In der Heimat warten die Taliban
Zwei 16-Jährige aus Afghanistan kämpfen gegen ihre Abschiebung. Bis auf weiteres dürfen sie in Schiltberg bleiben.
Es ist das glückliche Ende eines Horrortrips. Vorerst. Zwei afghanische Jugendliche, die zurzeit im Jugendheim in Schiltberg-Rapperzell (Kreis Aichach-Friedberg) wohnen, dürfen nach einem Urteil des Augsburger Verwaltungsgerichts jetzt in Deutschland bleiben. Hinter ihnen liegen die Flucht aus ihrem Heimatland und fast zwei Jahre Angst davor, dass alles umsonst gewesen sein könnte.
Abschiebestopp sei eine Motivation
Sami ist 14 Jahre alt, als die Taliban in seinem Dorf bei Kunduz von Tür zu Tür ziehen und alle Jungen in seinem Alter mitnehmen wollen. Sie sollen als Kindersoldaten Waffen transportieren. Seine Familie organisiert die Flucht. Seit etwa zwei Jahren ist er jetzt in Deutschland.
Vor einer noch dramatischeren Situation floh Hamidolla aus seinem Dorf in Helmand. Ihm gab ein Bekannter der Familie einen Koffer, aus dem Drähte ragten. Der Bekannte wies ihn an, er solle den Koffer mit in die Schule nehmen, und wenn Amerikaner kämen, solle er die Drähte verbinden. Doch Hamidolla flüchtete zu seinem Vater. Der schleuste seinen Sohn außer Landes.
Die Geschichte der beiden erzählt ihr Betreuer in Rapperzell, Albert Biebl. Die Jugendlichen selbst möge man nicht danach fragen, denn schon im Prozess vor dem Verwaltungsgericht sei es gerade Hamidolla schwergefallen, darüber zu sprechen. Jetzt wird es für beide leichter. Auch wenn der Abschiebestopp, den das Gericht angeordnet hat, nur bis zu ihrem 21. Lebensjahr gilt. Denn für die kommenden fünf Jahre gibt ihnen das Urteil Sicherheit.
Nur wenn die Jugendlichen eine Perspektive haben, integrieren sie sich und entwickeln sich weiter, so Biebl. „Wenn jemand immer im Blick hat, in einem halben Jahr werde ich abgeschoben, mit welcher Motivation geht der in der Schule?“ Der Abschiebestopp sei eine Motivation. Das merke man vor allem an Hamidolla. Der 16-Jährige leidet an einem posttraumatischen Stresssyndrom. Jetzt blühe er auf, freut sich Gerda Albrecht-Arbaugh, die Leiterin der Jugendhilfe Wittelsbacher Land: „Ich erlebe ihn wesentlich positiver als vor dem Urteil.“
Auch die Betreuer sind zufrieden mit dem Urteil. Dennoch: „Erhoffen tut man sich immer mehr“, sagt Biebl. Zum Beispiel einen afghanischen Pass, mit dem die Jugendlichen unter Auflagen auch in Deutschland arbeiten und Geld verdienen könnten. Aber vorerst seien alle mit dem Urteil zufrieden.
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