Der Tag der Wahrheit: Georg Schmid weint vor Gericht
Georg Schmid legt einen emotionalen Auftritt hin. Doch die Aussagen von Fachleuten legen den Schluss nahe, dass er schuldig ist. Am Ende muss er seine Vermögensverhältnisse offenlegen.
Am Ende, als alle denken, dass der Angeklagte weiterhin schweigen wird, erhebt sich ein sichtlich bewegter Georg Schmid, 61, und spricht das Gericht direkt an: Er habe sich sein ganzes Leben bemüht, rechtschaffen zu sein, so sei er erzogen worden. „Für mich und meine Familie war es eine Katastrophe, was in den letzten zweieinhalb Jahren passiert ist.“
Schmid setzt sich, Tränen fließen. Selten ist in einem Gerichtssaal ein so emotionaler und persönlicher Vortrag eines Angeklagten zu hören. Der frühere Spitzenpolitiker aus Donauwörth wird ihn zumindest teilweise vorbereitet haben. Ob er auch bereits ahnte, dass der Prozesstag nicht günstig laufen wird?
Es ist der Tag der Wahrheit für Georg Schmid. Mitarbeiter des Finanzamtes, des Zolls und der Rentenversicherung sagen als Zeugen im Prozess gegen den früheren CSU-Fraktionschef aus. Und am Ende des Tages bleibt kein anderer Schluss, als dass der frühere Spitzenpolitiker aus gesetzlicher Sicht seine Frau fast 22 Jahre lang als Scheinselbstständige beschäftigt hat. Eine Mitarbeiterin des Zolls stellt fest, dass Gertrud Schmid ihre Einkünfte in allen fraglichen Jahren von 1991 bis 2013 zu mehr als 90 Prozent von ihrem Mann bezogen hat, teilweise seien es sogar 100 Prozent gewesen.
Zu den wesentlichen Vorzügen eines festen Arbeitsplatzes gehören Errungenschaften wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Oder dass das Gehalt auch fließt, während man einen Urlaub genießt. Jeder Selbstständige weiß, wie schwierig es ist, wenn er länger krank wird. Denn er verdient dann nichts.
Georg Schmid und die Frage der Scheinselbstständigkeit seiner Frau
Richter Michael Nißl fragt die Zeugen immer wieder, ob und wie lange das Ehepaar Schmid Urlaub gemacht hat oder ob Gertrud Schmid einmal längere Zeit krank gewesen sei. Das hat genau diesen Hintergrund. Der Urlaub ist dabei nicht das Problem. Das Problem ist, dass Gertrud Schmid laut Ermittlungsakten auch in den Urlaubsmonaten volles Gehalt von ihrem Mann bezog. Das ist nicht üblich für eine selbstständige Unternehmerin, deshalb wertet die Staatsanwaltschaft dies als weiteren Beleg für Frau Schmids Scheinselbstständigkeit.
Die Zollfahnderin weist darüber hinaus auf allerlei Merkwürdigkeiten in dem Beschäftigungsverhältnis hin. Teilweise sei die monatliche Summe schon an den Schreibservice der Ehefrau überwiesen worden, bevor überhaupt eine Rechnung geschrieben wurde. Es habe auch keine Leistungsnachweise gegeben, die Leistungen seien immer pauschal einen Monat im Voraus bezahlt worden. Die Rechnungen hätten keine Steuer- und Rechnungsnummern enthalten, so die Ermittlerin. In einem Fall sei zu Jahresende sogar eine Nachforderung von 22.000 Euro erhoben worden.
Auch ein Beamter des Finanzamtes München belastet Schmid: Seine Behörde habe die Geschäftsbeziehung zwischen Georg Schmid und seiner Frau klar als Arbeitnehmerverhältnis eingestuft. Den Schaden für den Fiskus bezeichnet der Finanzbeamte dennoch als „gleich null“. Hintergrund: Gertrud Schmid hat Steuern bezahlt, nur nominell die falschen. Georg Schmid quittiert die Aussage des Finanzbeamten mit Kopfnicken. Allerdings ist seit Langem klar, dass der Vorwurf der Steuerhinterziehung nicht ins Gewicht fällt. Weit schwerer wiegt der Vorwurf des Sozialabgabenbetrugs. Schmid soll die Sozialkassen um fast 350.000 Euro geprellt haben, indem er seine Frau nicht sozialversichert hat.
Eine Expertin der Rentenversicherung bestätigt die Zahl. Im Oktober 2014 sei ein Rentenbescheid erlassen worden. Demnach fordert die Rentenversicherung 782.377,64 Euro von Schmid zurück, davon 404.000 Euro Zinsen. Schmid habe Widerspruch eingelegt.
Georg Schmid verdient 4166 Euro netto im Monat
Und dann muss Georg Schmid auch noch seine wirtschaftlichen Verhältnisse offenlegen. Sein Verteidiger Nikolaus Fackler übernimmt das. Nach dessen Darstellung stehen Schmid zurzeit 4166 Euro netto monatlich zur Verfügung. Dem stünden Darlehensverpflichtungen von 4850 Euro gegenüber. Das Einkommen setzt sich laut Fackler aus der Beamtenpension und der Abgeordnetenpension zusammen. Zudem besitze Schmid zwei Wohnungen in München und eine in Düsseldorf. Den Verkehrswert der Appartements beziffert der Verteidiger auf 910.000 Euro. Das Wohnhaus in Donauwörth sei rund 500.000 Euro wert. Georg Schmid habe zudem Grundbesitz in Donauwörth. Zu möglichen Mieteinnahmen macht Fackler keine Angaben. Über „nennenswertes Barvermögen“ verfüge Schmid nicht mehr.
Das Urteil fällt am Mittwoch.
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