von diesem ruinierten Leben noch zu retten ist. Entscheidend dabei ist ihre Behauptung, es habe gar keine Terrorgruppe gegeben, zumindest habe sie davon nichts gewusst. Keine Terrorgruppe, keine aktive Unterstützung, also auch keine Mittäterschaft. Das ist die juristische Hintertür, die Zschäpes Anwälte offenkundig suchen.
Nun ist es selbstverständlich ihr gutes Recht, alle Mittel für ihre Verteidigung auszuschöpfen. Dass ihr die Erklärung nützen wird, ist allerdings nicht zu erwarten. Ein Anwalt hat es auf den Punkt gebracht: Wenn das alles ist, was Frau Zschäpe zu sagen hat, dann hätte sie besser gar nichts gesagt.
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