Mäusekot: Müller-Gründerfamilie ist empört
Im Hygiene-Skandal um die Großbäckerei Müller zeigt sich die Gründerfamilie schockiert. Man schäme sich zutiefst, dass da noch ihr Name stehe.
Nach dem Hygiene-Skandal bei der Großbäckerei Müller zeigen sich die früheren Besitzer von Müller-Brot entsetzt. "Unser Name wird durch den Dreck gezogen", sagte Evi Müller der "Abendzeitung" (Samstag). Ihr Vater Hans hatte das Unternehmen gegründet und 2003 an einen der heutigen Geschäftsführer verkauft. "Wir sind alle zutiefst geschockt", sagte Evi Müller. Ihrem 80 Jahre alten Vater gehe es sehr schlecht, er verlasse das Haus gar nicht mehr. "Ich schäme mich zutiefst, dass unser Name da steht. Mir wäre es lieber, wenn alle Logos verschwinden würden", sagte sie. Unter Leitung der Müllers sei das Unternehmen ein Musterbetrieb und Hygiene die oberste Prämisse gewesen. "Solche Mängel gab es bei uns nicht. Ich möchte meine Familie davon distanziert sehen."
Müller-Brot schon länger im Visier
Im Fall Müller-Brot steht für Christian Magerl fest: „Wenn mal die Staatsanwaltschaft ermittelt, dann ist das keine Gaudi mehr.“ Der Grünen-Politiker und Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt und Gesundheit im Bayerischen Landtag ergänzt: „Ich frage mich, warum in einem Betrieb, wo ständig etwas festgestellt wird, die Produktion nicht früher gestoppt wird.“ Am Freitag wurde bekannt, dass Lebensmittelkontrolleure und die Staatsanwaltschaft die oberbayerische Großbäckerei Müller-Brot schon seit zweieinhalb Jahren im Visier haben. Die Verbraucher erfahren von den unappetitlichen Details erst seit wenigen Tagen.
Müller-Brot: Mäusekot und Speisereste
Mäusekot und Speisereste von früheren Produktionen haben Kontrolleure in der mittlerweile geschlossenen Großbäckerei nach Angaben des Leiters des bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), Andreas Zapf, immer wieder gefunden und beanstandet. Von den hygienischen Missständen seien verschiedene Produktionslinien und Teile des Betriebes mit Sitz in Neufahrn betroffen gewesen. Das Landratsamt Freising habe daraufhin mehrfach eine Reinigung des Betriebes angeordnet und diese überwacht. Auch Bußgelder seien verhängt worden – darunter zweimal 25 000 Euro.
Nachdem sich die Situation bei Müller-Brot nicht verbessert habe und es zu einem „massiven Schädlingsbefall“ des Betriebes gekommen sei, hat das LGL laut Zapf beschlossen, den Betrieb zu schließen, um ihn komplett zu sanieren. Nun soll nach einer erneuten Kontrolle entschieden werden, wie es mit dem Werk, an dem rund 260 Filialen hängen, weitergehen soll. Für Florian Streibl von den Freien Wählern ist klar: „Die Behörden haben aus meiner Sicht sehr gut gearbeitet. Jetzt ist Müller-Brot am Zug, die Mängel abzustellen.“
Müller-Brot in der Verantwortung
Auch Mustafa Öz, Sekretär der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten, kurz NGG, in München und dort zuständig für das Brot- und Backgewerbe, sieht Müller-Brot in der Verantwortung. Ihn treibt vor allem die Sorge um die rund 1100 Mitarbeiter um. Rund zwölf Millionen Euro haben die Beschäftigten freiwillig in den vergangenen Jahren an Lohn und Gehalt eingespart, „immer in der Hoffnung, das Unternehmen zu retten“. Nun fürchten sie um ihre Arbeitsplätze. Das Unternehmen befindet sich nach Gewerkschaftsangaben seit Jahren in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. In der Branche herrsche ein harter Wettbewerb, „hier geht es um Cent-Beträge“, erklärt Öz. Die Situation habe sich verschärft, als Müller-Brot die bekannte Golden-Toast-Produktion verloren hat. Eine weitere schwere Zäsur habe der Abschied von Rewe als Großkunde markiert.
Nach Einschätzung der NGG gibt es jetzt nur einen Weg: „Wir erwarten von Herrn Ostendorf als Hauptgesellschafter von Müller-Brot, unverzüglich die Geschäftsführung in Neufahrn auszuwechseln.“ Nur so bestehe noch eine geringe Chance, das Vertrauen der Verbraucher, der Behörden, der Öffentlichkeit und vor allem der Beschäftigten zurückzugewinnen. „Die Informationspolitik bei Müller-Brot ist eine Katastrophe“, sagt Öz. Keiner würde den Beschäftigten sagen, wie es jetzt weitergeht.
Dass Müller-Brot eine Zukunft hat, davon ist Armin Juncker, Hauptgeschäftsführer beim Verband Deutscher Großbäckereien, überzeugt. Seien die Hygieneprobleme erst einmal beseitigt, „wird in Neufahrn der sauberste Backbetrieb stehen“. Juncker ist es wichtig zu betonen, dass der Fall Müller-Brot ein „singuläres Ereignis“ ist. „Denn Hygiene ist in der gesamten Lebensmittelindustrie das Top-Thema Nummer eins.“ So stark der Wettbewerb auch sei, wüssten doch alle Marktteilnehmer, dass die Hygiene keinesfalls dem Kostendruck geopfert werden dürfe. „Das ist ein sehr sensibles Thema.“ Gerade deshalb macht sich Wolfgang Filter, Geschäftsführer des Landesinnungsverbands für das bayerische Bäckerhandwerk, Sorgen. Denn von einem Skandal in diesem Ausmaß könne leicht etwas auf die gesamte Branche abfärben. Er und seine Kollegen hoffen darauf, dass die Kunden objektiv bleiben und die Branche nicht pauschal verurteilen. (mit dpa)
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