Kita-Ausbau läuft auf vollen Touren
In einem Jahr sollen 1000 neue Kita-Plätze in Augsburg entstehen. Trotzdem könnten Eltern, die leer ausgehen, im Herbst 2013 vor Gericht ziehen.
Viel Zeit bleibt nicht mehr. Schon ab August 2013 hat jedes Kind unter drei Jahren einen gesetzlichen Anspruch auf einen Krippenplatz. Eltern, die ihr Kind nicht unterbringen können, steht dann der Rechtsweg offen. Sie könnten die Stadt auf Schadensersatz verklagen. Die Verwaltung treibt daher den Ausbau der Kita-Plätze mit Hochdruck voran.
Die Versorgungsquote steigt auf 40 Prozent
Auf dem Schreibtisch von Ulrich Wagenpfeil sind zuletzt die Pläne für viele neue Projekte gelandet. Wagenpfeil ist beim Kinder- und Jugendamt für den Kita-Ausbau zuständig und kann eine beachtliche Ausweitung des Angebots vermelden: Gab es Anfang des Jahres noch rund 1300 Plätze für unter Dreijährige, werden es in sechs Wochen rund 1600 sein.
Ende 2013 sollen dann schon 2640 Plätze zur Verfügung stehen. Läuft also alles nach Plan, springt die Versorgungsquote bei derzeit rund 6500 unter Dreijährigen in Augsburg innerhalb eines Jahres von 24 auf 40 Prozent.
Ob das zum Stichtag im August reicht, kann Wagenpfeil nicht sagen. Zwar hat eine von der Stadt in Auftrag gegebene Studie ermittelt, dass der Bedarf in Augsburg bei 42 Prozent liegt. Doch auch dieser Wert ist nicht in Stein gemeißelt, erklärt Wagenpfeil. Zwischen der Absicht, das Kind in die Kita zu geben, und es dann tatsächlich zu tun, gebe es immer einen Unterschied.
Zudem gibt es noch einige Fragezeichen. So schwankt die Nachfrage in den Stadtteilen erheblich, auch ändert sie sich durch Neubaugebiete. Werden Eltern ihre Kinder auch in weiter entfernte Einrichtungen abgeben, falls in der Nähe kein Platz mehr frei ist? Oder springt dann doch die Oma ein?
Wagenpfeil kann auch nicht abschätzen, welche Betreuungszeiten rechtlich abgedeckt sein müssen. „Hat zum Beispiel eine Schauspielerin Anspruch darauf, dass ihr Kind bis 24 Uhr betreut wird?“
Sozialreferent Max Weinkamm zeigt sich trotz vieler Unwägbarkeiten gelassen. Er sieht keine Klagewelle von enttäuschten Eltern auf die Stadt zurollen. Zumal er dem Rechtsweg wenig Chancen einräumt: „Wenn es diese Plätze nicht gibt, dann nutzt das doch nichts.“
Stadt Mainz musste schon Kosten erstatten
Dem widerspricht Rechtsanwältin Irina Lindenberg-Lange. Die Augsburger Verwaltungsjuristin und Präsidentin des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs sieht für betroffene Eltern gleich mehrere Möglichkeiten, ihren Rechtsanspruch zu verfolgen. Werde kein Betreuungsplatz zur Verfügung gestellt und deshalb privat eine Möglichkeit in Anspruch genommen, könnten Eltern versuchen, bei ihrer Kommune eine Erstattung der Kosten zu erreichen.
Auch die Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht sei eine Möglichkeit, so die Juristin. Schon in der Vergangenheit habe es ein Urteil gegeben, in dem Eltern erfolgreich auf den Ersatz von Betreuungskosten klagten, nachdem die Kommune, in dem Fall Mainz, keinen Platz zur Verfügung stellen konnte.
Keinen Grund zur Panik sieht unterdessen Ingrid Wurm, Leiterin der privaten Einrichtung Kinderhaus Konkret. Im Vorfeld werde „viel Drama“ gemacht, aber in der ganzen Sozialregion Nord-West zum Beispiel stehe kein Kind auf der Straße und es gebe auch keine Warteliste. „Wir Kitas sprechen uns ja auch untereinander ab und versuchen immer, Lösungen zu finden“, so Wurm. Für das kommende Jahr geht Wurm davon aus, dass die Einführung des Betreuungsgelds noch für eine zusätzliche Entlastung sorgen wird, wenn Eltern sich dafür entscheiden, ihre Kinder nicht in eine Krippe zu geben. „Die Stadt fragt natürlich an, ob wir noch Notplätze schaffen können, falls es nächstes Jahr eng wird“, so Wurm.
In der Tat können an vielen Augsburger Kindergärten theoretisch auch unter Dreijährige aufgenommen werden.
Doch darüber entscheidet nicht die Stadt, die Einrichtungen haben hier freie Hand.
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