Ein Kinderspiel
Auf der weltgrößten Spielwarenmesse in Nürnberg setzen die Hersteller vor allem auf erfolgreiche Klassiker. Denn was schon die Eltern begeisterte, kauft man auch dem Nachwuchs gern
Martin Kröger überlegt einen Moment. Nun ja, die Hartgummireifen sind mittlerweile einer Luftbereifung gewichen und auch der Blechsitz ist längst von einer ergonomisch geformten Kunststoffschale abgelöst worden. „Aber sonst“, sagt Kröger, „ist das Kettcar unverändert – vier Räder, zwei Pedale und ein Lenkrad.“ 50 Jahre ist es her, dass der erste Rennflitzer das Kettler-Werk im Sauerland verließ. 15 Millionen Stück sind seither aus Deutschland in alle Welt verkauft worden. Die Faszination, sagt Geschäftsbereichsleiter Kröger, ist die gleiche geblieben. „Jeder will ein kleiner Rennfahrer sein, egal ob Junge oder Mädchen.“ Das Kinderfahrzeug begeistere noch immer – trotz Internet, trotz Spielekonsole.
Eine Million Spieleartikel präsentieren die Hersteller bis Montag auf der Nürnberger Spielwarenmesse, darunter 70000 Neuheiten. Doch vieles von dem, was erstmals vorgestellt wird, ist so neu nicht. Einmal mehr setzt die Branche auf bewährte Erfolgsgeschichten. Und auf Jubiläen. Davon gibt es genug. Man muss sie nur zu vermarkten wissen. Benjamin Blümchen etwa, Deutschlands bekanntester sprechender Elefant, feiert in diesem Jahr seinen 35. Geburtstag. Natürlich mit einem gehörigen Törööö, aber auch mit einem Memospiel für Kinder ab drei, neuen Hörspielfolgen und Tiefkühltorten einer bekannten Konditorei.
Ein paar Meter weiter posiert die pummelige Biene Maja mit den Kampfrobotern von nebenan für ein Foto. Sie wird hundert Jahre alt – zumindest, wenn man nach der Romanvorlage von Waldemar Bonsel geht. Grund genug, auch die betagte Bienendame, die seit mehr als 30 Jahren über die Bildschirme flimmert, etwas zu verjüngen. Die neue Fernseh-Maja, sagt Susanne Wolters, ist bunter, moderner – und künftig auch dreidimensional zu sehen. Natürlich gibt es passend dazu auch Plüschtiere, Puzzles, Plastikboxen – und, und, und.
Die schwarz-gelbe Animationsfigur hat das, was Marketingleute den Drei-Generationen-Effekt nennen: „Wir erreichen mit der Biene Maja nicht nur die Kinder, sondern auch die Mama und die Oma“, sagt Stephan Förster. Das gelte für Maja wie für Heidi, Pippi Langstrumpf und Tabaluga. Viele moderne Themen, sei es Pokémon oder die Kampfroboter von nebenan, kämen bei den Eltern dagegen nicht an.
Für das kleine, rote Rutscheauto dürfte das kaum gelten. 40 Jahre wird das Bobby-Car in diesem Jahr, 17 Millionen Mal wurde es verkauft. „Viele, die als Kind kein Bobby-Car hatten, leisten sich jetzt für ihre Kinder das Original“, sagt Elke Braun von der BIG-Spielwarenfabrik in Fürth. Der rote Flitzer soll ein Leben lang halten. Auch wenn die Eltern keinen neuen Fahrzeugbedarf haben, einkaufen können sie immer – etwa das nachrüstbare Formel-1-Lenkrad, das Anlasser-, Blink und Hupgeräusche simuliert.
Vor allem die Jugendlichen nimmt die Messe in diesem Jahr ins Visier. Sie sollen wieder den Spaß am Spielen entdecken. Das soll vor allem über Technik gehen. Bei Märklin lässt sich die Modelleisenbahn auch über das iPad steuern, bei Ravensburger erweckt die passende App das fertige Paris-Puzzle zum Leben. Dank Videoanimation hat der Nutzer das Gefühl, vom Eiffelturm aus auf die Stadt zu blicken.
Märklin hat derweil eine andere Zielgruppe entdeckt: die Kleinkinder. „Dieses Segment haben wir lange vernachlässigt“, sagt Rüdiger Haller und zeigt den Plastik-Güterzug, den schon Dreijährige dank Magnetkupplung problemlos zusammenstecken können. Nach der Insolvenz 2009 will der Traditionshersteller neue Marktsegmente erobern. Für Geschäftsführer Stefan Löbich ist die Eisenbahn zweifelsohne ein Klassiker, der Zukunft hat. „Das verbindet Jung und Alt.“
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