Polens Regierungschefin fordert "Kehrtwende" in Flüchtlingspolitik
Vor ihrem Antrittsbesuch in Deutschland hat Polens Ministerpräsidentin Beata Szydlo eine "Kehrtwende" in der Flüchtlingspolitik gefordert. Es seien viele Fehler gemacht worden.
Die Lösung der Zuwanderungskrise sei "eine der größten Herausforderungen, vor der Europa heute steht", sagte Szydlo der "Bild"-Zeitung. "Es zeigt sich, dass der eingeschlagene Weg nicht weiterführt. Wir brauchen eine Kehrtwende."
Beata Szydlo: "Wir haben die Gefahr unterschätzt"
Beata Szydlo zufolge wurden in der Flüchtlingspolitik "Fehler gemacht". "Die Lage an den Außengrenzen der EU und auch in Deutschland ist außer Kontrolle geraten", sagte die rechtskonservative Politikerin, die am Freitag von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) empfangen wird. Szydlo sicherte aber die Verlässlichkeit ihrer Regierung zu: Diese werde sich an die Absprachen ihrer Vorgänger halten. Die liberale Vorgängerregierung hatte die Aufnahme von 7000 Flüchtlingen zugesagt.
Szydlo kündigte allerdings an, dass ihre Regierung "sehr genau darauf achten" werde, "wer die Zuwanderer sind, die wir eventuell aufnehmen, ohne dass unsere Staatsbürger sich bedroht fühlen müssen." Es sei inzwischen "das geschehen, wovor wir gewarnt haben, als unsere Vorgänger die Beschlüsse gefasst haben: die Terroranschläge von Paris, die Sex-Attacken an Silvester in Köln. Tag für Tag hören wir von Übergriffen, an denen Zuwanderer beteiligt sind. Das heißt: Wir haben die Gefahr unterschätzt. Heute brauchen wir neue Lösungen."
Merkel empfängt Szydlo am Mittag mit militärischen Ehren im Bundeskanzleramt. Bei dem Treffen stehen die beiderseitigen Beziehungen, internationale Themen und die geplanten Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag des deutsch-polnischen Freundschaftsvertrags auf der Tagesordnung.
Beata Szydlo gehört der nationalkonservativen und euroskeptischen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) an. Diese verdrängte bei der Parlamentswahl im Oktober die liberale Bürgerplattform (PO) von der Regierung. Die deutsch-polnischen Beziehungen sind seitdem schwieriger geworden. Wegen eines restriktiven neuen Mediengesetzes und einer Beschneidung der Macht des Verfassungsgerichts in Polen gab es zuletzt harsche Debatten. afp/AZ
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