Paul Verhaegh: Die Europa League wird eine Herausforderung
FCA-Kapitän Paul Verhaegh setzt am Samstag auf einen Sieg gegen Hertha BSC und spricht über die Europa League. Er hat einen besonderen Wunschgegner.
Am Mittwoch fand das Super-Cup-Finale zwischen dem FC Barcelona und dem FC Sevilla statt. Haben Sie da schon einen Vorgeschmack auf internationalen Fußball bekommen?
Paul Verhaegh: Ja klar, die Vorfreude auf die Europa League ist da. Es ist etwas Besonderes. Ich bin sehr gespannt auf die Auslosung Ende August. Dass die Mannschaft, die Trainer und ich mich freuen, ist doch klar.
Gibt es für Sie einen Wunschgegner?
Verhaegh: Ich glaube, alle wünschen sich Liverpool. Oder eine spanische Mannschaft. Ich würde auch gern gegen Liverpool spielen. Aber für mich hätte es auch einen großen Reiz, ein Spiel in Holland bestreiten zu dürfen. Ich weiß nicht, ob meine Kollegen unbedingt nach Holland wollen, aber für mich wäre das etwas besonders.
Sie haben sieben Wochen Vorbereitung hinter sich. Ist die Mannschaft bereit für den Start?
Verhaegh: Ich bin froh, dass es nun endlich losgeht. Die Vorbereitung war gut, wir sind alle in guter Verfassung. Bis auf ein paar Ausnahmen haben wir wenig Verletzte. Im Großen und Ganzen konnten wir die Vorbereitung mit dem kompletten Kader absolvieren. Im Pokal sind wir eine Runde weiter, und wir freuen uns jetzt auf den Bundesligastart.
Sie waren Kapitän. Sind Sie noch in Amt und Würden?
Verhaegh: (lacht) Ich glaube schon. Ich gehe mal davon aus.
Gab es in der Vorbereitung Arbeit für Sie als Kapitän? Mussten Sie irgendwann einschreiten?
Verhaegh: In der Vorbereitung verbringt man viel Zeit miteinander, etwa auch im Trainingslager, aber besondere Sachen musste ich nicht machen. Wichtig ist, dass jeder in eine gute Verfassung kommt und dass jeder Gas gibt. Ich hoffe, dass wir das mitnehmen für einen guten Start in die Bundesliga. Es wäre schon schön, endlich einmal mal gut in die Saison zu starten.
Sie sind seit 2010 in Augsburg. Haben Sie diese Entwicklung damals für möglich gehalten, als Sie Trainer Jos Luhukay und Manager Andreas Rettig nach Augsburg geholt haben?
Verhaegh: Diese Entwicklung nie im Leben. Klar waren die Möglichkeiten damals da. Der FCA ist ein stabiler Verein, in dem gut gearbeitet wird. Dann sind wir auch aufgestiegen. Aber was in den letzten Jahren passiert ist, ist natürlich sehr außergewöhnlich. Wir sind Fünfter in der Bundesliga geworden und haben Mannschaften wie Dortmund und Schalke hinter uns gelassen. Man sieht, was alles entstehen kann, wenn man einen guten Zusammenhalt und guten Teamgeist hat und jeder bereit ist, seinen Teil dazu beizutragen. Letztes Jahr war ein Ausnahmejahr. Aber ich hoffe, dass wir das in diesem Jahr bestätigen können. Allerdings ist es fast unmöglich, dass uns das noch mal so gelingt.
Sie betonen Teamgeist und Zusammenhalt. War das am Ende ausschlaggebend für die wichtigen Punkte?
Verhaegh: Ja, absolut. Das sind die Tugenden, die uns stark machen. Zudem muss ich sagen, dass wir uns fußballerisch sehr gut entwickelt haben. Der Trainer fährt eine ganz klare Linie, sodass wir seinen Plan ganz gut umsetzen können. Natürlich tankt man Selbstvertrauen, wenn man gewinnt und viele Punkte holt. Der ein oder andere Spieler entwickelt sich dadurch viel besser. Zu Hause haben wir gezeigt, dass es nicht so leicht ist, hier Punkte mitzunehmen. Das war vor drei oder vier Jahren vielleicht noch ein bisschen anders. Diese Entwicklung haben wir gemacht. Dieses Basis – Teamgeist, Zusammenhalt und Arbeit – müssen wir beibehalten.
Hat sich im Umfeld etwas gravierend verändert?
Verhaegh: Nein, das glaube ich nicht. Das Umfeld hier ist für einen Fußballspieler sehr angenehm. Wir haben eine sehr ruhige und stabile Vereinsführung. Da werden keine Panikentscheidungen getroffen, auch wenn es mal Phasen gibt, in denen es sportlich weniger gut läuft. Das hat man vor drei Jahren gesehen, als wir im Winter mit neun Punkten dastanden. Ich kenne keinen einzigen Verein, in dem der Trainer seinen Job behalten hätte. Aber hier wurde weiter auf den Trainer gesetzt, und wir haben noch den Klassenerhalt geschafft. Trotzdem plant der Verein immer noch mit einem kleinen Etat, wenn man die Bundesligisten miteinander vergleicht. Genauso starten wir auch wieder. Unser erstes Ziel ist der Klassenerhalt.
Durch die Europa League und den Pokal kommt allerdings eine Dreifachbelastung auf die Spieler zu. Wie, glauben Sie, wirkt sich das aus?
Verhaegh: Das wird eine Herausforderung für uns, weil viele Spieler das nicht gewohnt sind. Ich selbst auch nicht. Jetzt liegt es an uns, das so gut wie möglich hinzukriegen. Aber ich bin sehr zuversichtlich, dass wir das gut gestalten können. Auch wenn man natürlich im Hinterkopf hat, dass Vereine, die sich mal für die Euro League qualifiziert haben, in der Bundesliga Probleme bekommen haben.
Warum tut sich der Verein trotz seiner Euro-League-Teilnahme noch so schwer, Neuzugänge zu finden?
Verhaegh: Weil es nicht einfach ist, gute und bezahlbare Spieler zu finden, die uns weiterhelfen. Doch der Verein lässt sich nicht unter Druck setzen. Da werden keine Panikeinkäufe gemacht, sondern es wird ganz in Ruhe entschieden. Wir freuen uns natürlich über jeden Neuzugang im Kader. Das macht den Kader breiter und bringt Qualität rein. Aber wir haben schon bewiesen, dass wir einen guten Kader haben. Deshalb bin ich ganz zuversichtlich, auch selbst wenn kein einziger Neuzugang mehr kommen würde.
Apropos Wechselspiele. Mitspieler Baba steht wohl kurz vor seinem Wechsel zum FC Chelsea. Trauen Sie ihm zu, dort Fuß zu fassen?
Verhaegh: Baba hat ein enormes Potenzial. Er ist 21 Jahre alt und hat eine super Entwicklung durchgemacht. Natürlich hat der Verein, über den wir jetzt sprechen, ein ganz anderes Level. Aber ich traue ihm das zu.
Beeinträchtigt das Tauziehen um Baba die Mannschaft?
Verhaegh: Das gehört doch zum Geschäft, wenn der Erfolg da ist und gute Leistungen gebracht werden. Dann ist eben so, dass gute Spieler im Blickfeld stehen. Vor sechs Wochen hatten wir den Fall mit dem Trainer (Es gab ein Angebot von Schalke 04 für Weinzierl, Anm. d. Redaktion). Das gehört einfach zum Geschäft. Mich beunruhigt das nicht.
Hat Sie die Trainerdiskussion vor einigen Wochen nicht nervös gemacht?
Verhaegh: Nervös nicht, aber natürlich bin ich froh, dass Markus Weinzierl entschieden hat, hierzubleiben. Das ist für die Mannschaft gut.
Hatten Sie auch Angebote?
Verhaegh: Ich habe hier verlängert, weil ich Teil dieser Augsburger Geschichte bleiben will. Ich bin froh, immer noch hier spielen zu können.
Können Sie in Augsburg überhaupt noch weggehen oder zum Baden gehen, ohne erkannt zu werden?
Verhaegh: Da hat sich in den letzten Jahren schon etwas geändert. Als ich 2010 hier in die zweite Liga kam, haben mich nur die richtigen Fußballfans in der Stadt erkannt. Mittlerweile ist jeder stolz auf den Verein, stolz darauf, Augsburger zu sein. Da ist etwas entstanden. Wenn man mal essen geht oder ins Freibad, kommen die Leute auf einen zu. Aber ich sehe das als positiv. Mich stört das nicht. Außerdem bleibt ja alles noch im Rahmen. Die Leute wollen ein Foto haben, kurz ein bisschen reden. Wir sind ja auch keine Superstars wie die Bayern-Spieler.
Am Samstag geht es los, die Hertha kommt. Wie schätzen Sie die Mannschaft ein?
Verhaegh: Als sehr stark. Sie haben einen Trainer, der sie sehr puscht. Das wird ein Spiel auf Augenhöhe. Wir spielen zu Hause, wir wollen uns gut präsentieren. Wir brauchen eine sehr gute Leistung, wenn wir die Berliner schlagen wollen. Wenn wir unser Spiel durchziehen können, dann bin ich überzeugt, dass wir die Partie gewinnen. Zum Auftakt ist es schwierig, denn man weiß nicht, wo man steht. Ich habe es in meiner Karriere schon erlebt, dass eine Mannschaft eine schlechte Vorbereitung hatte und die ersten drei Ligaspiele gewonnen hat. Aber eben auch schon andersrum. Wir wollen in diesem Jahr unbedingt gut in die Liga starten.
Gegen defensiv eingestellte Mannschaften hatte der FCA in der vergangenen Saison durchaus Probleme. Ist da in der Vorbereitung besonders darauf eingegangen worden?
Verhaegh: Wir hatten vor allem in der Rückrunde damit Probleme. Gegen defensiv eingestellte Mannschaften tut sich aber jeder schwer, weil die Räume enger sind. Wir müssen das Balltempo in solchen Spielen hochhalten und die Passsicherheit behalten, dann werden wir gegen jeden Gegner Möglichkeiten bekommen. Das werden wir am Samstag versuchen.
Eine persönliche Einschätzung zum Abschluss: Wer wird deutscher Meister?
Verhaegh: Der FC Bayern München.
Die Diskussion ist geschlossen.