Immer mehr junge Menschen wollen in Stasi-Unterlagen schauen
Andrang auf die Stasi-Aktenbehörde: Das Interesse junger Deutscher an den Stasi-Unterlagen wächst. Sie erhoffen sich dadurch Aufschluss.
Es ist nicht so, dass im Lauf der zeit das Interesse an Stasi-Unterlagen sinkt. Bei jungen Menschen ist sogar das Gegenteil der Fall. Anhand von Stasi-Unterlagen wollen immer mehr junge Deutsche das Schicksal verstorbener Familienangehöriger klären. "Die zunehmende Zahl von Anträgen auf Akteneinsicht von Verstorbenen zeigt, dass die nächste Generation wissen will, wie ihre Eltern und Großeltern gelebt haben", sagte Aktenbeauftragte Roland Jahn der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung" vom Montag.
Stasi-Unterlagen: In Aktivitäten der Stasi verstrickt?
Die jungen Mensche würden sich für die Stasi-Unterlagen interessieren, weil sie wissen wollen, ob ihre Verwandten in die Aktivitäten des DDR-Geheimdienstes verstrickt oder von ihnen betroffen waren, so der Aktenbeauftragte. Generell ist dem Bericht zufolge der Andrang auf die Stasiakten-Behörde so stark wie lange nicht mehr. Demnach gingen in den ersten beiden Monaten des laufenden Jahres 2012 knapp 24.000 Anträge auf persönliche Akteneinsicht ein. Hochgerechnet auf das Jahr wären dies 144.000, soviele wie zuletzt 1998 und 1999. 2011 stellten rund 80.000 Menschen Anträge auf Akteneinsicht. "Das Bedürfnis der Menschen, in die Akten zu schauen, ist ungebrochen", erklärte Jahn.
Gesetzliche Grundlage für Akteneinsicht
In den ersten zwei Monaten 2011 waren dem Bericht zufolge 640 solcher Anträge bei der Behörde gestellt worden. Sie hätten häufig abgewiesen werden müssen, weil die gesetzliche Grundlage für eine Akteneinsicht gefehlt habe. Im Januar und Februar 2012 habe sich die Zahl dieser Anträge dann auf 1135 nahezu verdoppelt. Die Erfolgsaussichten seien größer, da die Akteneinsicht mit der zu Jahresbeginn in Kraft getretenen Novelle des Stasi-Unterlagen-Gesetzes erleichtert worden sei.
Stasi-Überprüfungen im öffentlichen Dienst
Im Zuge des neuen Stasi-Unterlagen-Gesetzes ist den Angaben zufolge auch die Zahl der Stasi-Überprüfungen im öffentlichen Dienst leicht gestiegen. Es seien im Januar 41 und im Februar 27 gewesen. Im Dezember, also vor der Gesetzesänderung, habe die Zahl noch bei 15 gelegen. Mit der Gesetzesnovelle wurde der Kreis jener, die überprüft werden dürfen, noch einmal ausgeweitet. Jetzt können alle Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes ab der Gehaltsstufe A 9 ohne Anlass überprüft werden, was vorher nur für Behördenleiter galt.
Nach dem alten Gesetz konnten nahe Angehörige lediglich in Ausnahmefällen beziehungsweise bei rechtlichen Auseinandersetzungen Auskunft verlangen. Jetzt kann ihnen Einsicht in die Stasi-Unterlagen auch dann gewährt werden, wenn es ganz darum geht, den Einfluss der Staatssicherheit auf ein Familienschicksal zu klären. afp/AZ
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