Höllenfahrt mit der Gewitterfront
Heftige Gewitter häufen sich in diesem Sommer. Reporterin Manuela Mayr war zwei strapaziöse Stunden unterwegs auf der A8 von West nach Ost - auf der Flucht vor der schwarzen Wolke.
Gewitter an schwülen Sommertagen sind normal. Blitze am Himmel, Donnerschläge und kräftiger Regen, gefolgt von einer wohltuenden Abkühlung in einer frisch gewaschenen Landschaft – manchmal wünscht man sich das.
Es besteht also kein Grund zur Panik, wenn auf der 350 Kilometer langen Fahrt von Südbaden in den bayerischen Landkreis Aichach-Friedberg auf der A8 bei Horb am Neckar erste Tropfen fallen.
Es ist Sonntagnachmittag, Ferienbeginn in einigen Ländern. Es ist viel los auf der Autobahn. Der Verkehr stockt immer wieder. Volle Konzentration muss sein. Darauf war man eingestellt.
Als es nach dem Kreuz Stuttgart immer dunkler wird, ist zu ahnen, dass es gleich kräftig zur Sache gehen wird. Wenig später auf der A8 prasselt der Regen auch schon hernieder. Die schnellste Wischstufe reicht gerade aus, um geradeaus den Überblick zu behalten. Rechts und links spritzen Fontänen hoch. Die Seitenscheiben sind undurchsichtig. Die Rückspiegel zeigen nur noch Wasser und verschwommene Scheinwerferkegel.
Aber es kann ja alles nicht lange dauern! Esslingen, Kirchheim unter Teck – der Aichelberg ist nicht mehr weit. Noch immer prasselt der Regen herunter, selbst große Limousinen fahren 70 km/h.
Und es ist stockdunkel. Es hagelt. Die schwarze Wolke hängt wie ein riesiger Ballon über dem Auto. So, als sei sie an einer langen Leine an der Stoßstange festgebunden und fahre mit. Gnadenlos. Bedrohlich. Und genauso ist es: Die Gewitterfront fährt mit! Den Aichelberg hinauf, dann Richtung Ulm und Neu-Ulm. Es gibt kein Entrinnen.
Während der Scheibenwischer mit Höchstgeschwindigkeit wischt, bremsen die ferngesteuerten Leuchtschilder über der Fahrbahn das Tempo der Fahrzeuge. Erst sind noch 80 km/h erlaubt, dann 60 km/h. „60 km/h Nebel“ ist durch die Schlieren zu entziffern. Dabei ist das gar kein Nebel, sondern die Gischt von der Flut aus der schwarzen Wolke. Die Autofahrer schalten ihre Nebelleuchten ein. Zum Glück.
Der Moderator auf Bayern 1 faselt etwas von Freibad. Sind wir nicht schon auf bayerischem Gebiet? Weiß der nicht, was hier los ist? In der Verkehrsdurchsage kommt die A8 gar nicht vor. Später werden fünf Kilometer Stau in Richtung Stuttgart gemeldet. Sonst nichts. Nichts von Unwetter.
Auf der Autobahn bilden sich gelbliche Pfützen. Vorausfahrende schalten die Warnblinkanlage ein, damit die Hinteren noch langsamer fahren. Auf den Parkplätzen ist kein Platz mehr. Unter Brücken bleiben Autos und Motorradfahrer auf dem Standstreifen stehen. Wenn jetzt der Scheibenwischer ausfällt oder das alte Auto streikt! Ein ungutes Gefühl. Die schwarze Wolke hängt unerbittlich über der A8. Einfach ignorieren, einfach weiterrollen.
Endlich bei Edenbergen ein Silberstreif im Osten. Bei Augsburg-West wird er breiter. Der Regen sprüht nur leicht. Dann hört er ganz auf. Jetzt ist die Chance, die schwarze Wolke abzuhängen. Alle drücken aufs Gas nach zwei Stunden Gewitter. Zwanzig Minuten sind es nach Hause. Noch ist der Himmel hell. Erst als das Garagentor zufällt, ist sie wieder da, die schwarze Wolke.
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